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Dr. André Hahn ist ein waschechter Berliner. Er studierte Deutsch und Geschichte und wäre am liebsten Sportreporter geworden, denn seine große Leidenschaft ist der Fußball. Nach der Wende wurde er aber nicht Lehrer, sondern blieb zunächst an der Universität, ehe er in die Politik ging. Er sammelte mehr als 20 Jahre Erfahrungen in der Kommunal- und Landespolitik, bevor er im September 2013 erstmals in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.
Allerdings nicht - wie man vermuten könnte - für seine Heimatstadt Berlin, sondern auf der sächsischen Landesliste der Linken. Es kommt nicht allzu oft vor, dass ein Berliner in Sachsen eine Wahl gewinnen kann. Bei André Hahn hat es funktioniert. Er ist bei vielen Menschen dort offenbar gut angekommen, denn 19 Prozent der Wählerinnen und Wähler in seinem Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gaben ihm ihre Stimme.
Für Politik interessierte sich André Hahn schon als Schüler. Er sagt: „Ich habe mir schon als Jugendlicher Bundestagsdebatten im Westfernsehen angeschaut. Besonders beeindruckt hatte mich damals die Auseinandersetzung um die Ablösung von Bundeskanzler Helmut Schmidt durch Helmut Kohl. Da gab es öffentlich heftige Diskussionen über die Zukunft des Landes. So etwas war doch bei uns in der DDR undenkbar, zumal ja auch kaum ein Politiker die freie Rede beherrschte“, sagt André Hahn.
Nach der Schule absolvierte er eine Berufsausbildung mit Abitur als Schriftsetzer bei der Bezirkszeitung „Freie Erde“ in Neubrandenburg. „Da ich Journalismus studieren und Sportreporter werden wollte, schien mir das ein guter Weg, um mit einem soliden Grundberuf zum Studium nach Leipzig zu gehen. Ich hatte natürlich auch im Hinterkopf, dass ich dann zu den Sportereignissen in der Welt fahren könnte“, sagt André Hahn.
Weil es mit der Delegierung nach Leipzig nicht klappte, studierte er dann an der Berliner Humboldt-Universität und hoffte, dass er mit dem Germanistikabschluss einer Universität später vielleicht doch noch Journalist werden könne. André Hahn erhielt sein Diplom als Lehrer für Deutsch und Geschichte im Wendejahr 1989 und begann im gleichen Jahr ein Forschungsstudium im Fachbereich Politikwissenschaften.
Im Jahr der friedlichen Revolution nutzte er die Chance, sich aktiv politisch zu engagieren. Zuerst im Studentenrat, dann in der neuen Jugendstruktur der SED-PDS und schließlich am Zentralen Runden Tisch der DDR, wo er vor allem in der Arbeitsgruppe Bildung, Erziehung und Jugend mitwirkte.
Am 18. März 1990 kandierte er für die erste und letzte frei gewählte Volkskammer der DDR, schaffte jedoch den Einzug ins Parlament damals noch nicht.
Bereits 1991 zog es ihn dann nach Sachsen. Als er erfuhr, dass die Fraktion Linke Liste/PDS im Sächsischen Landtag einen wissenschaftlichen Mitarbeiter suchte, bewarb er sich und wurde genommen. „Mich reizte die Aufgabe. Ich war in Berlin nicht gebunden und konnte frei entscheiden, was ich tue. Und da ich mich ohnehin neu orientieren wollte, war das eine Option, die mir zusagte“, erzählt der Politiker.
Bei der Arbeit am Zentralen Runden Tisch hatte er Gefallen daran gefunden, politische Prozesse aktiv mitzugestalten. „Warum also nicht Sachsen? Es war der Beginn meiner Laufbahn als Politiker“, resümiert der Abgeordnete.
1994 reichte André Hahn seine Promotion an der Humboldt-Universität zum Thema „Politische Kultur im letzten Jahr der DDR – Untersuchungen anhand der Runden Tische” ein. Dafür wurde ihm der Doktorgrad der Sozialwissenschaften verliehen. Im gleichen Jahr kandidierte Dr. André Hahn für die damalige PDS erfolgreich zuerst für den Kreistag Sächsische Schweiz und dann auch für den Sächsischen Landtag.
Erfahrungen, wie parlamentarische Arbeit organisiert wird, hatte er ja schon als Mitarbeiter in der Fraktion sammeln können. „Nun wollte ich nicht mehr nur zuarbeiten, sondern selbst agieren und Verantwortung übernehmen. Bereits 1995 wurde ich parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion meiner Partei und blieb es zwölf Jahre“, sagt der Politiker.
Auch innerhalb seiner Partei brachte André Hahn sich aktiv ein. 1991 war er Mitglied des Bundesvorstandes, dem Landesvorstand Sachsen gehörte er von 1991 bis 1995 an. Von 1992 bis 1999 arbeitete er zudem im Bundesparteirat der PDS. Fast 15 Jahre Tätigkeit als Mitarbeiter und Abgeordneter im Sächsischen Landtag gipfelten 2007 in der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden der Linken.
2009 führte er seine Partei als Spitzenkandidat in die Landtagswahl. Als Mitglied der parlamentarischen Kontrollkommission zur Überprüfung der Arbeit des Verfassungsschutzes in Sachsen konnte sich André Hahn einen Namen machen, außerdem gehörte er mehreren Untersuchungsausschüssen im Landtag an.
Der Berliner sammelte in Sachsen also reichlich kommunal- und landespolitische Erfahrungen, bevor er 2013 erstmals in den Bundestag einzog. André Hahn erzählt: „Ich habe in Sachsen 17 Jahre die politische Verantwortung an der Spitze der Fraktion mitgetragen und suchte eine neue Herausforderung. Auf dem Parteitag im Juni 2012 in Göttingen wurde mir klar, dass wir dringend Einigkeit in der Partei brauchen.“
Die Linke stand damals vor einer innerparteilichen Zerreißprobe. Gregor Gysi sagte auf dem Parteitag, dass die Fraktion im Bundestag zerstritten sei und dass er seit Jahren versuche, die unterschiedlichen Flügel zusammenzuführen. „Die Partei lag damals in den Umfragen für die Bundestagswahl bei knapp fünf Prozent, und wir haben uns innerparteiliche Kämpfe geliefert. Ich fand das alarmierend", sagt der Abgeordnete.
Als er von Kollegen aus der Landespolitik angesprochen wurde, ob er sich eine Kandidatur für den Bundestag vorstellen könne, nahm er das Angebot an und stellte sich der neuen Herausforderung. „Es war die richtige Entscheidung, weil ich mich im Bundestag jetzt auch mit anderen Themen auseinandersetzen kann als in der Landespolitik. Und das ist sehr spannend.“
André Hahn wurde im April 2013 auf der Landesvertreterversammlung gemeinsam mit Katja Kipping, der Bundesvorsitzenden der Linkspartei, als Spitzenkandidat für Sachsen für die Bundestagswahl bestätigt. Im Frühsommer 2013 begann der Bundestagswahlkampf.
André Hahn sagt: „Ich hatte in Sachsen schon viele Wahlkämpfe bestritten. Im Landtagswahlkampf war ich vorrangig in meinem Wahlkreis unterwegs, dort wo ich seit Jahren lebe. Als Spitzenkandidat für den Bundestag reiste ich nun durch ganz Sachsen und bestritt unzählige Veranstaltungen, auch mit anderen Kandidaten in ihren Wahlkreisen.
Auf den Großveranstaltungen im Land erhielten wir Unterstützung von Gregor Gysi und anderen Spitzenpolitikern aus der Bundespolitik, denn wir hatten immer noch das Ziel von bundesweit zehn Prozent im Blick. Der Bundestagswahlkampf war extrem intensiv, und mir war wichtig, mit Themen zu überzeugen und glaubwürdig zu sein. Darauf kommt es mir immer an.“
Am Ende eines kräftezehrenden Wahlkampfes gewann Die Linke in Sachsen etwa 20 Prozent der Stimmen, und André Hahn zog über die Landesliste in den Deutschen Bundestag ein. Dort ist er Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion sowie stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag, wo er jetzt nicht mehr "nur" den Verfassungsschutz, sondern auch den Bundesnachrichtendienst (BND) und den Militärischen Abschirmdienst (MAD) überprüfen soll.
Außerdem ist er Mitglied im Sportausschuss, was den Politiker besonders freut. André Hahn sagt: „Der Sportausschuss stand auf meiner Wunschliste ganz weit oben. Neben Politik ist Sport meine große Leidenschaft, denn ich spiele seit meiner Kindheit Fußball.“
Als junger Mann hat André Hahn eine Übungsleiter- und Trainerausbildung sowie Schiedsrichterlehrgänge absolviert und bis in die zweite Liga der DDR viele Spiele gepfiffen. Er spielt noch heute sehr gern Fußball, war zuletzt Kapitän und Torschützenkönig beim FC Landtag in Sachsen und gab kürzlich auch sein Debüt in der Mannschaft des Deutschen Bundestages.
"Im Sportausschuss interessiere ich mich nicht nur für die Förderung des Spitzensports, sondern auch die Schaffung einer wirkungsvollen Antidoping-Gesetzgebung. Ganz besonders am Herzen liegt mir der Behindertensport, den ich nicht erst seit meinem Besuch bei den Paralympics in Sotschi gern weiter unterstützen möchte“, erklärt der Politiker abschließend. (bsl/16.05.2014)