Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 45 / 07.11.2005

Thema

Florian Hartleb
Der Stachel im Fleisch des politischen Establishments
In schwierigen Situationen findet der Populismus einen Nährboden

Der Populismus ist in aller Munde. Gerne wird er mit dem Streben nach Popularität oder mit Demagogie verwechselt, auf die kein Politiker, keine Partei verzichten kann. Als Schimpfwort meint der schillernde Begriff den Vorwurf, der andere oder die andere Partei betreibe keine sachliche Politik. Populismus ist demnach nichts anderes als Schaumschlägerei mit billigen, nicht einzulösenden Versprechungen. Doch greift diese Betrachtung, die dem Populismus den Geschmack der Geschmacklosigkeit attestiert, zu kurz. ...

Britta Schellenberg
Kaum Visionen für eine gemeinsame Zukunft
Die Rechten sind auf dem Weg in eine "Nation Europa"

Die Vernetzungsversuche der Rechtsextremen in Europa haben seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ständig zugenommen. Schon Ende der 40er-Jahre entwickelte etwa der britische Faschistenführer Sir Oswald Mosley die Ideologie einer "Nation Europa". Sein Ziel: Der Aufstieg Europas zur dritten ...

Karl-Otto Sattler
Schock in der Idylle
Das Elsass ist von rechtsextremistischen Übergriffen betroffen

Täglich strömen Zehntausende aus dem lothringischen Mosel-Departement nach Luxemburg und dem Saarland oder aus dem Elsass ins Badische und nach Basel zu ihren Arbeitsplätzen: Die Berufspendler leben Europa im Alltag vor. Deutsche und andere ausländische Unternehmen sind gern gesehene Investoren in diesem Grenzlandstrich. Touristen aus aller Herren Länder pilgern en masse in die Fachwerkidylle der Rheinebene und der Vogesen. In Straßburg residieren EU-Parlament und Europarat: Symbole von Weltoffenheit und Internationalität, mit denen sich diese Region gern schmückt. ...

Mirko Heinemann
Wirrwarr der Begriffe
Die Unterschiede zwischen Radikalismus, Extremismus und Populismus

Mit einer Werbeoffensive geht die rechtsradikale Partei NPD derzeit an die Jungwähler und die Wähler von morgen ran", lautete eine Zeile in der Tageszeitung "Die Welt". Die "Berliner Morgenpost" schrieb: "Die rechtsextreme NPD streicht nach der Bundestagswahl erhebliche ...

Annette Ramelsberger
Intellektuelle Glimmstängel
Die "Dresdner Schule"als Gegenmodell zu Adorno und Marcuse

Es hört sich großartig an. Die "organisierte Intelligenz" einer "selbstbewussten deutschen Nation" werde der Bundesrepublik die Stirn bieten, heißt es im Gründungsmanifest der "Dresdner Schule". Diese organisierte Intelligenz werde es mit einer Bundesrepublik aufnehmen, ...

Steffen Kailitz
Strohfeuer statt Flächenbrand
Rechtsextreme Parteien: Zwischen Schulterschluss und Abgrenzung

"NPD plant Volksfront von Rechts" und "Großangriff der Rechten": So lauteten die Schlagzeilen des Spätherbstes 2004. Die rechtsextremen Parteien waren im Aufwind. Bei den Bundestagswahlen im Herbst 2005 erreichten sie dann lediglich 2,2 Prozent (REP 0,6 Prozent, NPD 1,6 Prozent). Aufgrund dieses Ergebnisses mag es vielen leichter fallen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten der drei deutschen rechtsextremistischen Parteien - NPD, DVU und REP - wahrzunehmen. Das gemeinsame ideologische Kernelement aller rechtsextremistischen Organisationen ist die Fremdenfeindlichkeit. ...

Steffen Kailitz
Stolze Verfassungsfeinde
Die NPD: Parlamentsarbeit mit nationalsozialistischer Programmatik

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) trat 1964 an, um das zersplitterte rechtsextreme Lager zu einen. Zunächst führte Friedrich Thielen die Partei. Damals war ihr Programm deutsch-national und noch nicht nationalsozialistisch. Zu den höchsten Werten der Partei zählten Nation, Staat ...

Steffen Kailitz
Materialschlachten und Karteileichen
Die DVU: Marionette des Verlegers Gerhard Frey

Gerhard Frey, der finanzkräftige Verleger der "National-Zeitung/Deutsche Wochenzeitung" (Auflage ungefähr 48.000), gründete 1971 die Deutsche Volksunion (DVU) als überparteiliche, "national-freiheitliche" Sammlungsbewegung. Er engagierte sich zunächst gleichzeitig in der NPD und ...

Steffen Kailitz
Auf dem absteigenden Ast
Die REP: Von der konservativen zur rechtsextremistischen Partei

Die enttäuschten CSU-Mitglieder Ekkehard Voigt und Franz Handlos gründeten zusammen mit dem in Bayern bekannten Fernsehmoderator Franz Schönhuber 1983 die "Republikaner" (REP). Ihr Hauptmotiv war das Entsetzen darüber, dass die Bundesrepublik der DDR aufgrund der Fürsprache von Franz Josef ...

Stefan Braun
Wenige Täter verüben viele Taten
Der Verfassungsschutz bemüht sich um Strategien gegen den Extremismus

"Bekämpft den wahren Feind, er ist ja wohl bekannt. Kämpft für euer Blut, eures Volkes Fortbestand. Vernichtet diesen Virus, der unser Volk befiel. Die Reinheit zu bewahren, das ist unser Ziel." So lautet eine Strophe des Titels "Gefangen im System" der rechtsextremistischen Musikgruppe "Spreegeschwader". Die gesamte CD wurde von der Bundesprüfstelle 2003 auf den Index gesetzt, da sie die Rassenlehre propagiere, verrohend wirke und zu Gewalt aufrufe. Die Begründung führt die Gefahren vor Augen, die gerade für Jugendliche von rechtsextremistischer Musik ausgeht. ...

Tobias Kaufmann
Alter Hass in neuem Gewand
Woran glaubt die extreme Rechte?

Die Zuschauer trauten ihren Ohren kaum, als sie die Parolen hörten: "Internationale Völkermordzentrale USA" und "Solidarität mit Palästina" skandierte der Demonstrationszug, der im Herbst 2002 durch Potsdam zog. Ein "Frieden schaffen ohne Waffen"-Transparent ganz vorn, ...

Felix Lee
Bis zu 16 Prozent in den Hochburgen im Osten
Bei der Bundestagswahl 2005 erzielte die NPD ihr bestes Ergebnis seit 1969

Vor einem Jahr auf dem NPD-Parteitag im thüringischen Leinefelde: In einem Nebenzimmer der Stadthalle saßen die Parteistrategen von NPD und DVU und klamüserten aus, welcher nächste Schritt nun ansteht. Im Blick hatten sie die Bundestagswahl 2006. Doch nicht um die "Erstürmung des Reichstags" ging es ihnen - zeitgleich zur Parlamentswahl war ursprünglich auch die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern angesetzt. Einen provokanten Bundestagswahlkampf wollten die NPD-Strategen deshalb führen, damit beim Einzug in den Schweriner Landtag nichts schief geht. ...

Stefan Mayer
Provokation und Anpassung
Die DVU in den Parlamenten

Die Bundestagswahl am 18. September 2005 verlief für die rechtsextremen Parteien enttäuschend. Ihre Hoffnungen im Vorfeld waren groß - doch von einem Einzug in den Bundestag blieben sie weit entfernt. Dabei waren die Voraussetzungen aufgrund der Kooperation von DVU und NPD lange nicht mehr so ...

Astrid Pawassar
Bekennende Verfassungsfeinde
Die NPD im Sächsischen Landtag

Die Aufregung war groß und sie freute die Akteure. Mit 9,2 Prozent der Stimmen war die NPD am 19. September 2004 in den sächsischen Landtag gewählt worden und hatte auf Anhieb zumindest in der Zahl vor dem Komma mit den Sozialdemokraten gleichgezogen. Die anderen fünf Fraktionen brauchten eine ...

Lars Flemming
Das Scheitern der Anständigen
Der Extremismus erfordert Wachsamkeit, aber blinder Aktionismus schadet / Von Lars Flemming

Fünf Jahre ist es her, da diskutierte ganz Deutschland über die Frage, ob man die NPD verbieten solle. Am Ende standen Verbotsanträge gegen die NPD - doch das Verbotsverfahren scheiterte im Jahre 2003. Heute ist das Verbot der Partei kein Thema mehr, obwohl die NPD nach wie vor verfassungsfeindliche Positionen vertritt. Umso erstaunlicher, dass die Aufarbeitung des Verbotsverfahrens bisher eher stiefmütterlich betrieben wurde, zumal der kuriose Verlauf des Verfahrens dazu allen Grund gab. ...

Sören Deppmann
Eine politische Karriere: von den Skinheads zu den Neonazis
Skinheads, Faschos, Neonazis entstammen unterschiedlichen Milieus

Alles Nazis, alles die gleiche braune Suppe. Die wollen den Staat abschaffen, träumen von einem neuen Führer und prügeln sinnlos in der Gegend herum. Aber Halt. So ganz einfach ist die Sache nicht. Setzt man sich nämlich tatsächlich mit den unterschiedlichen Gruppen, Bewegungen und Szenen ...

Michael Minkenberg
Nationalistische Rhetorik ist kein Randphänomen
Rechtsextremismus in den jungen Demokratien Osteuropas

Der Übergang von autoritären zu demokratischen Systemen wird häufig von Misstönen neuer rechtsradikaler Parteien und Bewegungen begleitet. Im Falle der osteuropäischen Länder setzen sie der jungen Demokratie eine radikale Systemalternative entgegen, die sich gegen die aktuelle Ordnung und gegen das Vorgängerregime richtet. Interessant daran ist weniger ihre Existenz. Sie wird von einigen Experten sogar als "normale Pathologie" sich schnell modernisierender Gesellschaften bezeichnet. Vielmehr sollte man den Blick auf die regionalen Besonderheiten dieses Phänomens sowie die Gründe dafür richten. ...

Dieter Segert
Die Gefahr des Allparteienpopulismus
Rechtsradikale Parteien im Osten Europas

Gute 15 Jahre nach der Wende darf man eine Normalisierung der politischen Entwicklung in Osteuropa erwarten. Die Transformation zur Demokratie sollte eigentlich abgeschlossen sein. Doch sind die demokratischen Verhältnisse in den Ländern, die entweder schon Mitglieder der EU geworden sind oder deren ...

Michaela Grün
Andrzej Lepper und die Samoobrona
Stichwort

Auf der parlamentarischen Bühne erschien die Samoobrona (Selbstverteidigung) erstmals im Zuge der Parlamentswahlen 2001, bei denen es der rechtspopulistischen Formation gelang, etwa 10 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinen und mit 53 Abgeordneten in das polnische Parlament, den Sejm, einzuziehen. ...

Peter Weber
Die Sehnsucht nach dem starken Mann
Im Mitte-Rechts-Bündnis Italiens ist auch Platz für Neofaschisten

Knapp ein Jahr nach den EU-Querelen um die Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich hatte der belgische Außenminister Louis Michel im März 2001 ein Déjà-vu-Erlebnis. "Gerade weil wir gegen Österreich Sanktionen verhängt haben, kann man nicht zuschauen, wenn in Italien rechtsextreme Parteien in die Regierung drängen", mahnte er aus Brüssel und forderte eine analoge Behandlung für die angekündigte Mitte-Rechts-Koalition in Rom, in der vor allem die Lega Nord teilweise "faschistisches Gedankengut verbreite". ...

Jeannette Goddar
Als hätte einer den Korken aus der Flasche gezogen
In den Niederlanden nehmen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz zu

Es ist noch gar nicht lange her, dass man in Holland nicht an Mohammed, sondern an Menschen wie Mina dachte, wenn es um Muslime ging. Mina ist eine junge Marokkanerin, die von der niederländischen Presse einst präsentiert wurde, um das gelungene Zusammenwachsen der Kulturen im Land zu präsentieren. ...

Joachim Rogge
Die schlechte Stimmung ist Humus für die Demagogen
Rechtsextremismus ist in Frankreich längst salonfähig geworden

Der Boden ist bereitet - nun wollen sie ernten. Ein noch "besseres Ergebnis" als 2002 stellt Jean-Marie Le Pen seinen Anhängern bei den Präsidentschaftswahlen in 18 Monaten in Aussicht. Damals war der Chef des rechtsextremen Front National (FN) in die Stichwahl gegen Jacques Chirac gezogen. Fünf Millionen Franzosen hatten dem Populisten, dessen Kandidatur viele zuvor noch unter der Rubrik Folklore abgelegt hatten, ihre Stimme gegeben. Eine zersplitterte Linke, aber auch ein Rumoren im Volk, das im abgehobenen Paris niemand wahrgenommen hatte, verschafften Le Pen diesen sensationellen Triumph. ...

Armin Pfahl-Traughber
Keine Kulturrevolution von Rechts
Der "Kampf um die Köpfe" kann als gescheitert angesehen werden

Der deutsche Rechtsextremismus der Nachkriegszeit wies in nahezu allen Phasen intellektuelle und programmatische Defizite auf. Demgegenüber entstand in Frankreich Ende der 60er-Jahre eine geistige Strömung des Rechtsextremismus, die ein neues ideologisches Profil und eine praktizierbare ...

Joachim Rogge
Marine Le Pen (Front National)
Stichwort

Dass der Papa den Weg so mir nichts, dir nichts frei macht, steht nicht zu erwarten. Und selbst wenn - wie eine reife Frucht würde der rechtsextreme Front National (FN) Marine Le Pen nicht einfach in den Schoß fallen. Jean-Marie Le Pens jüngste Tochter, die der Herr Papa vor zwei Jahren ziemlich ...

Sabine Rennefanz
"Ihr interessiert Euch einfach nicht genug für Ideologien"
Mit extremistischen Ideen können die meisten Briten nichts anfangen

Schon Sir Oswald Mosley war gescheitert: Als der Gründer der "British Union of Fascists" (BUF) im Oktober 1936 durch das überwiegend von Juden bewohnte Londoner East End marschieren wollte, stieß er auf den Widerstand des ganzen Viertels. Bewaffnet mit Besen, Knüppeln und Haushaltsgegenständen schlugen die Bewohner Mosley und seine Schlägertruppe, die "Black Shirts", zurück. Nach Ausbruch des Krieges wurde Mosleys Partei verboten, er selbst unter Hausarrest gestellt. Heute erinnert eine Wandmalerei an den Zusammenstoß, der als "Schlacht von Cable Street" in die Geschichte einging. ...

Matthias Drobinski
Aktiv für mehr Zivilcourage
Der Rechtsextremismus ist auch eine Herausforderung für die Kirche

Wolfgang Huber, evangelischer Bischof von Berlin-Brandenburg und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, hat es vor gut einem Jahr vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg auf den Punkt gebracht: "Die Wahl einer rechtsextremen Partei ist unvereinbar mit dem ...

Sabine Rennefanz
Der Holocaust-Leugner David Irving
Stichwort

Großbritannien mag keine rechten Despoten produziert haben, die Angst und Schrecken über den Kontinent brachten, wohl aber Einzelgänger, die unter dem Denkmantel der Wissenschaft die liberale Umgebung benutzten, um dumpfe Ideologien zu verbreiten. Zum Beispiel David Irving. Irving galt einst als ...

Anton Pelinka
Wenn Macht ohnmächtig macht
Die rechtspopulistische FPÖ ist als Regierungspartei gescheitert

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) war von 1986 bis 1999 eine der am schnellsten wachsenden Parteien Europas. Ihr Stimmenanteil stieg in dieser Zeit von fünf bis sieben auf 26,9 Prozent. So war sie innerhalb von einem Jahrzehnt zur zweitgrößten Partei Österreichs geworden. 1999 erreichte sie hinter der Sozialdemokratischen Partei Österreichs SPÖ (33,2 Prozent) einige hundert Stimmen mehr als die Österreichische Volkspartei ÖVP (26,9 Prozent). ...

Anton Pelinka
Eher eine Kernspaltung als ein Tausch der Etiketten
Jörg Haider reüssiert mit dem "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ) nicht

Wenn eine Partei im Absturz ist, müsste sie eigentlich froh sein, einen "harten Kern" zu haben, der sie vor dem Fall ins Nichts bewahrt. Wie die FPÖ: Aus den 26,9 Prozent des Oktober 1999 waren im November 2002 10 Prozent geworden, begleitet von Niederlagen in allen Ländern und Gemeinden. ...

Britta Schellenberg
Andreas Mölzer (FPÖ)
Stichwort

Ende der 90er-Jahre galt die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) als erfolgreichste rechtspopulis- tische Partei Europas. Dann musste sie nicht nur einen Großteil ihrer Stimmen einbüßen, sie wurde auch von innerparteilichen Richtungskämpfen und persönlichen Rivalitäten geschüttelt. Am 4. April ...

Johanna Metz
"Ich habe diesen Schwachsinn wirklich geglaubt"
Ein Tag mit dem Aussteiger Matthias Adrian

Matthias Adrian (29) schmierte schon als Jugendlicher Hakenkreuze an die Häuserwände seiner Heimatstadt. Kaum volljährig wird er Mitglied in der rechtsextremen NPD. Nach drei Jahren steigt er aus - seither kämpft er als Referent für politische Bildung bei der Aussteigerinitiative EXIT gegen die alten Kameraden. ...

Johanna Metz
Aussteigerinitiativen
Stichwort

Wie soll man aus einer Szene herauskommen, für die ein Ausstieg gleichbedeutend ist mit Verrat? In der Abweichler unter Druck gesetzt und manchmal sogar mit dem Leben bedroht werden? Wie soll es aussehen, das Leben jenseits der Wehrsportgruppen, Nazi-Aufmärsche und Skinhead-Konzerte, ohne die alten ...

Hauke Hartmann / Michael Seberich
Ausgrenzung und moralische Appelle reichen nicht
Strategien gegen Rechts: Prävention ist das A und O

Die künftige Bundesregierung muss sich stärker als bisher mit präventiven Maßnahmen gegen Rechts beschäftigen, wenn sie jenseits der Themenkonjunktur den Rechtsextremismus als gravierende und fortwährende Bedrohung begreift und seiner Ausbreitung entgegenwirken will. Schließlich stellen menschenfeindliche Einstellungen und Meinungen den ideologischen Sockel dar, auf dem nicht nur Wahlkreuze für die NPD, sondern auch Gewalttaten gegen Ausländer, Migranten und Andersdenkende basieren. Wer das nicht hinnehmen mag, muss dort wirken, wo Einstellungen und Meinungen geprägt und beeinflusst werden. ...

Bernd Wagner
Der Politik fehlen die richtigen Konzepte
Es gibt eine starke Zivilgesellschaft, die sich der Würde des Menschen verschrieben hat

Seit 1989/90 hängt ein Problem ziemlich in der Luft: das langsam anwachsende rechtsextreme Syndrom. Zwar erklären alle demokratischen Parteien ihren Abscheu gegen nazistische Tendenzen. Doch die Pogrome gegen Ausländer und die aufbrechende Gewalt gegen alles "Undeutsche" erscheinen nur der ...

Jeannette Goddar
Aus der Mitte der Gesellschaft - und nicht vom Rand
Antisemitische und fremdenfeindliche Einstellungen sind weit verbreitet

Eine Wahl ist immer auch eine Gelegenheit zur Verortung der Demokratie: Wer geht wählen, wer nicht? Und vor allem: Wie viele Wähler in welchem Bundesland und welchen Alters geben ihre Stimme einer rechtsextremen Partei? Ein Jahr nach dem Eklat von Sachsen, wo die NPD mit 9,2 Prozent der Stimmen in den Landtag einzog, ging am Abend des 18. September ein erleichtertes Raunen durch die Republik: Die NPD kam bundesweit auf gerade einmal 1,6 Prozent, die Republikaner nur auf 0,6 Prozent der Stimmen. ...

Eckhard Jesse
Entwarnung ist ebenso wenig angebracht wie Alarmismus
Die Gründe für das bessere Abschneiden rechtsextremer Parteien im Osten sind vielfältig

Dass im Osten eine linke Flügelpartei wie die PDS oder "Die Linkspartei", so der neue Name, besser abschneidet als im Westen, bedarf keiner großen Begründung, allenfalls wegen der Höhe des Erfolgs. 40 Jahre "realer Sozialismus" gehen nicht spurlos vorüber. Der ...


"Ich habe das Extreme gesucht"
Interview mit einer Aussteigerin

Sie war Funktionärin in der mittlerweile verbotenen neonazistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), dann Kameradschaftsführerin und Mitglied in einer germanischen "Artgemeinschaft", einer rechtsextremistisch heidnischen Glaubensgemeinschaft. Seit ihrem Austritt aus der rechtsextremen Szene wird sie von den ehemaligen Kameraden gesucht. Ihr Mann, mittlerweile Funktionär bei der NPD, saß bereits wegen schwerer Körperverletzung und Nötigung im Gefängnis. Wenn die Mutter nebst ihren Kindern gefunden wird, hat sie nichts Gutes zu erwarten. Denn sie hat das Schlimmste getan, was ein "Kamerad" tun kann: Sie hat Verrat begangen. Wir haben die Mittdreißigerin deshalb an einem geheimen Ort getroffen. Den Namen kennt die Redaktion aus Sicherheitsgründen nicht. ...

Annette Rollmann
FAP, Freie Kameradschaft , Artgemeinschaft
Stichwort

Die FAP Die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) war eine autoritär nationalistische, als rechtsextremistisch eingestufte Partei, die in der Bundesrepublik Deutschland 1995 wegen ihrer Verfassungs-feindlichkeit verboten wurde. Die Partei war unter anderem berüchtigt für aggressiv ...

Rainer Fromm / Barbara Kernbach
Rechtsextreme Propaganda zu gegrilltem Schwein
Die NPD wirbt mit vielseitigen Freizeitangeboten

"Die nationale Oppositionsbewegung umfasst alle Bereiche des täglichen Lebens, wir haben nur noch keine eigene Automarke." So bilanziert Thomas Wulff, eine der Zentralfiguren der Neonazi-Szene und persönlicher Referent des NPD-Chefs Udo Voigt, die rechtsextreme Präsenz jenseits der genuinen politischen Sphäre. Für viele Jugendliche ist die rechte Verfassungsfeindschaft inzwischen ein "way of life": Rechtsextremisten prägen eine eigene Musiklandschaft, instrumentalisieren Kunst und Kultur, liefern Mode-Accessoires und helfen bei der Bewältigung von Alltagsproblemen und der Freizeitgestaltung. ...

Felix Lee
Der rechte Lifestyle ist auf dem Vormarsch
Rockmusik und Nazi-Mode ködern den Nachwuchs

Nur ein einziges Mal hatte die Verteilaktion der Rechtsextremisten strafrechtliche Konsequenzen: Eine engagierte Lehrerin im Berliner Stadtbezirk Marzahn hatte sich demonstrativ an den Schuleingang gestellt und eifrig von vorbeigehenden Schülern die CDs eingesammelt, die ihnen kurz zuvor ein ...


Kein Platz für alternative Lebensentwürfe
Der Bremer Sozialwissenschaftler Jörg Hutter über den Umgang der Neonazis mit Homosexualität

Das Parlament: Herr Hutter, hat der Männlichkeitskult der Neonazis für Schwule einen besonderen Reiz? Jörg Hutter: Ich vermute, dass der Anteil von Schwulen mit nationalsozialistischer Gesinnung genauso groß ist wie in allen anderen Bevölkerungsschichten. Ich würde auch unterscheiden zwischen denen, ...


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.