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Die Bundesregierung will mit einem neuen Gesetz und deutlich erhöhten Bußgeldern gegen unseriöse Geschäftspraktiken vorgehen: "Mit dem heute im Kabinett beschlossenen Maßnahmenpaket verbessern wir den Schutz von Verbrauchern und Kleingewerbetreibenden vor unseriösen Geschäftsmethoden in den Bereichen Inkassowesen, Telefonwerbung und Abmahnwesen", sagte Bundesjustizministerin Dr. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die die wichtigsten Eckpunkte des Gesetzentwurfs in der rund 40-minütigen Regierungsbefragung am Mittwoch, 13. März 2013, vorstellte.
Um die Verbraucher vor überhöhten Abmahngebühren bei Urheberrechtsverletzungen schützen, sollen vor allem die Abmahngebühren für Anwälte gesenkt und die Kosten für Anwaltsschreiben insgesamt "gedeckelt" werden. Grundsätzlich seien Abmahnungen "sinnvoll und legitim", doch werde ihre Anwendung oftmals "überzogen", kritisierte Leutheusser-Schnarrenberger.
"Für einige Anwaltskanzleien sind Massenabmahnungen bei Bagatellverstößen ein lukratives Geschäftsmodell geworden." Damit solle künftig Schluss sein. Der Streitwert bei ersten Abmahnungen wegen einfacher Urheberrechtsverletzungen werde künftig pauschal auf 1.000 Euro gesenkt.
Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass Unternehmen Gewinnspiele künftig nicht mehr massenhaft per Anruf verabreden dürfen. Dies muss künftig in Textform passieren. "Bei diesen Verträgen gehen Verbraucher oft langfristige Verpflichtungen ein, ohne dass sie sich dessen bewusst sind", erklärte die Ministerin.
"Es darf sich nicht mehr lohnen, Verbraucher am Telefon zu überrumpeln." Die maximalen Bußgelder für unerlaubte Werbeanrufe würden deshalb von 50.000 auf 300.000 Euro versechsfacht.
Neue Regeln sollen auch für das Inkasso-Wesen gelten: So müsse aus einer Rechnung klar hervorgehen, "für wen ein Inkassounternehmen arbeitet, warum es einen bestimmten Betrag einfordert und wie sich die Inkassokosten berechnen", erklärte Leutheusser-Schnarreberger.
Aufsichtsbehörden sollen zudem schärfere Sanktionen gegen in- und ausländische Inkassodienstleister aussprechen können. "Das schützt nicht nur den Verbraucher, sondern stärkt auch die in der großen Mehrheit seriös arbeitenden Inkassounternehmen", betonte sie.
Dr. Konstantin von Notz, Sprecher für Netzpolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, wollte als erster Fragesteller wissen, weshalb der Streitwert auf 1.000 Euro und nicht – wie zunächst vorgesehen – auf 500 Euro begrenzt werden solle. "Gibt es dafür eine inhaltliche Begründung?", erkundigte er sich.
Leutheusser-Schnarrenberger räumte ein, dass die Festlegung auf diese Summe Ergebnis der "Konsensfindung" in der Koalition sei. "Da gab es unterschiedliche Vorstellungen", sagte die Ministerin.
Petra Crone (SPD) erkundigte sich, weshalb die Textform nur für die Verabredung von Gewinnspielen am Telefon gelten solle und nicht etwa auch für den Verkauf von Zeitschriften-Abonnements. Die Justizministerin verwies auf die Ergebnisse einer Überprüfung des 2009 verabschiedeten Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung. Dabei sei deutlich geworden, dass die stärkste Belästigung von Gewinnspielangeboten ausgehe.
Man habe sich daher im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf auf die Angebote beschränkt, die "erhebliche finanzielle Auswirkungen" für die Verbraucher hätten. "Es gibt auch einfache Bestellungen per Telefon", sagte die Ministerin. "Solche Geschäfte wollen wir nicht einschränken. Das ist auch nicht im Interesse der Verbraucher."
Caren Lay, verbraucherpolitische Sprecherin der Linksfraktion, bemängelte den Gesetzentwurf: "Leider ist er in seiner Reichweite sehr verwässert worden." So führte die Abgeordnete insbesondere die mangelnde Kontrolle der Inkassobüros als Kritikpunkt an. "Verbraucherschützer monieren, dass die Aufsicht zwischen 80 verschiedene Behörden zersplittert ist. Warum ist das so? Und wie begegnen Sie diesem Vorwurf?", wollte Ley von Leutheusser-Schnarrenberger wissen.
Diese unterstrich, dass mit dem neuen Gesetzentwurf sehr wohl die Aufsicht verbessert werde. Grundsätzlich obliege aber die Entscheidung, welche Behörden die Aufsicht führten, bei den Bundesländern. "Wir wollen ihnen nichts vorschreiben."
Stefan Thomae (FDP) befürwortete zwar die Stoßrichtung des Gesetzentwurfs, Missbrauch einzudämmen, warnte aber davor, die Rechteinhaber, die sich des Mittels der Abmahnung bedienten, zu "verteufeln". "Sind nicht manche Punkte im Gesetzentwurf missverständlich?", fragte er Leutheusser-Schnarrenberger.
Die Ministerin verwahrte sich gegen diesen Eindruck: "Hier soll kein falsches Feindbild aufgebaut werden." Rechteinhaber hätten schließlich einen Anspruch, ihr Recht zu bekommen. Ziel des Gesetzes sei es vielmehr, Massenabmahnungen einzudämmen und Verbraucher vor überzogenen Forderungen von Inkasso-Firmen zu schützen, betonte die FDP-Politikerin. (sas/13.03.2013)