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Die Bundestagswahl am 27. September 2009 folgte auf ein Jubiläum: Vor 60 Jahren, am 7. September 1949, trat die Volksvertretung in der provisorischen Hauptstadt Bonn zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Anlass für einen Rückblick auf 16 Wahlperioden, auf Meilensteine, Wendemarken, Personen und Entscheidungen.
Am Ende der fünfziger Jahre ist das Wirtschaftswunder in vollem Gang. Der materielle Wohlstand steigt ständig und das Netz sozialer Sicherungen wird enger. Es herrscht nahezu Vollbeschäftigung.
Aus der Bundesrepublik ist in diesen "Gründerjahren" ein politisch souveräner und sozial stabiler Staat geworden, der fest in das westliche Bündnis und die westliche Weltwirtschaft eingegliedert ist. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist allerdings die Verfestigung der deutschen Teilung. Der "Kalte Krieg" gipfelt im Bau der Berliner Mauer 1961.
Der Bundestag stößt weiterhin auf starke, noch wachsende Akzeptanz. Die Wahlbeteiligung steigt zwischen 1949 und 1957 um 9,3 Prozent. Zu den dritten Wahlen zum Deutschen Bundestag am 15. September 1957 treten 87,8 Prozent der wahlberechtigten Deutschen an die Wahlurnen.
1957 erreicht die CDU/CSU mit ihrem Kanzlerkandidaten Konrad Adenauer die absolute Mehrheit (50,2 Prozent der Zweitstimmen). Die SPD kann ihren Stimmenanteil auf 31,8 Prozent steigern, die FDP erhält nur noch 7,7 Prozent.
Eine im Wahlgesetz verschärfte Sperrklausel setzt die Chancen kleinerer Parteien erheblich herab. Die Deutsche Partei (DP) kann nur aufgrund eines Wahlabkommens mit der CDU in den Bundestag einziehen und bildet mit der Union die Regierungskoalition. SPD und FDP stellen die Opposition. 1960 wechseln neun Bundestagsabgeordnete der DP zur CDU, das führt zum Ausscheiden der DP aus der Regierungskoalition und zur Alleinregierung der CDU/CSU.
Der Anteil der Parlamentarierinnen liegt mit 48 Frauen bei über neun Prozent. In der Bevölkerung hingegen gibt es als Folge des Krieges mehr Frauen als Männer. 1961 kommen auf 100 Frauen der Altersgruppe zwischen 25 und 45 Jahren 89 Männer.
Die Sozialdemokraten und Liberalen machen beispiellose Opposition gegen die von Adenauer angestrebte Westintegration. In der Bundestagsdebatte vom 23. Januar 1958, als Aussprache zu einer möglichen atomaren Aufrüstung der Bundesrepublik angesetzt, wirft der FDP-Vorsitzende Thomas Dehler Adenauer vor, ihm habe der Wille gefehlt, die Chance für eine Wiedervereinigung zu ergreifen.
Die zur Schau gestellte Opposition überdeckt jedoch, dass die meisten Gesetze im Bundestag, besonders seit der zweiten Wahlperiode, von Regierung und Opposition im Einvernehmen verabschiedet werden. In der so genannten "Ära Adenauer", die noch bis 1963 dauern wird, sorgen zudem unterschiedliche Parteienbündnisse in den Ländern und Kommunen für einen Ausgleich der politischen Kräfte.
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juli 1959 stehen die Begrenzung der Redezeit im Bundestag und ihre Aufteilung nach der Stärke der Fraktionen mit dem Grundgesetz im Einklang. SPD-Abgeordnete hatten gegen diese Praxis der Geschäftsordnung Klage eingereicht, da die Redezeiten der Regierungsmitglieder nicht gerechnet werden.
Insgesamt beschließen die Abgeordneten der dritten Wahlperiode 424 Gesetze.
Im März 1960 stimmt der Bundestag gegen die Stimmen der SPD dafür, das Volkswagenwerk in Wolfsburg zu privatisieren. 60 Prozent der neuen Aktiengesellschaft sollen an private Interessenten verkauft werden. Um die Deutschen am Wirtschaftskapital zu beteiligen, waren zuvor schon Anteile an der Preussag als "Volksaktien" verkauft worden.
In der Familienpolitik macht der Bundestag 1961 den Weg frei für Kindergeld bereits vom zweiten Kind an. Zuvor hatte es diese staatliche Zahlung erst ab dem dritten Kind gegeben. Zudem führt das Parlament mit dem Bundessozialhilfegesetz die Sozialhilfe ein.
1961 wird das so genannte "312-Mark-Gesetz" verabschiedet, mit dem die Vermögensbildung für Arbeitnehmer gefördert werden soll. Das Außenwirtschaftsgesetz der Bundesrepublik tritt in Kraft und beendet die staatliche Kontrolle des Wirtschaftsverkehrs mit dem Ausland.
Ein Antrag von CDU/CSU und DP zur Ausstattung der Bundeswehr mit Atomwaffen im Rahmen der NATO führte im Bundestag zu heftigen Debatten, wird jedoch mit den Stimmen der Regierungskoalition im März 1958 verabschiedet. In der Bevölkerung entwickelt sich eine breite Protestbewegung gegen Atomwaffen.
Im Januar 1958 treten die Römischen Verträge über die Europäische Gemeinschaft in Kraft. Damit wird die Bundesrepublik Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - vorläufig die wichtigste Etappe in der westeuropäischen Integration der Bundesrepublik, die inzwischen auch Mitglied der NATO ist.
Die Deutschlandpolitik der Bundesrepublik gegenüber der "Sowjetzone" besteht aus der strikten Nichtanerkennung. Ende 1958 kommt es zu einer Zuspitzung des Streits um Berlin, als die Sowjetunion ultimativ Verhandlungen über das Ende der westlichen Präsenz in West-Berlin innerhalb von sechs Monaten fordert. Schließlich wird die Stadt mit dem Bau der Mauer durch Berlin am 13. August 1961 geteilt - im wahrsten Sinne des Wortes eine Zementierung der deutschen Zweistaatlichkeit.
Zum dritten Mal wird Adenauer Kanzler der Bundesrepublik. 1959 gibt der 83-Jährige seine Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten bekannt, die er zwei Monate später zurücknimmt. An seiner Stelle wird Landwirtschaftsminister Heinrich Lübke Landwirtschaftsminister nominiert und am 1. Juli 1959 von der Bundesversammlung gewählt.
Personelle Kontinuität besteht auch beim höchsten Amt im Bundestag. Eugen Gerstenmaier (CDU/CSU) ist seit 1954 Bundestagspräsident und wird es bis 1969 bleiben. Als Mitglied des "Kreisauer Kreises" war er nach dem gescheiterten Hitler-Attentat 1944 zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt worden.
Der Abgeordnete Franz Josef Strauß (CSU), seit der ersten Wahlperiode im Bundestag, profiliert sich im dritten Deutschen Bundestag als Verteidigungsminister.