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Doris Barnett bei der Tagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE am 29. Juni 2013 in Istanbul © oscepa
Als wirkungsvoll wertet Doris Barnett die Kontrolle der nationalen Regierungen durch die Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die auf diesem Weg die Beachtung der OSZE-Standards durchsetzen wolle. In den zurückliegenden Jahren hätten deutsche Abgeordnete in der Volksvertretung der internationalen Organisation positive Akzente gesetzt, etwa bei der Befassung mit der Bedrohung von Bürgerrechten in Weißrussland oder mit der politischen Befriedung in Moldau, sagt Barnett im Interview. Die SPD-Abgeordnete leitet die Bundestagsdelegation, die bei der Tagung des OSZE-Parlaments im montenegrinischen Budva vom 13. bis 15. Oktober 2013 letztmals in der jetzigen Zusammensetzung präsent ist. Die Resonanz im Bundestag auf die Arbeit der deutschen OSZE-Abgeordneten könnte größer sein, mahnt Barnett. Das Interview im Wortlaut:
Frau Barnett, hat sich das Engagement der Bundestagsdelegation im OSZE-Parlament in den vergangenen vier Jahren gelohnt?
Ich denke schon. Die Versammlung ist sehr nützlich, weil sie die nationalen Delegationen bei deren Arbeit in den heimischen Abgeordnetenhäusern zu unterstützen vermag. Kurzfristig ist der Einfluss der Parlamentarischen Versammlung der OSZE auf die politischen Entwicklungen zwar gering. Wir haben aber natürlich ein Auge auf die Zusammenarbeit der nationalen Regierungen in der OSZE und prüfen, ob die Mitgliedsländer die Vorgaben der Organisation erfüllen und wo dies nicht der Fall ist. Meist akzeptieren die einzelnen Staaten die Kritik und ändern ihre Politik, um nicht vom OSZE-Parlament öffentlich gerügt zu werden.
Welche Akzente haben die deutschen Abgeordneten gesetzt? Wurden Erfolge erzielt?
Die Mitglieder unserer Delegation arbeiten intensiv in den Fachausschüssen mit. Ich selbst war vor meiner Wahl ins Präsidium der Parlamentarischen Versammlung im Ausschuss für Wirtschaft und Umwelt aktiv. Ich sehe gute Chancen, dass eine vertiefte ökonomische und ökologische Kooperation sowie eine stärkere Hinwendung der OSZE zu Wirtschafts- und Umweltthemen auch die soziale, demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung in den Mitgliedsländern befördern können. Zu den weiteren Schwerpunkten meiner Tätigkeit zählten unter anderem die Freiheit und die Sicherheit des Internets. Uta Zapf leitete bis vor kurzem eine Arbeitsgruppe zu Weißrussland und hat immer wieder dafür gesorgt, dass sich die OSZE-Parlamentarier der kritischen Lage der Bürgerrechte in diesem Staat gewidmet haben. Viola von Cramon-Taubadel hat als Mitglied einer Kommission zu Moldau erfolgreich Verhandlungen zwischen den zerstrittenen politischen Lagern dieses Landes angestoßen, deren Konflikte die Entwicklung dieses Staats zu gefährden drohten.
Sind Sie mit der Resonanz auf die Arbeit des OSZE-Parlaments im Bundestag zufrieden?
Wir informieren unsere Kollegen nach jeder Tagung der Versammlung gründlich über die Ergebnisse, nicht zuletzt mit ausführlichen Berichten. Das Echo könnte durchaus größer sein. Je nach Thema ist das Interesse in den Fraktionen und Ausschüssen des Bundestages mal stark und mal weniger stark.
Was klappt in der OSZE-Versammlung nicht so wie es sein sollte?
Die Themenbreite der Tagungen ist oft zu groß. Wir könnten effizienter werden, indem wir uns stärker auf die Kernbereiche der OSZE konzentrieren. Als Mitglied eines Ad-hoc-Ausschusses habe ich mich jüngst intensiv mit dieser Frage beschäftigt. Wir haben inzwischen einige Maßnahmen zur Straffung der Beratungen vereinbart.
In Montenegro wollen die Abgeordneten auch über das schwierige Verhältnis zwischen der Terrorbekämpfung und der Wahrung der Grundrechte debattieren. Kommt dabei die NSA-Affäre zur Sprache?
Es ist wichtig, die umstrittenen Abhöraktivitäten der Geheimdienste im Internet und beim E-mail-Verkehr auch in der OSZE kritisch zu hinterfragen. Das ist eine gute Gelegenheit, über die unterschiedlichen Rechtskulturen der Mitgliedsländer zu diskutieren sowie Wege für gemeinsame und verbindliche Regeln zu suchen. Dabei werde ich mich für eine stärkere und wirksamere Kontrolle durch die nationalen Parlamente und die OSZE-Versammlung einsetzen. Besonders bedenklich ist für mich eine globale und scheinbar unbeschränkte systematische Überwachung des Internets und der Telekommunikation.
Beachten denn auf dem hiesigen Kontinent die OSZE-Staaten bei der Terrorbekämpfung die Grundrechte ausreichend?
Exzesse und Missbrauch bei der Terrorbekämpfung und der entsprechenden Gesetzgebung sind leider auch in Europa zu beobachten. Unter vielen Beispielen will ich nur den Fall von David Miranda erwähnen, des brasilianischen Lebensgefährten von Glenn Greenwald, der als Journalist Enthüllungen von Edward Snowden über den NSA-Skandal veröffentlicht hat. Miranda wurde unter Berufung auf britische Antiterrorgesetze stundenlang am Londoner Flughafen festgehalten und verhört, auch wurde ihm ein Datenspeicher abgenommen. Jedoch hat bei dieser Affäre die Terrorbekämpfung gar keine Rolle gespielt, das war vielmehr ein Vorwand, um gegen Bürgerrechtler vorgehen zu können.
(kos/08.10.2013)
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