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Sie ist jung, engagiert und gilt als "Geheimwaffe der CSU": Seit September 2013 sitzt Katrin Albsteiger, bis vor Kurzem Vorsitzende der Jungen Union (JU) in Bayern, im Bundestag. Hier will sich die 29-jährige frühere Referentin als Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung vor allem um die Hochschulpolitik kümmern.
Es war eine Rede, die sie mit einem Schlag bekannt in der eigenen Partei machte: Damals, im Oktober 2010, hieß Katrin Albsteiger noch Poleschner und war stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union in Bayern. Ihre Mission: die Frauenquote in der CSU zu verhindern. Diese hatte Parteichef Horst Seehofer allerdings gerade öffentlich zu seinem Projekt erklärt und sich damit einer Forderung der Frauenunion angeschlossen – gegen die Jungen Union, die die Quote ablehnte.
Davon ließ sich die damals 26-Jährige nicht aufhalten: Auf dem CSU-Parteitag in München hielt sie eine solch forsche Rede, dass ihr selbst die Parteigranden hinterher Respekt zollten. Die Quote wurde zwar beschlossen, doch die selbstbewusste Jungpolitikerin gilt seither als Zukunftshoffnung. "Ich erinnere mich, dass nach der Rede ein bayerischer Minister zu mir kam und meinte: Das war deine Bewerbungsrede für den JU-Vorsitz", sagt Katrin Albsteiger. Großgewachsen und in dunklem Hosenanzug hat sie auf dem Sofa in ihrem Bundestagsbüro Platz genommen und die Beine übergeschlagen. "Mir ist da erst klar geworden, dass das sein könnte."
Woher sie den Mut nahm, sich im entscheidenden Moment gegen die Parteiführung zu stellen, weiß sie bis heute nicht. "Dabei bin ich eigentlich ein Typ der ruhigen Worte", erklärt die junge Frau aus dem schwäbischen Neu-Ulm. Doch konsequent ist sie auch. Die Frauenquote widerspreche dem Prinzip der freien Wahl, so ihre Begründung. "Ich möchte, dass Frauen aufgrund ihrer Leistung gewählt werden, nicht weil sie Frauen sind", sagt Albsteiger.
Die langen, blonden Haare trägt sie zum Pferdeschwanz gebunden, die Fingernägel knallrot – genauso wie die Wildlederpumps an ihren Füßen. Doch am auffälligsten ist die graugrüne Brille mit den übergroßen Gläsern, wegen der ihr die Bild-Zeitung bereits den Spitznamen "Paris Hilton der CSU" verpasste.
Albsteiger hat auch ohne Frauenquote eine Blitzkarriere in der CSU hinter sich – einer Partei, in der 80 Prozent der Mitglieder männlich und mehr als 60 Prozent über 50 Jahre alt sind. Dass sie eine Frau ist und jung dazu, hat ihr aber mehr genutzt als geschadet. Die studierte Politikwissenschaftlerin soll die erreichen, die mit der CSU am meisten fremdeln – junge, moderne, gebildete Frauen.
Edmund Stoiber, der frühere bayerische Ministerpräsident, soll sie schon als "Geheimwaffe der CSU" bezeichnet haben. Kein Wunder, denn Albsteiger beschreibt sich als konservativ und modern zugleich: Einerseits betont sie christliche Werte, die Bedeutung der Familie. Die klassische Rollenverteilung muss es dagegen nicht unbedingt mehr sein: "Familie ist wichtig, aber das heißt nicht, dass es die Frau sein muss, die zuhause bleibt", sagt Albsteiger. Sie selbst stammt aus einer Familie, in der beide Elternteile berufstätig waren, verbrachte viel Zeit bei ihren Großeltern.
Mit der Wahl in den Bundestag hat Albsteiger ihr "größtes Hobby", die Politik, zum Beruf gemacht. Und das in bemerkenswert kurzer Zeit: Nur zehn Jahre liegen zwischen dem Mandat und ihrem Eintritt in die CSU. Ein Grund für die Mitgliedschaft: Edmund Stoiber. Für Albsteiger ist er Vorbild und Förderer zugleich.
"Er ist unheimlich charismatisch und hat es geschafft, Politik interessant zu machen", lobt sie. Bis heute stehe sie in Kontakt mit dem Ehrenvorsitzenden der CSU. "Nicht wöchentlich, aber dass wir uns einen Brief schreiben, kommt vor", sagt sie. Den letzten habe sie übrigens handschriftlich verfasst.
Am Anfang war es vor allem ein Lehrer, der Albsteigers politisches Engagement förderte: "Als ich mit 15 Schülersprecherin wurde, hat er mich ermutigt, mich mit Bildungspolitik zu befassen." In ihrem ersten Antrag an das Kultusministerium forderte sie Informatik als Pflichtfach an Gymnasien. Für Albsteiger, die als Jugendliche vor allem Zeit mit Sport verbrachte – Geräteturnen, Volleyball und Basketball – wurde Politik in kurzer Zeit zu einem "zeitintensiven Hobby", das sie mit ihrem Politik- und VWL-Studium in Augsburg unter einen Hut bringen musste.
2008 wurde sie in den Gemeinderat und den Kreistag gewählt, 2009 zur stellvertretenden Vorsitzenden der Jungen Union in Bayern. "Politik mache ich abends, nachts oder am Wochenende", sagte sie einmal. Beruflich landete sie nach dem Hochschuldiplom in der Münchner CSU-Parteizentrale als Referentin für Bildung und Hochschulpolitik, wechselte danach jedoch Pressereferentin zu Eon, später zu den Stadtwerken Neu-Ulm.
Ambitioniert, diszipliniert, fleißig – vielleicht sind es gerade diese Eigenschaften, die sie mit ihrem Vorbild Stoiber, dem bekennenden "Aktenfresser", teilt. Albsteiger sagt über sich, sie arbeite gern "nah am Papier". Ein Grund, weshalb sie auch lieber stellvertretende Vorsitzende der Jungen Union gewesen sei als die Frau im Rampenlicht.
"Als JU-Vorsitzende macht man viel Verbandsarbeit, hat jede Menge Termine, ist quasi überall dabei – auch das hat seinen Reiz. Als Stellvertreterin ist man für Programmatik zuständig", erklärt sie. "Und programmatisch zu arbeiten, Papiere schreiben oder Expertengespräche organisieren, das war immer meine Leidenschaft."
Dennoch kommt sie ein Jahr nach ihrem flammenden Plädoyer gegen die Frauenquote in das Spitzenamt, das als Karriere-Sprungbrett gilt. Albsteiger nutzt es offensiv. "Es ist klar, dass die Junge Union ein Mandat beansprucht. Nur so lassen sich unsere Ziele verwirklichen", stellt sie klar.
Für den Bundestagswahlkampf 2013 versprach sie so auch "klare Kante, Teamwork und eine unüberhörbare JU". Im April konnte sich die Jungpolitikerin im innerparteilichen Duell um einen aussichtsreichen Listenplatz durchsetzen. Von da an ging es im Wahlkampf auch um das eigene Bundestagsmandat.
Ein Karrierebewusstsein, das ihr offenbar übelgenommen wurde. In der bayerischen JU brodelte es offenbar so kräftig, dass Albsteiger nur einen Monat nach der Bundestagswahl ihre eigentlich geplante Kandidatur für den Vorsitz zurückzog. Medien sprachen von einem Putsch.
Nach dem erfolgreichen Bundestagswahlkampf ist es die erste große Niederlage für die junge Frau, deren Laufbahn von Anfang an von hohen Erwartungen begleitet war. Wie ist sie damit umgegangen? Albsteiger denkt kurz nach: "Ich habe so viel gearbeitet, dass oft keine Zeit blieb zu reflektieren, wie sich etwas anfühlte."
Erst nach dem Verzicht auf die Kandidatur habe sie nachdenken können. Inzwischen kann sie die Entwicklung der letzten Monate sogar positiv sehen: "Ich hätte mich sonst nicht so auf meine neue Aufgaben hier im Bundestag konzentrieren und einarbeiten können." Hochschulpolitisch hat Albsteiger jedenfalls viel vor: Das BAföG müsse reformiert und erhöht werden, findet sie.
"Aber generationengerecht! Wenn wir für das BAföG Steuern erhöhen oder Schulden aufnehmen müssten, dann träfe das die nächsten Generationen – und das ist ungerecht." Zudem arbeitet sie an einer Idee, über die sie aber noch nichts verraten will: "Sonst fällt die Bildungsministerin vor Schreck vom Stuhl." (sas/25.03.2014)