Deutscher Bundestag


08. Dezember 2015
Häufig gestellte Fragen


Wozu gibt es die Endlager-Kommission?

Vor vier Jahren hat der Deutsche Bundestag beschlossen, die Erzeugung von Strom aus Kernkraft und auch die Produktion hoch radioaktiver Abfallstoffe im Jahr 2022 zu beenden. Für hoch radioaktive Abfälle fehlt aber nicht nur in Deutschland, sondern weltweit eine dauerhaft sichere Lagermöglichkeit.

Die Kommission zur Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe bereitet seit Mai 2014 die Suche nach dem bestmöglichen deutschen Standort für eine dauerhafte Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe vor. Grundlage der Arbeit der Kommission ist das am 1. Januar 2014 in Kraft getretene Standortauswahlgesetz. Dieses regelt die Suche nach dem Standort: In einem mehrstufigen Auswahlverfahren soll bis zum Jahr 2031 der Standort gefunden werden, der die bestmögliche Sicherheit für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle über einen Zeitraum von etwa einer Million Jahre bietet. Die Kommission entwickelt Regeln und Kriterien für die Suche und Auswahl dieses Standorts und formuliert Anforderungen, die er zu erfüllen hat. 

Was ist das Besondere an der Kommission?

Die Kommission ist eine bislang beispiellose Einrichtung. Sie ist beim Bundestag angesiedelt und ihre Mitglieder wurden von Bundestag und Bundesrat berufen. Sie ist aber kein Parlamentsausschuss, keine Enquetekommission und auch kein Organ der Fraktionen. Als Kommission von Repräsentanten der Gesellschaft, der Wissenschaft sowie der Bundes- und Landespolitik bereitet sie Gesetzgebung vor, mobilisiert Expertenwissen, beteiligt die Bürger und will zwischen Bundes- und Landesinteressen vermitteln. Dabei legt sie besonderes Gewicht auf die Beteiligung der Öffentlichkeit an ihrer Arbeit. Sie hat also eine besondere Form und vielfältige Aufgaben. Beides ist im Standortauswahlgesetz festgelegt.

Die Kommission orientiert sich bei ihrer Arbeit auch an den Bedürfnissen und Interessen kommender Generationen. Sie will unterschiedliche Interessen möglichst gerecht zusammenführen. Ziel ist es, kommende Generationen möglichst wenig zu belasten und zugleich deren Entscheidungsfreiheit wenig einzuschränken.

Wer ist Mitglied in der Kommission?

Die Kommission setzt sich aus 32 Mitgliedern und zwei Vorsitzenden zusammen. Zu den Mitgliedern zählen acht Vertreterinnen und Vertreter der Gesellschaft - das sind Repräsentanten der Umweltverbände, der Religionsgemeinschaften, der Industrie und der Gewerkschaften. Weitere acht Kommissionmitglieder sind Wissenschaftler. Die übrigen 16 Mitglieder sind jeweils zur Hälfte Vertreter von Landesregierungen und der Fraktionen des Deutschen Bundestages. Die 16 Politiker sind bei der Beschlussfassung über den von der Kommission zu erstellenden Endbericht nicht stimmberechtigt. Den Bericht beschließen allein die 16 Vertreter der Gesellschaft und der Wissenschaft.  

Sucht die Kommission einen Lagerstandort?

Nein. Die Kommission selbst sucht keinen Standort und trifft selbst auch keine Auswahlentscheidungen. Vielmehr bereitet sie das Suchverfahren vor, indem sie Kriterien und Empfehlungen für eine Standortsuche entwickelt und in ihrem Endbericht an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung festhält. Nach früheren Misserfolgen bei der Suche nach Endlagerstandorten in Deutschland bereitet die Kommission den Neustart der Standortauswahl gründlich vor. Auf Grundlage der von der Kommission entwickelten Kriterien und Empfehlungen will der Bundestag das Standortauswahlgesetz novellieren. Die Standortsuche selbst beginnt erst im Anschluss an die Novellierung des Gesetzes.

Anhand welcher Kriterien wird der Standort ausgewählt?

Der gesuchte Standort soll bestmögliche Sicherheit für die dauerhafte Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe gewährleisten. Er soll die Abfälle für einen Zeitraum von einer Million Jahre von der Biosphäre fernhalten. Einen so langen Zeitraum können nur geologische Formationen und keine technischen Bauwerke überdauern. Die Kommission wird daher voraussichtlich eine Lagerung der Abfallstoffe in einer tiefen geologischen Formation empfehlen.

Für die Suche nach dem bestmöglichen Standort erarbeitet die Kommission Mindestanforderungen, Ausschlusskriterien und Abwägungskriterien. Die Mindestanforderungen beschreiben Eigenschaften, die die geologische Formation am gesuchten Standort in jedem Fall erfüllen muss. So muss das gesuchte Gestein sehr dicht sein und es darf in ihm praktische keine Grundwasserbewegungen geben. Die Ausschlusskriterien beschreiben Eigenschaften, die ein Standort nicht haben darf. Dazu zählen Erdbebengefahr oder geologische Störungszonen. Abwägungskriterien beschreiben geologische Eigenschaften, die für die Lagerung von hoch radioaktiven Abfallstoffe besonders günstig sind. 

Erfolgt eine Festlegung auf einen Gesteinstyp?

Ziel des Standortauswahlverfahrens ist es, einen Standort zu finden, der eine möglichst günstige geologische Gesamtsituation aufweist. Über die Kriterien für die Standortsuche werden Anforderungen formuliert, die das Gestein erfüllen muss. Erst dann wird geprüft, welche Standortregionen diese Anforderungen erfüllen. Es findet also keine Vorfestlegung auf einen Gesteinstyp statt. Nach Auffassung der Kommission sind in die Suche nach dem bestmöglichen Standort Kristallingesteine, Salzformationen und Tongesteine einzubeziehen.

Kommen nur bestimmte Regionen in Betracht?

Ausgangspunkt der Suche nach einem Standort für die dauerhafte Lagerung hoch radioaktiver Abfälle ist die gesamte Fläche der Bundesrepublik, die Suche beginnt mit einer weißen Landkarte. Es gibt keine Vorfestlegung auf bestimmte Regionen. Erst anhand der Kriterien werden dann ungeeignete Gebiete ausgeschlossen und die Suche schrittweise eingegrenzt auf potenzielle Standorte oder Standortregionen, die die Anforderungen erfüllen. Alle Standorte werden nach den gleichen Kriterien bewertet. Alle potenziell infrage kommenden Standorte sollen zudem auf gleicher gesetzlicher Grundlage gegen Eingriffe in den Untergrund geschützt werden, die sie vorab während des Auswahlverfahrens für eine Lagerung unbrauchbar machen könnten.

Könnte auch eine Endlagerung im Ausland erfolgen?

Nein. Der Deutsche Bundestag hat im ersten Absatz des Standortauswahlgesetzes festgelegt, dass ein Standort in der Bundesrepublik Deutschland zu finden ist. Die Bundesrepublik muss selbst für die sichere Lagerung der in Deutschland produzierten radioaktiven Abfallstoffe sorgen. Die Generationen, die den aus Kernkraft produzierten Strom genutzt haben oder nutzen, sind gegenüber kommenden Generationen dafür verantwortlich, dass der nach dem Ausstieg aus der Kernkraft zurückbleibende Abfall auf Dauer möglichst sicher gelagert wird.

Wer entscheidet über den Lagerstandort?

Die Kommission selbst trifft keine Entscheidung über den Standort. Sie entwickelt Kriterien und Verfahrensregeln für die Suche nach dem Standort für die dauerhafte Lagerung radioaktiver Abfallstoffe. Die Empfehlungen zu Kriterien und Regeln der Suche finden sich im Endbericht, den die Kommission Mitte des Jahres 2016 an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung übergeben wird. Wenn der Bundestag den Empfehlungen folgt, wird das Standortauswahlgesetz den Vorschlägen der Kommission entsprechend geändert.

Die Suche nach einem Lagerstandort folgt den dann festgelegten Kriterien. Diese Suche erfolgt in mehreren Schritten. Die schrittweisen Entscheidungen, die die infrage kommenden Standorte immer weiter eingrenzen, werden jeweils gesetzlich abgesichert. Letztlich entscheidet also der Gesetzgeber im Rahmen eines gesetzlich geregelten, transparenten Suchverfahrens.

Wie soll der Standort gefunden werden?

Die Standortauswahl soll Schritt für Schritt erfolgen, ausgehend vom gesamten Bundesgebiet, von einer weißen Deutschlandkarte ohne Vorauswahl potenzieller Standorte. Die ersten Auswahlschritte erfolgen auf Grundlage vorhandener geologischer Kenntnisse: Anhand von Ausschlusskriterien werden zunächst ungeeignete Gebiete ausgeschlossen. Dann werden die Gebiete bestimmt, die die geologischen Mindestanforderungen erfüllen. Schließlich sollen anhand von Abwägungskriterien die relativ besten potenziellen Standorte gefunden werden,

Diese Standorte – vielleicht ein halbes Dutzend – sollen von der Erdoberfläche aus durch Bohrungen oder seismische Verfahren weiter untersucht werden. Das Standortauswahlgesetz nennt dies übertägige Erkundung. Im letzten Auswahlschritt werden mehrere Standorte auch untertägig durch Erkundungsbergwerke untersucht. Der Standort, der nach allen Erkundungsschritten die bestmögliche Sicherheit gewährleisten kann, soll im Jahr 2031 nach umfangreichen weiteren Prüfungen per Gesetz benannt werden. An die Auswahl des Standorts schließt sich das Genehmigungsverfahren für die Errichtung und Inbetriebnahme des Lagers an.

Wer finanziert die dauerhafte Lagerung?

Die Kosten der Standortsuche und Lagerung der Abfallstoffe werden verursachergerecht aufgeteilt. Grundsätzlich gilt das Verursacherprinzip: Derjenige, der radioaktiven Abfall produziert hat, ist auch für dessen sichere Beseitigung verantwortlich. Daraus ergibt sich, dass die Kosten vom jeweiligen Verursacher des radioaktiven Abfalls zu tragen sind. Private Betreiber wie die kernkraftwerksbetreibenden Energieversorgungsunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Rückstellungen für die Finanzierung der Entsorgung ihres Abfalls zu bilden. Mit den Rückstellungen nehmen sie künftig fällig werdende Zahlungsverpflichtungen für die Abfallbeseitigung schon jetzt in ihre Bilanzen auf.

Derzeit berät eine weitere Kommission wie sich die Finanzierung der dauerhaften Lagerung durch die Verursacher langfristig sichern lässt. Auch für die dauerhafte Lagerung der radioaktiven Abfallstoffe, die in kleineren Mengen in der Forschung, Industrie oder in der Medizin entstehen, müssen die jeweiligen Verursacher finanziell einstehen.

Was ist das Neue am kommenden Auswahlverfahren?

Bislang wurden alle deutschen Endlagerstandorte ohne Bürgerbeteiligung ausgewählt. Anwohner oder Standortgemeinden konnten ihre Bedenken oder Einwendungen gegen geplante Endlager erst lange nach der Auswahl, in der Regel im Genehmigungsverfahren, geltend machen.

Das Standortauswahlgesetz sieht von Beginn an eine intensive Bürgerbeteiligung vor. Information und Einbindung der Öffentlichkeit sind Kernthemen der neuen Standortsuche. Durch ein faires Verfahren soll eine Vertrauensbasis für die Endlagersuche in der Bevölkerung geschaffen und eine langfristige Akzeptanz der zu findenden Lösung erreicht werden. Die Öffentlichkeit soll von Anfang an und über die ganze Verfahrensdauer beteiligt werden, um einen möglichst breiten Konsens zu erreichen. 

Wie wird die Öffentlichkeit beteiligt?

Die Öffentlichkeit wurde seit Beginn der Kommissionsarbeit durch Veranstaltungen, das Internet und andere geeignete Medien informiert und beteiligt. Die Tätigkeit der Kommission ist transparent. Alle Dokumente und Unterlagen, über die beraten wird und auch alle Sitzungsprotokolle können im Internet eingesehen werden. Interessierte Bürger können Sitzungen persönlich besuchen oder im Internet verfolgen. Auch über Zuschriften, ein Internetforum und nicht zuletzt die Teilnahme an Dialogveranstaltungen und Workshops können sich Bürgerinnen und Bürger in die Diskussion einbringen.

Der Entwurf des Berichtes der Kommission mit Empfehlungen zum Auswahlverfahren wird im Frühjahr im Internet zur Diskussion gestellt und kann dort online kommentiert werden. Auch auf Veranstaltungen wird der Bericht oder Teile davon zur Debatte stehen. Der fertige Bericht wird dann in der letzten Sitzung der Kommission der Öffentlichkeit vorgestellt. Das alles ist neu für eine Standortsuche in Deutschland. Bislang wurden hierzulande alle Endlagerstandorte ohne eine Bürgerbeteiligung festgelegt.

Welche Möglichkeiten der Beteiligung gibt es für mich als interessierte Bürgerin/ interessierten Bürger?

Die Endlager-Kommission arbeitet transparent und beteiligt die Öffentlichkeit auf verschiedenen Wegen. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, ihre Erfahrungen und Auffassungen in die Kommissionsarbeit einzubringen. Dies kann durch Zuschriften an die Kommission geschehen oder durch Diskussionen im Forum auf der Internetseite der Kommission. Es besteht auch die Möglichkeit an Informationsveranstaltungen, Bürgerdialogen oder Workshops der Kommission teilzunehmen. Dort ist ein Austausch über die möglichst sichere Lagerung radioaktiver Abfallstoffe mit anderen Interessierten und mit Kommissionsmitgliedern möglich. Die Kommission und ihre Arbeitsgruppen tagen öffentlich. Besucher sind bei den Sitzungen willkommen. Die Kommissionssitzungen werden per Live-Stream im Internet übertragen und auch aufgezeichnet. Die Aufzeichnungen sind auf der Internetseite der Kommission abrufbar. Von den Arbeitsgruppensitzungen gibt es Audio-Mitschnitte, die auch über die Homepage veröffentlicht werden.