10
Global Governance1
10.1 Was
ist, warum und wozu „Global
Governance“?
10.1.1 Was ist
„Global
Governance“?
Der Prozess der „Globalisierung der
Weltwirtschaft“ muss politisch so gestaltet werden, dass
dessen Risiken minimiert und Chancen für Individuen und
Gesellschaften optimiert sowie existierende Fehlentwicklungen
korrigiert werden. Antworten auf diese Herausforderungen erstrebt
das Projekt „Global
Governance“. Auf den einfachsten Nenner gebracht bedeutet
„Global
Governance“, den Prozess der Globalisierung politisch zu
gestalten.
Wichtige Beiträge zur Entwicklung des
Konzeptes einer Global Governance lieferten v.a. die Berichte
verschiedener Kommissionen der Vereinten Nationen: So z.B. das als
Brandt-Bericht bekannt gewordene Abschlussdokument der
Unabhängigen Kommission für Internationale
Entwicklungsfragen (Nord-Süd-Kommission 1980),2 ebenso der 1987 veröffentlichte
Bericht „Our Common Future“ der UN World Commission on
Environment and Development. Letzterer wurde – in Anlehnung
an den Namen der Kommissionsvorsitzenden – weltweit als
Brundtland-Report bekannt (deutsch: Hauff 1987). Auch die Berichte
des Club of Rome trugen zur Entwicklung des Konzeptes bei; vor
allem der 1991 unter dem Titel „The First Global
Revolution“ publizierte Bericht forderte unter Rekurs auf den
Begriff Governance eine „gleichzeitige, umfassende
Inangriffnahme aller Probleme auf allen Ebenen“ (King und
Schneider 1992: 123). In einem weiteren Bericht an den Club of Rome
wurde ermittelt, ob die „Erde noch regierbar“ ist (Dror
1995). Schließlich wurde der Begriff „Global
Governance“ durch die „Commission on Global
Governance“ (CGG) ins Zentrum ihrer Arbeit gestellt, die sich
nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und im Hinblick auf neue
globale Probleme mit der Regierbarkeit der Welt beschäftigte.
Die Ergebnisse dieser unter dem Dach der UNO arbeitenden Kommission
wurden 1995 in dem Bericht „Our Global Neighbourhood“
zusammengefasst.3 Die CGG
beschreibt die Absichten des Ansatzes „Global
Governance“ wie folgt:
Der Bericht der CGG wurde in Deutschland vor allem
vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) aufgegriffen
und weiterentwickelt.4
Weltweit beschäftigen sich auch so unterschiedliche Akteure
wie das World Economic Forum (WEF)5 oder das World Social Forum (WSF)6 mit dem Thema
Global Governance.7
1 Dieser Berichtsteil konnte weitgehend im Konsens
verabschiedet werden. Vgl. jedoch die Minderheitenvoten zu
einzelnen Abschnitten oder Handlungsempfehlungen von der
Arbeitsgruppe der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion sowie die
Anmerkungen der PDSFraktion in Kapitel
11.
2 Zu seiner Wirkungsgeschichte vgl. Nuscheler
(2000).
3 In der deutschen Übersetzung lautet der Titel
„Nachbarn in einer Welt” (Stiftung Entwicklung und
Frieden 1995).
4 Für einen Überblick über die Arbeit des
INEF zum Thema vgl. etwa Nuscheler (2000), Messner und Nuscheler
(2000), Mürle (1998), Messner und Nuscheler (1996) sowie
http://www.uni-duisburg.de/ Institute/INEF/Governance/GG-FRAME.HTM
(10. Mai 2002).
5 Das WEF startete eine „Global
Governance Initiative“ mit dem Ziel, einen
jährlichen Bericht über „good or bad
practice“ hinsichtlich der Lösung der zehn wichtigsten
globalen Probleme zu veröffentlichen (vgl.
http://www.weforum.org/pdf/Initiatives/Global_Governance 10. Mai
2002).
6 Vgl. z. B. den Initialtext des WSF 2002 in Porto
Alegre von Bello (2002).
7 Für einen Überblick über die allgemeine
Diskussion zum Thema
Global Governance vgl. Tabelle 10-1am Ende dieses
Kapitels.
|