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Mit "Mut zum Frieden – Mut zur Veränderung" den Reformstau beenden: Das war das Ziel von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor zehn Jahren, als er am 14. März 2003 für eine 90-minütige Regierungserklärung vor das Plenum des Deutschen Bundestages trat. Im Zeichen wirtschaftlicher Stagnation durch die Krise der sogenannten neuen Märkte wollte der Sozialdemokrat mithilfe der unter dem Synonym Agenda 2010 bekannt gewordenen Rede zum Befreiungsschlag ausholen.
Monatlich hohe Arbeitslosen-, aber dafür geringe Wachstumsraten setzten die rot-grüne Bundesregierung unter Druck. Zusätzliche Ermahnungen aus Brüssel, die gesamtstaatliche Schuldenquote Deutschlands unter die Drei-Prozent-Marke senken zu müssen, schränkten Schröders politischen Handlungsspielraum ein. Die Bundesrepublik halte in der EU wirtschaftlich die "rote Laterne" in den Händen und sei der kranke Mann Europas, lautete überwiegend das Medienecho auf seine Politik.
Mit der Regierungserklärung versuchte Gerhard Schröder wieder die Initiative zu übernehmen. Auf Basis des bereits im Jahr zuvor begonnenen Umbaus des Arbeitsmarktes wollte die Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen durch "aktive Arbeitsmarktpolitik" die Zusammenführung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe als Teil der Agenda 2010 in Angriff nehmen. Ziel war es, den Arbeitsmarkt durch "Flexibilisierung" zu beleben.
Hinter den Vorschlägen stand der ehemalige VW-Personalvorstand Peter Hartz, der mit der Ausarbeitung der Reform durch die Regierung beauftragt worden war und im Jahr 2002 sein Konzept vorgelegt hatte. Das "erste und das zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (15/25, 15/26) – auch Hartz I und II genannt – waren bereits am 1. Januar 2003 auf Grundlage der Vorschläge der "Hartz-Kommission" in Kraft getreten. Ergebnis war die Einführung der "Mini-Jobs" und die Förderung von Existenzgründungen in Form der "Ich-AG".
Die mit der Reformagenda verbundene Einführung des Arbeitslosengeldes II als Teil des "vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (15/1638) – auch als Hartz IV bezeichnet – löste eine Protestwelle aus. Bundesweit gingen Menschen gegen den befürchteten Sozialabbau auf die Straßen, denn das Arbeitslosengeld II sollte das bisher praktizierte System von Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe ablösen.
Für die Abgeordneten im Bundestag sind die von der Regierung mit dem Grundgedanken "Fördern und Fordern" vorgeschlagenen Arbeitsmarkt- und Sozialreformen Thema zahlreicher kontroverser Debatten im Plenum. Staatliche Leistungen sollten von nun an nur noch mit der Verpflichtung auf Gegenleistung verbunden werden, um alle Möglichkeiten zur Beendigung und Verringerung der Hilfsbedürftigkeit auszuschöpfen.
Die rot-grüne Regierungskoalition verabschiedete das Gesetz zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe am 17. Oktober 2003 im Deutschen Bundestag. Am 1. Januar 2005 trat das Gesetz in Kraft. (eis/11.03.2013)