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Die bisher national wahrgenommenen Aufgaben der Bankenaufsicht können bald von der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen werden. Der Deutschen Bundestag stimmte am Donnerstag, den 13. Juni 2013, mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen sowie mit den Stimmen von SPD-Fraktion und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem von den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung gleichlautend eingebrachten Entwurf für ein Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (17/13470, 17/13829, 17/13901, 17/13961) zu.
Die Abgeordneten der Linksfraktion stimmten dagegen. Damit kann der deutsche Vertreter im Europäischen Rat der Verordnung zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (SSM-Verordnung) seine Zustimmung erteilen. Dem neuen einheitlichen Aufsichtsmechanismus werden automatisch sämtliche Eurozonen-Mitgliedsländer angehören. Nicht-Eurozonen-Mitgliedstaaten können freiwillig teilnehmen.
"Wir machen heute den Weg für die europaweit einheitliche Bankenaufsicht frei", sagte Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald (CDU/CSU). Der deutsche Gesetzgeber nehme seine Integrationsverantwortung wahr. "Es zeigt auch, das wir auf Europa setzen, statt die Bürger mit Euro-Austritts-Phantasien zu beunruhigen." Oswald hob auch hervor, dass es gelungen sei, dass kleine und mittlere Banken wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken unter nationaler Aufsicht bleiben werden.
Zugleich bedankte sich der Vizepräsident, der nicht wieder für den Bundestag kandidiert, für die gute Zusammenarbeit. Er würdigte die "Kollegialität über alle Fraktionsgrenzen hinweg" und appellierte an das Plenum: "Wir alle müssen gemeinsam daran arbeiten, hier im Plenum in einer Sprache zu reden, die nicht nur von den Experten verstanden wird. Auch das gegenseitige Zuhören und auf die Argumente des anderen einzugehen, muss immer wieder neu erarbeitet werden."
Manfred Zöllmer (SPD-Fraktion) stellte fest: "Die Risiken sind europäisch geworden, die Aufsicht ist aber national geblieben." Daher brauche man dringend eine europäische Bankenunion. Viele Banken in Europa seien marode und würden nur künstlich am Leben gehalten. Die Übertragung der Aufsicht an die EZB sei aber problematisch, weil es keine klare Trennung zwischen Geldpolitik und Aufsicht gebe. Es müsse auf Dauer eine unabhängige Aufsicht geschaffen werden.
"Wir haben keine Zeit, weiter zu warten", appellierte Volker Wissing (FDP-Fraktion). Die Bankenaufsicht werde zu mehr Vertrauen führen, das dringend gebraucht werde. Über Restrukturierungsmaßnahmen werde später entscheiden. Wichtig sei jetzt, dass die gemeinsame Aufsicht komme, weil ausländische Banken auch Risiken haben könnten, die für deutsche Steuerzahler teuer werden könnten.
Durch die Finanzkrise seien viele Menschen in Existenzkrisen geraten, und die Verschuldung der Staaten sei stark gestiegen, kritisierte Barbara Höll (Die Linke), die der Regierung vorwarf, viel zu spät gehandelt zu haben. Man brauche Maßnahmen gegen die Finanzzockerei und für die Abwicklung von Banken.
Ihre Fraktion sehe die Notwendigkeit einer europäischen Bankenaufsicht, aber sie werde so halbherzig umgesetzt, dass sie nicht zustimmen könne. Die Bankenaufsicht werde im Vergleich zu heute nicht besser, weil zum Beispiel die Aufsicht nicht für den größten Bankenplatz London zuständig sein werde. Außerdem gebe es einen Zielkonflikt zwischen Geldpolitik und Aufsichtstätigkeit.
Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, es gehe darum, einen Fehler der Regierung zu korrigieren. Es gebe bereits eine Bankenaufsicht, und trotzdem werde jetzt eine neue Aufsicht gegründet. Das sei notwendig, weil man der bereits bestehenden Aufsicht die notwendigen Durchgriffsrechte nicht gegeben habe. Europa habe auch wegen des Widerstandes der Bundesregierung drei Jahre verloren. "Das war teuer, auch für den deutschen Steuerzahler."
Es wäre gut gewesen, wenn man bereits eine Aufsicht gehabt hätte, und man hätte sich "dramatische Monate der Rettung ersparen zu können", sagte Schick mit Blick auf Spanien und Zypern. Er verlangte eine europäische Restrukturierungs- und Abwicklungsregelung, "dass Banken von Banken gerettet werden und nicht mehr vom Steuerzahler".
Wie in der Begründung des Gesetzentwurfs erläutert wird, konzentriert sich die direkte EZB-Aufsicht auf "bedeutende" Kreditinstitute der teilnehmenden Länder. Kreditinstitute oder Konzerne mit einer Bilanzsumme über 30 Milliarden Euro oder mehr als 20 Prozent des Bruttoninlandsprodukts eines Mitgliedslandes gelten grundsätzlich als bedeutend.
"Unabhängig von diesen Kriterien beaufsichtigt die EZB mindestens die drei bedeutendsten Kreditinstitute eines jeden teilnehmenden Mitgliedstaats direkt", schreiben die Fraktionen. Außerdem soll die EZB jene Kreditinstitute beaufsichtigen, die vom Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) oder der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) direkte Unterstützung beantragt oder erhalten hätten.
Abgelehnt wurden mehrere Oppositionsanträge. So hatten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/11878, 17/13961) "einen neuen Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte" gefordert. Sie verlangten die Schaffung einer starken europäischen Bankenunion und wollten bei einer Übernahme von Aufsichtsfunktionen durch die Europäische Zentralbank (EZB) sichergestellt wissen, "dass die strikte Trennung von Geldpolitik und Aufsichtsfunktion gewährleistet bleibt.
Auch ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13908), in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, einer raschen Übertragung der Kompetenzen für die Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung auf die Europäische Kommission zuzustimmen, wurde ebenso abgelehnt wie der Grünen-Antrag (17/13909) zur Stärkung der Kontrollrechte des Europäischen Parlaments. Nicht durchsetzen konnte sich auch die SPD-Fraktion mit einem Entschließungsantrag (17/13965), in dem ebenfalls ein einheitlicher europäischer Restrukturierungs- und Abwicklungsmechanismus gefordert wird.
Schließlich fand auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/13910) keine Mehrheit, in dem der Bundesregierung vorgeworfen wird, mit der Vorlage eines Zustimmungsgesetzes zur EU-Verordnung zur Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht (SSM-Verordnung) das bewährte Zustimmungssystem nach Artikel 23 des Grundgesetzes verlassen zu haben, ohne hierfür eine Begründung geliefert zu haben.
"Das Vorgehen der Bundesregierung kann die Rechtsgemeinschaft in der EU stark beschädigen und könnte unabsehbare Folgen für die Rechtsetzung der EU haben", warnen die Abgeordneten in ihrem Antrag in dem auch darauf verwiesen wird, dass solche Verordnungen nach bisheriger Praxis keiner Zustimmung des Deutschen Bundestages und des Bundesrates bedürfen und stellen zugleich fest: "Eine Präjudizwirkung – dahin, dass in Zukunft bei Verordnungen vermehrt die Mitwirkung beider Kammern durch Gesetz verlangt wird – hat das Vorliegende verfahren nicht." (hle/13.06.2013)