*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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10.2.1.5   Internationale Verhandlungen als Bausteine einer Global Governance

Kernprobleme der Weltwirtschaft werden auf Gipfel­ treffen der G7/G8, in Verhandlungsrunden der WTO,    UNCTAD und auf den Jahrestagungen des IWF und der Weltbank behandelt. Kritiker sehen in diesen Veranstaltungen ein „Kartell der Reichen und Mächtigen“, die das Sagen in der Weltwirtschaft hätten. Wichtige Beispiele für globale Verhandlungen waren auch die Weltkonferenzen der Vereinten Nationen in den 90er Jahren, beginnend mit dem sog. „Erd-Gipfel“, der Konferenz über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro (vgl. Messner und Nuscheler 1996, Fues und Hamm 2001).

Diese Weltkonferenzen sollten auch einen Beitrag zur Bearbeitung der sozialen und ökologischen Folgekosten der Globalisierung leisten. Die Regierungen des Südens, auf deren Initiative diese Konferenzen zustande kamen, bemühen sich heute nahezu ausnahmslos um die Integration in die globale Ökonomie. Ihre Hoffnung war, dass die Entwicklung weltumspannender Regelwerke für die Weltwirtschaft und ein internationaler Machtausgleich ihnen dabei neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen könnten.

Auch wenn die bisherige Erfolgsbilanz der Weltkonfe­ renzen wenig spektakulär ist, können sie optimistisch gesehen als Vorboten eines tiefgreifenden Struktur- und Formwandels der globalen Politik hin zu einer Global Governance gedeutet werden (vgl. Hamm und Fues 2000): Die Innovationsleistung der Weltkonferenzen bestehe in der Erarbeitung eines prototypischen Modells für die kooperative, solidarische und partizipative Problembearbeitung im internationalen System. Weltkonferenzen hätten das Potenzial, Teil eines qualitativ neuen transnationalen Steuerungsmodells zu sein: zum einen durch die Verknüpfung sämtlicher Handlungsebenen (von der lokalen bis zur globalen) und zum anderen durch die Eröffnung einer internationalen Arena für heterogene staatliche wie nichtstaatliche Akteure, die sich in Netzwerken verbünden oder auf Foren streiten können. In diesem Sinne können die Weltkonferenzen als ein „Laboratorium“ oder eine „Lernwerkstatt“ für Global Governance wirken: Der Fundus nationaler und lokaler Erfahrungen und „best practices“ könnte kooperativ für globale Problemlösungen sowie die gesammelten Erfahrungen als Vertrauensgrundlage für eine evolutionäre Umgestaltung des globalen Ordnungsrahmens genutzt werden.

In der Diskussion wurde allerdings auch eine sehr viel skeptischere Sicht vorgebracht. Sie macht geltend, dass die Konzentration auf die Hervorbringung und Entstehung neuer globaler Strukturen, wie z.B. der Weltkonferenzen, leicht dazu führen könne, hierin ein Indiz für das Voranschreiten von Global Governance zu sehen, das an sich schon positiv zu bewerten sei. Auf Weltkonferenzen komme es aber kaum noch zu konkreten Verabredungen, und wenn doch, würden sie überwiegend nicht eingehalten.

Auf jeden Fall sollten die Chancen der Follow-Up-Prozesse der Weltkonferenzen besser genutzt werden (vgl. Fues und Hamm 2001). Oft finden sich in den Aktionsprogrammen der Weltkonferenzen bereits die Lösungen für viele globale Probleme. Trotz der Zustimmung der Staaten zu diesen Programmen fehlt es aber an ihrer Umsetzung, oft genug sind auch Finanzierungsfragen noch ungeklärt. So sollten die Folgeprozesse durch wirksame Überprüfungsmechanismen unterstützt werden und auch „harte“ Fragen der Weltwirtschaft und Sicherheitspolitik in eine kooperative Gestaltung der globalen Politik einbezogen werden. Um dies effektiv zu gestalten, sind weltweit eine kritische Öffentlichkeit und selbstbewusste Parlamente vonnöten.

Zur Zeit wird der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 (World Summit on Sustainable Development, WSSD)    in Johannesburg, Südafrika, vorbereitet.29 Der Gipfel soll eine Bestandsaufnahme vornehmen, was seit Rio mit Blick auf die nachhaltige Entwicklung unserer Erde erreicht wurde. Dieses Zusammentreffen sollte genutzt werden, um der globalen Umweltpolitik und dem gesamten Politikfeld „Nachhaltige Entwicklung“ neue Impulse zu geben.

Empfehlung 10-4       Weltkonferenzen als Politikarena nutzen

Mit Blick auf zukünftige Weltkonferenzen empfiehlt die Enquete-Kommission die Verabschiedung neuer Leitlinien durch das Bundeskabinett für die Gesamtheit der nationalstaatlichen Außenbeziehungen, in denen die Weltkonferenzen als wichtige Politikarenen berücksichtigt werden. Zur besseren Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Weltkonferenzen ist die Einrichtung von interminis-teriellen Steuerungsgruppen sinnvoll: Diese sollen in der Vorbereitung für die Koordination und Kohärenz der deutschen Beiträge zur jeweiligen Konferenz verant­ wortlich zeichnen und in der Nachbereitung auf die systematische Umsetzung der beschlossenen Programme drängen. Der Aufbau bzw. Ausbau von heterogenen Politiknetzwerken in Deutschland für den institutionalisierten Dialog mit interessierten Akteursgruppen (u.a. Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, NROs, Wissenschaft, Berufsvereinigungen) soll dazu beitragen, eine solche Steuerungsgruppe in ihrer Arbeit zu unterstützen.



29 Vgl. http://www.weltgipfel2002.de/ und http://www.johannesburgsummit. org/ (30. April 2002).

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