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Mit 25 Jahren trat er in die Partei Die Linke (bis 2007 PDS) ein, da war Thomas Lutze gerade 25 Jahre alt. Der in Leipzig aufgewachsene Politiker studierte an der Universität des Saarlandes Konstruktions- und Fertigungstechnik und arbeitete nach dem Studium im Regionalbüro der Bundestagsfraktion in Saarbrücken Saarland. Ab 2005 war er Wahlkreismitarbeiter von Oskar Lafontaine in Saarlouis, der zu diesem Zeitpunkt gemeinsam mit Dr. Gregor Gysi Vorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag war. Vier Jahre später kandidierte Thomas Lutze erstmals selbst für den Bundestag. Im Juni 2013 wurde er auf dem Landesparteitag in Saarbrücken erneut als Spitzenkandidat der Landesliste für die Bundestagswahl nominiert und schaffte den Einzug ins Parlament – und das, obwohl Die Linke im Saarland einen Stimmenverlust von fast zehn Prozent verkraften musste.
Thomas Lutze ist in Leipzig aufgewachsen und hat als junger Mann die friedliche Revolution hautnah miterlebt. „Ich hatte immer großes Interesse an Politik, verband das aber nicht mit Parteipolitik. Die politische Wende in der DDR war auch für mich damals ein erstrebenswertes Ziel, deshalb nahm ich in Leipzig von Anfang an an den Montagsdemos teil. Ich war schon auf dem Stadtring unterwegs, als sich nur ein paar hundert Demonstranten trafen, und arbeitete auch kurzzeitig im Neuen Forum mit. Später demonstrierten Woche für Woche Hunderttausende DDR-Bürger gegen die politischen Verhältnisse und für eine demokratische Gesellschaft“, sagt der Politiker.
Zwei Jahre nach dem Fall der Mauer und ein Jahr nach der Wiedervereinigung begann Thomas Lutze in Saarbrücken ein Studium. Er hatte zuvor in Leipzig eine Berufsausbildung zum Maschinenbauer mit Abitur absolviert und nach der Ausbildung als Montageschlosser gearbeitet. Im Studium wurde bei einer Veranstaltung an der Universität sein Interesse an Parteipolitik geweckt.
Er erinnert sich: „Ich hatte an der Uni einen Vortrag von Gregor Gysi gehört, den er im Hörsaal vor 800 oder 900 Studenten gehalten hatte. Er war damals Vorsitzender der PDS-Gruppe im Bundestag und lud uns ein, in der Partei mitzuarbeiten. Wenig später informierte ich mich bei der PDS in Saarbrücken. Ich war neugierig geworden, wie die PDS in einem westlichen Bundesland arbeitet und wie sie bei den Bürgern im Saarland wahrgenommen wird.“
Thomas Lutze trat 1994 die PDS ein, die damals im ganzen Saarland nur etwa 100 Mitglieder hatte, und kandidierte bei der Landtagswahl im Wahlkreisliste Saarlouis auf Platz sechs. Er sagt zwar heute bescheiden: „Bei einer so überschaubaren Mitgliederzahl hätte fast jedes Mitglied kandidieren können“, aber er räumt auch ein: „Der Vorteil von einem so kleinen Landesverband war, dass es keine festgefahrenen Strukturen und Hierarchien gab, die man erst überwinden musste. Ich war jung und engagiert, und ich nutzte die Chance, die sich mir bot. Ich lernte schnell, dass ein politisches Amt spannend und Herausforderung zugleich sein kann“.
Nach dem Studium 1995 wurde Thomas Lutze Regionalbüromitarbeiter der Bundestagsfraktion der Linken in Saarbrücken. „Es war ein kleines Büro, aber es war wichtig, dass die PDS im Saarland mehr und mehr Präsenz zeigte. Ich arbeitete zehn Jahre im Regionalbüro, und die Anzahl der PDS-Mitglieder wuchs in dieser Zeit langsam, aber stetig. Da dass Interesse an einer linken Partei im Saarland eher durchschnittlich war, konnten wir neue Mitglieder nicht gleich in Scharen aufnehmen. Wir mussten uns ja erst etablieren und in der Gesellschaft verankern“, sagt Thomas Lutze.
Er fügt an: „Als die PDS zur Bundestagswahl 1998 erstmals die Fünf-Prozent-Hürde knackte, konnte sie den Fraktionsstatus im Bundestag beanspruchen, und das war natürlich auch im Saarland ein großer Schritt in Richtung Wachstum der Partei.“
Die Aufmerksamkeit für die PDS als Partei links neben der SPD wuchs im Jahr 2005 schlagartig, als Oskar Lafontaine den Sozialdemokraten sein Parteibuch zurückgab und zur gerade neu gegründeten Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) wechselte. „Es war ein Paukenschlag, der vieles veränderte“, sagt Thomas Lutze. Auf Initiative von Oskar Lafontaine ging die WASG im Juni 2005 ein Wahlbündnis mit der PDS ein, die sich kurz vor der Bundestagswahl in Die Linkspartei.PDS umbenannt hatte und deren Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi hießen.
Als Oskar Lafontaine vor der Bundestagswahl ein Wahlbüro in seinem Wahlkreis Saarlouis einrichtete, wurde Thomas Lutze einer seiner Wahlkreismitarbeiter. „Ich war damals schon zehn Jahre Parteimitglied, und für mich war es spannend und etwas Besonderes, mit Oskar Lafontaine Wahlkampf zu machen. Er hatte im Saarland auch als Spitzenkandidat der Linken nichts von seiner Popularität eingebüßt, und bei den Menschen, deren Landesvater er lange war, waren die Sympathiewerte für Oskar Lafontaine immer noch sehr hoch“, sagt Thomas Lutze. Spiegel online schrieb damals: „Als Verräter und Egomanen beschimpfen SPD-Politiker im Saarland ihren früheren Parteifreund. Doch wenn ,de Oskar' in Saarbrücken auf dem Marktplatz spricht, wird er gefeiert wie ein Popstar“. Und das zeigte sich ja auch am Wahlergebnis von 8,7 Prozent, das das linke Wahlbündnis mit Lafontaine und Gysi im Bund schaffte.
Nach der Fusion beider Parteien im Jahr 2007, die Oskar Lafontaine für unabdingbar hielt, um eine starke Linke auch im Bundestag zu etablieren, bekam Thomas Lutze zur Bundestagswahl 2009 die Chance, selbst Kandidat für den Bundestag zu werden. Er konnte im Wahlkampf 2005 viele politische Erfahrungen sammeln und hatte sich in 15 Jahren Parteiarbeit viel Sachkenntnis angeeignet, sodass er sich eine Kandidatur zutraute.
„Die Bundestagswahl 2009 stand für Die Linke unter einem guten Stern. Wir schafften es nicht nur, viele Menschen von unserer Politik der sozialen Gerechtigkeit zu überzeugen. Wir konnten auch viele Nichtwähler mobilisieren, die ihre Stimme aus Protest in den Jahren zuvor nicht mehr abgegeben hatten. Das wurde mir von den Menschen, mit denen ich im Wahlkampf ins Gespräch kam, immer wieder gesagt. Das Interesse an unseren Inhalten war in manchen Orten so groß, dass die Flyer mit unseren Wahlzielen schon verteilt waren, bevor der Stand fertig aufgebaut war“, erzählt Thomas Lutze.
Im Saarland kam Die Linke bei der Bundestagswahl 2009 auf 16,6 Prozent. Für ein westliches Bundesland war das sehr beachtlich, und daran hatte auch Thomas Lutze einen großen Anteil. Mit ihm zog 20 Jahre nach dem Mauerfall ein „Leipziger Saarländer“ in den Deutschen Bundestag ein, dem viele Wähler an der Saar zutrauten, dass er ihre Interessen in Berlin gut vertreten kann.
Dass Thomas Lutze auch bei den Genossen in seinem Landesverband Rückhalt hat und Vertrauen genießt, zeigte sich vier Jahre später sehr deutlich, denn zur Bundestagswahl 2013 wurde er von der Saar-Linken zum Spitzenkandidaten gewählt. Er konnte sich bei der Landesmitgliederversammlung im ersten Wahlgang mit 314 Stimmen gegen Yvonne Ploetz und Luciana Peteani-Naumann durchsetzen und kandidierte auf Platz eins der Landesliste.
Thomas Lutze merkte im Wahlkampf 2013 allerdings schnell, dass ihm ein frischer Wind ins Gesicht blies. Die Wähler kamen nicht mehr in Scharen, und er sagt: „Die Menschen brachten uns nicht mehr ein so großes Interesse entgegen wie 2009. Wir konnten mit ihnen nicht mehr so leicht ins Gespräch kommen oder hatten an Wahlständen Mühe, die Wähler von unseren Positionen zu überzeugen.“
Vorausgegangen waren innerparteiliche Streitigkeiten, die in der Öffentlichkeit den Eindruck hinterließen, dass sich Die Linke mehr mit sich selbst als mit Inhalten beschäftigt – und das schlug sich in einem Stimmenverlust von 3,3 Prozent im Gesamtwahlergebnis nieder. „Wir im Saarland hatten bis zum letzten Tag um jede einzelne Stimme gekämpft und konnten noch zehn Prozent erreichen. Aber auch wir konnten nicht verhindern, dass das Gesamtergebnis im Bund nicht mehr im zweistelligen Bereich lag“, erinnert sich der Abgeordnete.
Am Wahlabend wurde bei der ersten Hochrechnung der Wahlergebnisse klar, dass Thomas Lutze es erneut in den Bundestag geschafft hatte. „Natürlich war ich erleichtert und voller Freude, dass sich der anstrengende Wahlkampf gelohnt hatte. Aber ich war Spitzenkandidat und hatte Listenplatz eins und konnte schon davon ausgehen, dass ich gewählt werde. Als ich das Ergebnis im Bund sah, war das natürlich ein Wermutstropfen in meiner Freude. Denn wir hatten mit viel mehr Stimmen gerechnet“, sagt der Politiker.
Die Fraktion entsandte Thomas Lutze in den Ausschuss für Wirtschaft und Energie – es war sein Wunschausschuss.
„Ich setze mich im Wirtschaftsausschuss dafür ein, dass dem geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA eine Parlamentsentscheidung im Bundestag vorausgeht und dass so grundsätzliche Dinge nicht hinter verschlossenen Türen in Brüssel verhandelt werden. Dafür sollte sich der Wirtschaftsausschuss stark machen. Wenn wir darüber im Deutschen Bundestag diskutiert haben und es wird mehrheitlich nicht so entschieden, wie ich mir das wünschen würde, bin ich Demokrat genug, um das zu akzeptieren.“ (bsl/01.12.2014)