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Berlin: (hib/KOS) Überwiegend Skepsis gegenüber einer besonderen Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung äußerten am Donnerstagnachmittag die Sachverständigen bei einer Anhörung des Rechtsausschusses. Lediglich Jörg Maywald, Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind, sprach sich im Sinne von drei sich ähnelnden Gesetzentwürfen der SPD, der Linken und der Grünen (17/13223,17/10118und17/11650) entschieden für eine solche Änderung des Grundgesetzes aus. In mündlichen Erklärungen und schriftlichen Stellungnahmen betonten hingegen die meisten Wissenschaftler, dass die Verfassung schon heute die Grundrechte aller Bürger samt der Kinder garantiere und deren spezifische Erwähnung im Grundgesetz somit überflüssig sei. Einige Sachverständige sahen die Gefahr, dass als Folge der geplanten Neuerungen in der Verfassung das Elternrecht geschwächt, der staatliche Einfluss gegenüber den Eltern gestärkt und die gewohnte Balance zwischen den Rechten des Kindes, der Eltern und des Staates verschoben werden könnte.
Nach den Vorstellungen der SPD soll das Grundgesetz garantieren, dass jedes Kind ein „Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit“ hat. Die staatliche Gemeinschaft müsse die Rechte des Kindes achten, schützen und fördern und für „kindgerechte Lebensbedingungen“ sorgen. In der Vorlage der Linken heißt es, die Verfassung solle die „Subjektstellung von Kindern und Jugendlichen als Trägern eigener Rechte im Verhältnis zu den Eltern und zum Staat“ verdeutlichen. Nach dem Willen der Grünen soll im Grundgesetz stehen, dass jedes Kind das Recht auf Förderung seiner Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit wie auch auf den Schutz vor Gefährdungen seines Wohls habe.
Wie mehrere andere Wissenschaftler unterstrich Bernd Grzeszick, dass es in der Verfassung bei Kinderrechten „keine Schutzlücke gibt“. Auch die UN-Kinderrechtskonvention verpflichte nicht zu einer Grundgesetzänderung, so der Heidelberger Professor. Der Kinderschutz genieße schon heute einen hohen Rang gegenüber Staat und Eltern, und wenn man auf diesem Gebiet mehr tun wolle, dann solle man dies über einfache Gesetze machen. Auch Uta Hildebrandt rief dazu auf, die Spielräume auf dieser Ebene besser zu nutzen. Die Professorin an der Kölner Fachhochschule für öffentliche Verwaltung wies darauf hin, dass bei Jugendlichen Grundrechte wie die Meinungsfreiheit bereits beachtet würden, etwa bei der Veröffentlichung von Schülerzeitungen.
Professor Andreas Haratsch von der Fernuni Hagen und Friederike Wapler von der Uni Göttingen sahen die Gefahr, dass als Folge einer Verfassungsänderung die Position des Staates gestärkt und das Elternrecht zurückgedrängt werden könne. Aus Sicht von Professor Gregor Kirchhof von der Uni Augsburg wird dadurch das „wohlaustarierte Verhältnis“ zwischen Kindern, Eltern und Staat in Frage gestellt. Professor Christian Hillgruber von der Uni Bonn warnte davor, für einzelne Bevölkerungsgruppen wie in diesem Fall die Kinder neben den für alle Bürger geltenden Grundrechten besondere Rechte im Grundgesetz aufzuführen. Dann könne man auch „Sondergrundrechte“ etwa für besonders alte Leute oder für Kranke und Behinderte verlangen. Wapler sprach sich dagegen aus, in der Verfassung das Ziel vorzugeben, Kinder zu einer „gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ zu erziehen. Es dürfe keine Pflicht zur Anpassung an eine Gemeinschaft geben.
Mehrere Wissenschaftler wie Matthias Jestaedt stuften die Pläne von SPD, Linken und Grünen als „symbolische Grundgesetzänderung“ ein. Als Alternative zu den Vorhaben der Opposition schlug der Professor an der Uni Freiburg vor, in der Verfassung die Kinderrechte durch eine knappe Formulierung im Sinne der UN-Konvention zu verdeutlichen. Kirchhof hätte nichts einzuwenden gegen eine Betonung des Kindeswohls in Artikel sechs des Grundgesetzes. Wolle man Kinder in der Verfassung „sichtbar“ machen, so Hildebrandt, dann könne man Artikel sechs folgendermaßen ändern: „Ehe, Familie und Kinder stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.“
Maywald hingegen forderte, im Grundgesetz ausdrücklich zu verankern, dass Kinder spezifische Rechte gegenüber dem Staat, den Eltern und allen anderen Bürger hätten. Eine solche Verfassungsänderung sei geeignet, das allgemeine Bewusstsein für die Rechte der Kinder zu stärken und ein klares Signal an Staat und Gesellschaft zu senden, das Wohlergehen der Kinder als eine Kernaufgabe anzusehen, meinte der Professor an der Fachhochschule Potsdam. Auf diese Weise werde die elterliche Verantwortung dafür gestärkt, die Rechte des Kindes tatsächlich zur Geltung zu bringen. Auch werde die Berücksichtigung von Kindesinteressen im politischen Raum gefördert, so der Sprecher der Liga für das Kind.
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