*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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11.2.2.2   Finanzmärkte (Kapitel 2 des Abschlussberichts)

Die Empfehlungen der Enquete-Mehrheit in der AG „Finanzmärkte“ werden insbesondere in folgenden Punkten nicht mit getragen:

Die Einengung von Privilegien für bestimmte Berufsgruppen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Geldwäsche ist nicht genügend durchdacht. Es müsste zumindest spezifiziert werden, welche Privilegien eingegrenzt werden sollen und in welcher Form die Registrierung von Kapitalbewegungen erweitert werden sollte.

Es ist vollkommen unklar, was eine ausgewogene Struktur der Versorgung mit öffentlichen und privaten Bankendienstleistungen sein soll. Hier wird eine ganz neue Unterscheidungskategorie eingeführt, die im Hinblick auf Bankdienstleistungen nicht in der Literatur zu finden ist. Wenn hiermit der Erhalt des öffentlichen Bankensektors gemeint ist, so sollte dies auch gesagt werden. Der Erhalt hat aber nichts mit Wettbewerbspolitik, sondern mit dem Konservieren von Strukturen zu tun. Wenn es darum geht, die Versorgung mit Finanzdienstleistungen in der Fläche oder die Versorgung bestimmter Bevölkerungskreise mit Finanzdienstleistungen zu gewährleisten, so sollte dies auch entsprechend ausgedrückt und begründet werden.

Die Position der Enquete-Mehrheit zu „Shareholder value“ (Kapitel 2.3.4) wird nicht mitgetragen. Die FDP legt stattdessen die folgende eigenständige Position vor:

11.2.2.2.1  Unternehmenswertorientierte Unternehmensführung (Shareholder Value)

Problemstellung

In der Diskussion um Chancen und Risiken der Globalisierung wird mit dem „Shareholder Value“, einem neuen, von US-amerikanischen Lehrmeinungen dominierten Leitbild der Unternehmensführung, in Deutschland vielfach ein gesellschaftspolitisches Feindbild verbunden. Einer genaueren Überprüfung hält dieser Ansatz nicht Stand. Insbesondere die idealtypische Gegenüberstellung des „Shareholder Value“ als des hässlichen Antlitzes eines US-amerikanischen Kapitalismus mit dem „Stakeholder Value“, als dem vermeintlich menschengerechten Antlitz des rheinischen Kapitalismus wird der vielschichtigen Realität kaum gerecht.

Kurze Charakterisierung des Shareholder Value-Konzepts

Die unternehmenswertorientierte Unternehmensführung umschreibt betriebswirtschaftlich gesehen eine neue Kennziffer der Unternehmensrentabilität. Sie ist im Gegensatz z.B. zum Gewinn pro Aktie nicht auf eine einperiodige Ertragsbetrachtung ausgerichtet, sondern knüpft an der erwarteten künftigen Entwicklung der Einzahlungs- und Auszahlungsgrößen an. Befürwortern des „Shareholder Value“-Ansatzes zufolge fördern herkömmliche Maßstäbe wie der Jahresüberschuss der Handelsbilanz, die Eigenkapitalrentabilität oder das Ergebnis je Aktie eine auf kurzfristige Erfolge ausgerichtete Unternehmensführung. Sie können zudem vom Management besser gestaltet (manipuliert) werden. Demgegenüber will das „Shareholder Value“-Konzept die Rendite des langfristigen Anteilseigners zur zentralen Zielgröße der Unternehmensführung machen. Überwiegend gilt das Verfahren der Diskontierung geplanter freier Zahlungsmittelüberschüsse (discounted cash flow-Verfahren) als Maßstab.

Konsequenzen für die Unternehmenspolitik

Es wäre aber falsch, eine unternehmenswertorientierte Unternehmensführung mit der Suche nach dem schnellen Gewinn an den Börsen gleichzusetzen. Unternehmenswertorientierte Unternehmensführung soll vielmehr für    dauerhaft attraktive Börsenkurse und einen stetigen Anstieg sorgen. Dies verlangt eine sehr hohe Kommunikationskompetenz. Missbräuche durch gezielte Falschmeldungen sind im Einzelfall nicht ausgeschlossen, können aber zu nachhaltigem Misstrauen der Anleger gegenüber dem Unternehmen führen und sind deshalb langfristig zum Scheitern verurteilt.

Im Ergebnis führt das neue Verfahren der Unternehmensbewertung zu einem größeren Einfluss der Aktionäre und zu einem geringeren von Managern und Bankenvertretern in den Großunternehmen. Vielfach ist ein Druck entstanden, ungeschminktere Geschäftsberichte vorzulegen. Der Zwang, intensiver zu informieren, stellt für kleinere Unternehmen dabei zweifellos ein besonderes Problem dar.

Aus dem „Shareholder Value“ hat sich außerdem das Konzept der „Corporate Governance“ entwickelt, das noch weitgehendere Grundsätze zur Führung und Kontrolle von Unternehmen formuliert. Institutionelle Großanleger, insbesondere Pensionsfonds, üben im Interesse ihrer langfristig orientierten Anleger in dieser Richtung weiteren Druck aus.

„Stakeholder Value“ wird dagegen typischerweise mit einer Unternehmensführung gleichgesetzt, die besonders von – oftmals nachlässigen – Aufsichtsräten, Arbeitnehmern und Betriebsräten geprägt wird. Holzmann gilt als negatives Paradebeispiel. Das Management hat in der Regel einen größeren Entscheidungsspielraum. Deutschland galt in den letzten Jahrzehnten als ein Land, in dem die Interessen der Aktionäre im internationalen Vergleich unterrepräsentiert waren, was sich auf die Kapitalrendite auswirkte. Das positive Gewicht, das die gesetzlich verankerte Mitbestimmung und der soziale Frieden als „Produktionsfaktoren“ in Deutschland in der Vergangenheit möglicherweise in die Waagschale werfen konnten, hat sich im Zuge des technischen Aufholprozesses benachbarter Länder zumindest verringert. Dies kann aber nicht dem „Shareholder Value“-Konzept selbst angelastet werden.

Gesamtwirtschaftliche Aspekte

Die unternehmenswertorientierte Unternehmensführung befördert damit Entwicklungen, die auch gesellschaftspolitisch differenziert beurteilt werden müssen. Ein Unternehmen, das diesen Grundsätzen erfolgreich folgt, sichert langfristig den Unternehmensbestand, erhöht den Leis­ tungsdruck auf den Vorstand, verschärft die Kontrolle durch Aufsichtsrat sowie Hauptversammlung und fördert die Mitarbeiterbeteiligung. Es wirkt der oft beklagten „Bankenmacht“ entgegen, begrenzt die Selbstherrlichkeit des Managements und beschränkt Tendenzen, versteckte, unproduktive Reserven im Unternehmen anzusammeln. Im Ergebnis führt dies zu einer selektiven, langfristigen Sicherung von Arbeitsplätzen.

Viele der mit einer unternehmenswertorientierten Unternehmensführung verfolgten Ziele werden unter anderem Etikett ohnehin verfolgt. Im Zuge des Bedeutungsgewinns der privaten Altersvorsorge ist zu erwarten, dass die langfristige Unternehmensrentabilität eine noch zentralere Rolle spielen wird. In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, dass für den Erfolg von Unternehmen gerade in der sogenannten „New Economy“ eine motivierte Belegschaft die entscheidende Rolle spielt, so dass eine Unternehmenspolitik gegen die Interessen einer Mehrheit der Mitarbeiter, die der „Shareholder Value“-Philosophie gerne unterstellt wird, kaum erfolgreich sein dürfte. Allerdings verlangt unternehmenswertorientierte Unternehmensführung eine hohe Flexibilität sowie den Abschied von alten Gewohnheiten. Die Geschwindigkeit, mit der sich Veränderungen vollziehen, überfordert unter Umständen einige Beteiligte. Qualifikations- und Veränderungsdruck erhöhen sich. Die Spannbreite zwischen hochqualifizierten, flexiblen und wenig qualifizierten, inflexiblen Mitarbeitern wird deutlicher sichtbar. „Shareholder Value“-Konzepte können so das Lohngefälle erhöhen.

Ebenso wie alte Unternehmensführungskonzepte braucht die unternehmenswertorientierte Unternehmensführung aber einen verlässlichen, transparenten und reformfähigen Rechtsrahmen. Dazu zählen in Deutschland vor allem Entscheidungen zur Zukunft der Alterssicherung, das reformierte Insolvenzrecht, neue Entwicklungen bei der Rechnungslegung, die Fusionskontrolle oder auch die Finanzmarktgesetzgebung. Dass amerikanische Standards dabei dominieren, ist sowohl dem überragenden ökonomischen und politischen Gewicht der USA als auch dem messbaren wirtschaftlichen Erfolg dort zuzuschreiben. Gesellschaftspolitische Gefahren gehen vom betriebswirtschaftlichen Konzept selbst indes nicht aus.

11.2.2.2.2  Tobin-Tax

Die von der Enquete-Mehrheit geforderte Devisentransaktionssteuer (Tobin-Tax) würde im Kern eine Senkung der Effizienz internationaler Kapitalmärkte bewirken. Die Verteilungswirkungen sind vollkommen unklar. Die Vermengung von Finanzierungsfunktion und Steuerungsfunktion würde zu einem heillosen Zielkonflikt führen, der die missratene Konstruktion der Ökosteuer oder der Abwasserabgabe in Deutschland weit in den Schatten stellen könnte. Zur Kritik an der Devisentransaktionssteuer wird im übrigen auf die von der FDP eingebrachten Papiere verwiesen.

Die Forderung nach währungspolitischer Souveränität im Sinne einer Abkopplung vom Urteil der Finanzmärkte etwa durch Kapitalverkehrskontrollen wird so undifferenziert nicht mitgetragen. Währungspolitische Souveränität in diesem Sinne meint nichts anderes, als den nationalen Regierungen das Recht auf eine (langfristig) schlechte Wirtschaftspolitik zuzugestehen bzw. sie von der Verantwortung für die Konsequenzen zu entbinden. Die disziplinierende Wirkung einer internationalen Abstimmung über die Qualität einer Wirtschaftspolitik ginge so vollkommen verloren. Im übrigen bleibt völlig offen, wie Kapitalverkehrskontrollen so gestaltet werden sollten, dass sie die prinzipielle Offenheit der jeweiligen Volkswirtschaften nicht infrage stellen.

11.2.2.2.3 Reform der internationalen Finanzinstitutionen

Europäische Zentralbank

Es ist inakzeptabel, das Statut der Europäischen Zentralbank um beschäftigungs- und wachstumspolitische Ziele    zu erweitern. Zum einen tragen die Ziele des europäischen System der Zentralbanken (ESZB), wie sie in den Artikeln2ff EZB-Satzung formuliert worden sind, unmittelbar zur Hebung des Beschäftigungswachstums im Euro-Raum bei. Außerdem ist das ESZB nach Artikel 2 Satz 2 EZB-Satzung verpflichtet, die allgemeine Wirtschafts­politik der Gemeinschaft zu unterstützen, um zur Verwirklichung der in Artikel 2 EG-Vertrag festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist. Die Formulierung in der Empfehlung der Enquete-Mehrheit impliziert, dass Preisstabilität negative Auswirkungen auf die Beschäftigung und das Wachstum hat. Diese Annahme ist durch die Erfahrungen der 70er Jahre, die durch das politische – im Ergebnis gescheiterte – Ausnutzen von Geldillusion durch Regierungen geprägt waren, nachhaltig widerlegt.

Internationale Insolvenzordnung

Die Formulierungen der Enquete-Mehrheit zu einer internationalen Insolvenzordnung werfen alle möglichen Sachverhalte durcheinander. Es ist banal, dass Gläubiger in der Kreditbeziehung Verantwortung tragen und selbstverständlich die Fähigkeit ihres Kreditnehmers, einen Kredit angemessen zu bedienen, in ihr Kalkül aufnehmen müssen. Tun sie das nicht, sind Gläubiger im Insolvenzfall ausnahmslos von Ausfällen bedroht. Im vorliegenden Fall ist aber offenbar an die Einbindung des privaten Sektors in die Restrukturierung durch den IWF gedacht. Das sollte in der Empfehlung aber auch klar herausgestellt werden. Die FDP hatte hierzu vorgeschlagen, das Instrument der „Subordinated Debt“ näher zu prüfen, das vorsieht, dass Banken aus Entwicklungs- und Schwellenländern verstärkt dazu übergehen, einen bestimmten Anteil ihres Fremdkapitals als eigenkapitalähnliche Schuldverschreibungen im Ausland zu plazieren. Kommt es zur Zahlungsunfähigkeit, werden solche Papiere grundsätzlich nachgeordnet behandelt. Dies würde dazu führen, dass seitens der Gläubiger ein verstärktes privatwirtschaftliches Interesse an solider Marktinformation und deren Verarbeitung besteht und deshalb der Kurs der frei zu handelnden Papiere als zusätzlicher Frühindikator dienen kann für die Einschätzung durch (relativ gut informierte) Marktteilnehmer.

Der IWF sollte die Zinsbedingungen seiner Kreditgewährung in diesem Fall nutzen, um den Regierungen der Entwicklungsländer Anreize zu geben, einen nationalen Regulierungsrahmen zu schaffen, der diese innovativen Wege zu mehr Transparenz im Bankensystem begünstigt. Des weiteren könnte empfohlen werden, dass neu emittierte Schuldverschreibungen mit Umschuldungsklauseln versehen werden, die den privaten ausländischen Kreditgeber von vornherein verpflichten, sich im Krisenfall an entsprechenden Verhandlungen zu beteiligen und ggfs. einen bestimmten Verlustschlüssel zu akzeptieren. Klauseln dieser Art gibt es bereits bei Konsortialkrediten von Banken. Umschuldungsklauseln bei Schuldverschreibungen hätten auch den Vorteil, dass sie vom Markt mit einer Risikoprämie abgegolten werden und damit für ein weiteres Element der marktbedingten Transparenz sorgen würden. Ungeeignet ist hingegen die Empfehlung, Kreditgeber, die ihren Verpflichtungen bei einer vereinbarten Umschuldung nicht nachkommen, bei öffentlichen Aufträgen oder bei der Begebung von öffentlichen Anleihen zeitweise auszuschließen. Dies könnte im Extremfall nur dazu führen, dass die Begebung öffentlicher Anleihen sich z.B. nachhaltig verteuern würde. Ebenso unsinnig ist die Forderung, dass der IWF eine Konditionalität für Gläubiger entwickelt. Gläubiger, die eine solche Konditionalität nicht akzeptieren wollen, würden schlicht keine Mittel zur Verfügung stellen. Damit wäre keiner Seite geholfen.

Internationaler Währungsfonds (IWF)

1.   Der IWF muss sich noch stärker als bisher auf die Vermeidung von Finanzkrisen konzentrieren. Deshalb sollte er eine internationale Führungsrolle bei der Überwachung der Einhaltung von international vereinbarten Verhaltenskodizes, insbesondere im Geld- und Kreditsektor übernehmen. Dazu zählen auch Aufsichts- und Datenveröffentlichungsstandards sowie die Überwachung der Einhaltung von Kodizes und Standards in den „Offshore-Finanzzentren“. Schließlich sollte der IWF die Durchführung der Beschlüsse des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zu den künftigen Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute bei IWF-Beistandskandidaten mit überwachen. Wo der IWF eine direkte Zuständigkeit besitzt, muss er diese Standards weiterentwickeln und verbreiten.

2.   Die Rolle des IWF als einer Institution, die ein makro­ ökonomisches Rating für Länderrisiken erleichtert, ist zu stärken. Der IWF muss durch seine Länderüberwachung und die Veröffentlichung umfangreicher Länderdaten das Informationsproblem lindern und die Effizienz der Kapitalmärkte verbessern. Die Höhe der Staatsverschuldung, der Kreditsalden und der Ver­ bindlichkeitsstruktur des Privatsektors, Bilanzie­ rungsregelungen der Banken, das Konkursrecht oder Eigentumsverflechtungen von kombinatsähnlichen Konzernen sind Indizien für die Krisenanfälligkeit von Ländern. Der seit 1997 existierende „Spezielle Datenveröffentlichungs-Standard“ (SDDS) ist hier ein erster Schritt. „Offshore-Finanzzentren“, die sich einer neu­ en Überwachung des IWF weder stellen noch die Transparenzauflagen erfüllen, müssen Gegenstand von Bekanntmachungen werden. Zweck aller Kodizes und Standards muss es letztlich sein, durch Schaffung von mehr Transparenz internationalen Kapitalgebern sachgerechtere Kreditentscheidungen zu ermöglichen.

3.   Die IWF-Kreditkonditionen müssen in Abhängigkeit von der Erfüllung der o.g. Standards differenziert werden. Dadurch wird die Umsetzung von Kodizes und Standards indirekt gefördert. Um den revolvierenden Charakter der IWF-Ressourcen zu wahren, ist auch die Vergabe besonders hoher Kredite und eine wiederholte Verlängerung mit einer progressiv steigenden Zinsbelastung der jeweiligen Kreditnehmerländer zu verbinden. Die IWFMitgliedsstaaten sollten a priori Orientierungshilfen erhalten, welche Verfehlung von welchen Standards mit welchen Zinsaufschlägen    belegt werden. Solche Zinsstaffeln sind zu veröffentlichen.

4.   Langfristig konditionierte Kredite zur Strukturanpassung sollten die Weltbank und regionale Entwicklungsbanken übernehmen. Der IWF muss sich hingegen darauf konzentrieren, die vorbeugende und begleitende makroökonomische Beobachtung und die schnelle Hilfe bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten zu gewährleisten. Dadurch können auch die wirtschaftspolitischen Auflagen auf wenige Kernpunkte konzentriert werden, was der Tendenz zur Überfrachtung von Programmen mit Bedingungen entgegenwirkt. Umgekehrt sollte die Weltbank sich von der kurzfristigen Finanzierung von Krisenpaketen zurückziehen. Es ist nach Wegen zu suchen, die „Armutslinderungs- und Wachstumsfazilität“ (PRGF) an die Weltbank zu übertragen. Dabei bleiben aber alle Länder grundsätzlich zugangsberechtigt zu IWF-Beistandsmitteln, soweit der konkrete Fall in das Spektrum der neu definierten IWF-Aufgaben fällt.

5.   Der IWF muss einen universellen Charakter und eine universelle Rolle als zentrale internationale Institution auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Währungspolitik innehaben. Deshalb sollte der IWF auch zukünftig für alle Mitglieder bei makroökonomischen Problemen tätig werden können. Ein expliziter Ausschluss von bestimmten Entwicklungsländern aus dem Empfängerkreis des IWF ist mit dem kooperativen Grundgedanken des Währungsfonds nicht vereinbar. Ein Wegfall des „IWF-Schirms“ für viele Entwicklungsländer könnte hingegen negative Auswirkungen auf die Liberalisierung des Handels- und des Kapitalverkehrs haben. Ein enger Informationsaustausch mit der Weltbank ist dabei notwendig.

6.   Der IWF muss bei der Bewältigung von Finanzkrisen den Privatsektor stärker als bisher mit einbeziehen. Eine leichtsinnige, teilweise durch die Politik ermunterte Kreditvergabe an Länder im Vertrauen auf die „bail-out“-Rolle des IWF muss der Vergangenheit angehören.

7.   Der IWF muss die Sicherheitsvorkehrungen gegen einen Missbrauch seiner Mittel und seiner institutionellen Bedingungen verbessern. Es ist zu begrüßen, dass die Jahresabschlüsse der Zentralbanken durch den IWF veröffentlicht werden sollen. Bei der geplanten institutionalisierten Erfolgskontrolle muss vermieden werden, dass Fehlentwicklungen und falsche Informationen aus bestimmten Ländern aus politischen Gründen beschönigt werden. Es ist auch zu vermeiden, dass bestimmten Ländern aus politischen Gründen ein Grad an Marktwirtschaftlichkeit und Rechtstaatlichkeit bescheinigt wird, der durch Tatsachen nicht gedeckt wird.

Gendergerechte Haushalte

Die Empfehlungen zu so genannten geschlechtergerechten Haushalten werden strikt abgelehnt. Sie bedeutet im Ergebnis, eine gigantische Bürokratie einzuführen, die zum Teil zu absurden Ergebnissen führen und insbesondere Administrationen in Entwicklungsländern, aber auch in In­ dustrieländern auf lokaler und regionaler Ebene restlos überfordern dürfte. In der Sache sind die Empfehlungen nicht hilfreich und vollkommen unpraktikabel. Es ist völlig unklar, was eigentlich als „gendergerechte“ Haushalt berechnet und wie ein breiter Konsultationsprozess mit der Zivilgesellschaft etwa auf lokaler Ebene überhaupt durchgeführt werden soll. Was ist unter einer „disaggregierten geschlechtsspezifischen Datenerhebung auf allen Sektoren“ zu verstehen? Was verbirgt sich hinter „geschlechtsspezifischen Budgetinitiativen“ und „gendersensitiven Trainings” für Mitarbeiter von Verwaltungen?

Ethische Investments

Die Empfehlungen der Enquete-Mehrheit zu ethischen Investments werden von der FDP abgelehnt. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn sog. ethische Fonds im Wettstreit mit konventionellen um die Anleger eintreten und bei ihrer Aufklärungsarbeit von politischer Seite kommunikative Unterstützung erhalten. Abzulehnen ist aber, wenn der Staat nach den Ethikvorstellungen bestimmter Lobby-Gruppen staatliche Förderprämien staffelt. Eine „moralische Diktatur“ durch bestimmte Gruppen in offenen Gesellschaften wird von der FDP nicht unterstützt.

Entwicklungshilfe

Die Forderung nach einer gewaltigen Aufstockung des öffentlichen Entwicklungshilfebudgets ist real kaum umsetzbar. Die FDP empfiehlt stattdessen, dass die Enquete-Kommission das Bundesfinanzministerium auffordert, finanzielle Auswirkungen einer Anhebung der Mittel für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens (nicht des BSP) zu beziffern. Nach grober Schätzung verlangt die Enquete-Mehrheit Mehrausgaben für öffentliche Entwicklungshilfe bis spätestens 2004–2006 von jährlich 1,2 Mrd. , mittelfristig von 8,9 Mrd. und langfristig von 15,1 Mrd. pro Jahr, legt man das nominale BIP von 2001 zugrunde!

11.2.2.2.4  Offene Fragen

Die Diskussion um das Verhältnis zwischen der so genannten realen und der monetären Ökonomie ist seit Jahrzehnten ein Kernthema der makroökonomischen Forschung. Eine Bundestagsenquete wird hier keine weitere Klärung leisten können, so dass sie dieses Thema der Wissenschaft überlassen und sich auf die Rezeption der wichtigsten Forschungsergebnisse beschränken sollte.

Zwar sind die Folgen der japanischen Bankenkrise für die Weltwirtschaft möglicherweise beträchtlich, die Krise selbst hat aber nichts mit der Globalisierung zu tun, sondern geht auf spezifisch japanische Ursachen zurück. Sie sollte deshalb außer Betracht bleiben.

Fraglich ist, was unter dem Thema „Europäischer Finanzmarkt und Währungsunion“ zu verstehen sein soll.

Die Frage der Allfinanzaufsicht und ihrer Ansiedlung auf europäischer oder internationaler Ebene sowie ihre vertikale Gliederung sind in der Tat wichtige Themen. Sie sollten auch politisch erörtert werden, eignen sich aber auf    grund ihres relativ kurzfristigen Entscheidungsbedarfs nicht als Gegenstand für eine Bundestagsenquete.




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