Deutscher Bundestag


08. Dezember 2015
Steckbrief


Die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe  

Die  Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe bereitet die neue Suche nach einem Standort für eine dauerhafte Lagerung insbesondere hoch radioaktiver Abfallstoffe vor. Der Standort soll die bestmögliche Sicherheit gewährleisten. Für eine transparente Suche, an der sich Bürgerinnen und Bürger oder auch Regionen beteiligen können, entwickelt die Endlager-Kommission Regeln und Kriterien. Sie formuliert Anforderungen, die der gesuchte Standort erfüllen muss. Die Kommission überprüft zudem die Vorschriften des Standortauswahlgesetzes für die Standortsuche. Auf Grundlage der Empfehlungen der Kommission wollen Bundestag und Bundesrat die Kriterien für die Standortauswahl gesetzlich festlegen und das Standortauswahlgesetz überarbeiten.

Die Endlager-Kommission arbeitet transparent und beteiligt Bürgerinnen und Bürger auf verschiedenen Wegen auch an ihrer eigenen Arbeit. Für die Vorbereitung der neuen Standortsuche mobilisiert sie Expertenwissen. Sie hat zudem die Aufgabe zwischen Bundes- und Länderinteressen zu vermittelt. Die Kommission will einen Konsens über ein transparentes und faires Auswahlverfahren erreichen. 

Den Zielen entspricht die Zusammensetzung der Kommission. Der Endlager-Kommission  gehören 32 Mitgliedern an. Hinzu kommen zwei Kommissionsvorsitzende, die abwechselnd die Sitzungen leiten. Zu den Mitgliedern zählen acht Vertreterinnen und Vertreter der Gesellschaft. Sie repräsentieren Gewerkschaften, Industrie, Religionsgemeinschaften und Umweltverbände. Acht weitere Kommissionsmitglieder sind Wissenschaftler, denn der neue Standort soll in einem wissenschaftsbasierten Verfahren gefunden werden. Die übrigen 16 Mitglieder der Kommission sind jeweils zur Hälfte Vertreter von Landesregierungen und der Fraktionen des Deutschen Bundestages.

Die Endlager-Kommission ist beim Bundestag angesiedelt. Sie ist aber kein Ausschuss des Parlaments, keine Enquetekommission und auch nicht den Bundestagfraktionen zugeordnet.  Die drei Paragrafen des Standortauswahlgesetzes über die Kommission beschreiben sie als ein neuartiges Gremium mit umfangreichen Aufgaben. Berufen wurden die Kommissionmitglieder von Bundestag und Bundesrat. Die Kommission betreibt eine eigenständige Öffentlichkeitsarbeit.

Aufgaben der Kommission

Die Kommissionaufgaben sind in den Paragrafen 3 bis 5 des Standortauswahlgesetzes nachzulesen. Die Endlager-Kommission wurde danach zur Vorbereitung des neuen Standortsauswahlverfahrens gebildet und hat bis Mitte des Jahres 2016 einen Bericht zu erstellen. In dem Bericht untersucht und bewertet sie die für das Auswahlverfahren relevanten Grundsatzfragen, erarbeitet Vorschläge für die Entscheidungsgrundlagen der neuen Standortsuche und gibt entsprechende Handlungsempfehlungen für Bundestag und Bundesrat ab. Die Kommission soll auch zu bisherigen deutschen Entscheidungen und Festlegungen zur dauerhaften Lagerung radioaktiver Abfallstoffe Stellung nehmen.

Der Bericht der Kommission soll sämtliche für die Standortauswahl entscheidungserheblichen Fragen behandeln, wissenschaftlich-technische genauso wie gesellschaftspolitische Fragen. Dazu überprüft die Kommission auch das Standortauswahlgesetz und dessen Vorschriften für eine stufenweise Standortauswahl. Für diese Überprüfung soll sie auch die Vorgehensweise anderer Staaten bei der Standortauswahl analysieren.

Ein zentrales Thema der Endlager-Kommission ist die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der neuen Standortsuche und auch an der Arbeit der Kommission selbst. Sie soll Anforderungen an die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Standortauswahl, an die Information der Öffentlichkeit und an die Transparenz des Verfahrens formulieren.

Die Kommission befasst sich zudem mit den verschiedenen Wegen, auf denen man für eine dauerhafte Trennung radioaktiver Abfallstoffe von der Biosphäre sorgen kann. Voraussichtlich wird Sie in ihrem Bericht die dauerhafte Lagerung der Abfallstoffe in einer tiefen geologischen Formation empfehlen. Sie entwickelt außerdem Kriterien für die Auswahl des Standortes, der bei einer dauerhaften Lagerung der Abfälle bestmögliche Sicherheit gewährleistet.

Die Empfehlungen der Kommission an den Gesetzgeber und die weiteren Ergebnisse ihrer Arbeit gehen in den Bericht ein, den sie Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung Mitte des kommenden Jahres vorlegen will. Den Bericht beschließen nur die acht Kommissionsmitglieder aus der Wissenschaft und die acht Vertreter der Gesellschaft. Die Kommissionsmitglieder aus Bundestag und Bundesrat sind dabei nicht stimmberechtigt.

Arbeitsweise und Arbeitsgruppen

Zu ihren zentralen Aufgabenfeldern hat die Kommission Arbeitsgruppen gebildet. Die Arbeitsgruppe 1 der Endlager-Kommission befasst sich mit den Themen gesellschaftlicher Dialog, Öffentlichkeitsbeteiligung und Transparenz des Auswahlverfahrens. Die Arbeitsgruppe 2 überprüft das Standortauswahlgesetz, ist für dessen Evaluierung zuständig. Die Arbeitsgruppe 3 entwickelt  die gesellschaftlichen und technisch-wissenschaftlichen Kriterien, nach denen der bestmögliche Standort gesucht werden soll. Sie will auch Kriterien für die Korrektur von Fehlern bei der Standortauswahl oder der dauerhaften Lagerung festlegen. Außerdem hat die Kommission zwei Ad-hoc-Gruppen eingesetzt: Eine befasst sich mit den Klagen, die Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Kernenergie angestrengt haben und mit deren Bedeutung für die Kommissionsarbeit. Eine weitere Ad-hoc-Gruppe erarbeitet das Leitbild der Kommission und beschäftigt sich mit der Geschichte der Nutzung von Kernenergie und der Endlagerung in Deutschland.

Zielsetzung

Die Kommission will ein faires Standortauswahlverfahren konzipieren, das breite Zustimmung findet, damit am Ende das Ergebnis der Standortsuche akzeptiert wird. Bei der Auswahl von Endlagerstandorten gab es in Deutschland bislang nie eine Bürgerbeteiligung, Bürgerinnen und Bürger konnten ihre Anliegen und ihre Auffassungen in der Regel erst im Genehmigungsverfahren einbringen. Standortbenennungen ohne Bürgerbeteiligung förderten Misstrauen und waren Anlass für Proteste.

Auch deswegen bereitet die Kommission ein transparentes Auswahlverfahren vor, bei der die Auswahlkriterien und -regeln vorab festgelegt werden und Bürgerinnen und Bürger bei jedem Auswahlschritt beteiligt werden. Zudem bietet der von einer breiten Bundestagsmehrheit beschlossene Ausstieg auch die Möglichkeit bei der Lagerung der radioaktiven Abfallstoffe, die nach dem Ende der Stromerzeugung in Kernkraftwerken zurückbleiben, zu einem Konsens zu kommen.

Leitidee der Kommissionsarbeit ist die nachhaltige Entwicklung. Die Kommission orientiert sich bei ihren Vorschlägen und Empfehlungen auch an den Bedürfnissen und Interessen kommender Generationen. Sie will unterschiedliche Interessen möglichst gerecht zusammenführen, um einen langfristig bestmöglichen Standortvorschlag zu ermöglichen.

Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger

Die Endlager-Kommission arbeitet transparent und beteiligt dabei die Öffentlichkeit möglichst umfassend. Die Sitzung der Kommission und ihrer Arbeitsgruppen sind grundsätzlich öffentlich. Nicht öffentliche Sitzungsteile gibt es, wenn schutzwürdige Angelegenheiten Dritter besprochen werden. Das geschieht in der Regel nur, wenn die Kommission bei der Vergabe von Aufträgen Gutachten- oder Dienstleistungsangebote Dritter erörtert.

Bürgerinnen und Bürger können an Sitzungen der Kommission und ihrer Arbeitsgruppen als Besucher teilnehmen oder die Kommissionssitzungen live im Internet verfolgen. Audio-Mitschnitte der Arbeitsgruppensitzungen sind nach einigen Tagen über die Homepage der Kommission im Internet abrufbar. Auf der Homepage werden auch alle Drucksachen und weiteren Materialien eingestellt, über die die Kommission diskutiert oder die für ihre Arbeit wichtig sind.

Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich jederzeit mit Zuschriften oder eigenen Diskussionsbeiträgen an die Kommission wenden. Sie können dazu das Zuschriftenformular auf der Website der Kommission nutzen. Sie können auch eine E-Mail an kommission.endlagerung@bundestag.de oder einen Brief an die Kommission oder ihre Geschäftsstelle schicken, die beim Deutschen Bundestag angesiedelt ist. Voraussichtlich ab Februar 2016 sind über die Website der Kommission auch Entwürfe von Teilen des Kommissionsberichtes aufrufbar. Diese Entwürfe von Teilen und dann der Entwurf des ganzen Berichtes können über das Internet kommentiert werden und die Kommission hofft auf viele Stellungnahmen interessierter Bürgerinnen und Bürger.

Nicht zuletzt führte und führt die Kommission eine ganze Reihe von Veranstaltungen und Workshops für Bürgerinnen und Bürger, oder für bestimmte Zielgruppen durch, wie etwa Vertreter von Regionen, interessierte Wissenschaftler oder auch junge Erwachsene.

Das Standortauswahlgesetz

Die Grundlage für die neue Suche nach einem Standort zur dauerhaften Lagerung radioaktiver Abfälle ist das am 1. Januar 2014 in Kraft getretene Standortauswahlgesetz. Es enthält Vorschriften für die Standortauswahl, die im Jahr 2031 mit der Festlegung des Standorts enden soll, der insbesondere für die Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe die bestmögliche Sicherheit gewährleisten soll. An diesem Standort sollen Abfälle für eine Million Jahre von der Biosphäre getrennt gelagert werden.

Die Endlager-Kommission bereitet die Standortsuche mit Empfehlungen an den Gesetzgeber und die Bundesregierung zu den Auswahlkriterien, zur Bürgerbeteiligung und zu anderen Regeln des Auswahlverfahrens vor. Nach dem Standortauswahlgesetz ist das gesamte Bundesgebiet Ausgangspunkt der Suche. Diese beginnt mit einer weißen Deutschlandkarte ohne Vorfestlegungen auf bestimmte Regionen. Dies soll schrittweise zum Standort mit bestmöglicher Sicherheit führen: Zunächst sollen anhand geologischer Ausschlusskriterien ungeeignete Gebiete als potenzielle Standorte ausgeschlossen werden. Dann werden die Gebiete ausgewählt, die den geologischen Mindestanforderungen entsprechen. Anhand geologischer Abwägungskriterien und gegebenenfalls planungswissenschaftlicher und sozioökonomischer Kriterien werden etwa sechs günstige Standorte ausgewählt.

Die für die Erkundung ausgewählten Standorte werden weiter geologisch untersucht. Zunächst ist nach dem Standortauswahlgesetz eine Erkundung von der Erdoberfläche aus, eine übertägige Erkundung, vorgesehen. Dabei wird die Geologie der Standorte etwa durch Bohrungen oder seismische Verfahren erforscht. Die Standorte, die bei der übertägigen Erkundung am besten abschneiden, sollen anschließend durch den Bau eines Bergwerks auch unter Tage untersucht werden. Vor jedem Schritt des Auswahlverfahrens sieht das Standortauswahlgesetz eine Beteiligung von Bürgern vor. Die Auswahlentscheidungen werden schrittweise per Gesetz beschlossen. Die Endlager-Kommission befasst sich intensiv mit den Mitwirkungsrechten, die Bürgerinnen und Bürger oder später betroffenen Regionen im Auswahlprozess haben sollen. Sie prüft auch, ob es möglich sein soll, gegen Auswahlschritte oder Auswahlvorschläge zu klagen und ob das Europarecht solche Klagemöglichkeiten vorschreibt.