*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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10.2        Global Governance als Verdichtung der internationalen Kooperation und Ausbau multilateraler Beziehungen

10.2.1     Regieren in Mehr-Ebenen-Systemen

10.2.1.1   „Global Governance“ meint nicht „Global Government“

Das Konzept Global Governance wendet sich gegen die Idee einer zentralen Weltregierung oder eines hierarchischen Weltstaats. Vielmehr ist eine institutionelle Architektur angedacht, die an das anknüpft, was Kant eine „Föderation von freien Republiken“ nannte: ein dezentrales, subsidiäres und föderatives System (Höffe 1999, Hasenclever und Rittberger 2000). Es geht also darum, eine multilaterale Kooperationskultur zu institutionalisieren, um gemeinsam mit anderen Betroffenen die oben angesprochenen Probleme lösen zu können.

Global Governance weist dabei dem Nationalstaat neue Aufgaben im Rahmen einer Mehr-Ebenen-Architektur zu (vgl. Messner 1998a): Zwar verfügen Staaten noch allein über das Gewaltmonopol und auch nur Staaten können Völkerrecht setzen, aber sie müssen sich zunehmend mit „geteilten Souveränitäten“ in tendenziell entgrenzten Kooperations- und Integrationsräumen abfinden. Grenzüberschreitende Probleme können am besten in verflochtenen    Mehrebenensystemen bearbeitet werden, in denen Nationalstaaten zwar eine wichtige Scharnierrolle übernehmen, jedoch Kompetenzen „nach oben“ (inter- und supranationale Ebenen) und „nach unten“ (lokale und regionale Politik) abgeben. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips ist es sinnvoll, Problemlösungen auf der Ebene zu suchen und institutionell anzusiedeln, die sachlich und organisatorisch angemessen ist und auf der das Problem daher möglichst effizient und demokratisch zu lösen ist – sei es auf lokaler, nationaler, regionaler oder globaler Ebene. Im Zuge einer „postnationalen Konstellation“14 findet Regieren zunehmend durch das Zusammenspiel verschiedener Entscheidungsebenen statt, wobei die einzelnen Ebenen nicht mehr ohne die anderen voll funktionsfähig sind.



14 Vgl. dazu insbesondere Zürn (2001), nach dem sich die drei Dimensionen der Staatlichkeit – Anerkennung, Ressourcen und Zielerreichung –, die sich in der nationalen Konstellation im Nationalstaat vereinten, in der postnationalen Konstellation auf unterschiedliche Ebenen verteilen.

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