10.2
Global Governance als Verdichtung der internationalen
Kooperation und Ausbau multilateraler Beziehungen
10.2.1 Regieren in
Mehr-Ebenen-Systemen
10.2.1.1 „Global
Governance“ meint nicht „Global
Government“
Das Konzept
Global Governance wendet sich gegen die Idee einer zentralen
Weltregierung oder eines hierarchischen Weltstaats. Vielmehr ist
eine institutionelle Architektur angedacht, die an das
anknüpft, was Kant eine „Föderation von freien
Republiken“ nannte: ein dezentrales, subsidiäres und
föderatives System (Höffe 1999, Hasenclever und
Rittberger 2000). Es geht also darum, eine multilaterale
Kooperationskultur zu institutionalisieren, um gemeinsam mit
anderen Betroffenen die oben angesprochenen Probleme lösen zu
können.
Global Governance weist dabei dem Nationalstaat neue Aufgaben
im Rahmen einer Mehr-Ebenen-Architektur zu (vgl. Messner 1998a):
Zwar verfügen Staaten noch allein über das Gewaltmonopol
und auch nur Staaten können Völkerrecht setzen, aber sie
müssen sich zunehmend mit „geteilten
Souveränitäten“ in tendenziell entgrenzten
Kooperations- und Integrationsräumen abfinden.
Grenzüberschreitende Probleme können am besten in
verflochtenen Mehrebenensystemen
bearbeitet werden, in denen Nationalstaaten zwar eine wichtige
Scharnierrolle übernehmen, jedoch Kompetenzen „nach
oben“ (inter- und supranationale Ebenen) und „nach
unten“ (lokale und regionale Politik) abgeben. Im Sinne des
Subsidiaritätsprinzips ist es sinnvoll, Problemlösungen
auf der Ebene zu suchen und institutionell anzusiedeln, die
sachlich und organisatorisch angemessen ist und auf der das Problem
daher möglichst effizient und demokratisch zu lösen ist
– sei es auf lokaler, nationaler, regionaler oder globaler
Ebene. Im Zuge einer „postnationalen
Konstellation“14
findet Regieren zunehmend durch das Zusammenspiel verschiedener
Entscheidungsebenen statt, wobei die einzelnen Ebenen nicht mehr
ohne die anderen voll funktionsfähig sind.
14 Vgl. dazu insbesondere Zürn (2001), nach dem
sich die drei Dimensionen der Staatlichkeit – Anerkennung,
Ressourcen und Zielerreichung –, die sich in der nationalen
Konstellation im Nationalstaat vereinten, in der postnationalen
Konstellation auf unterschiedliche Ebenen verteilen.
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