*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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11.2.2.6     Arbeitsmärkte (Kapitel 4 des Abschlussberichts)

Die FDP unterstützt ausdrücklich die Darstellung im Enquete-Abschlussbericht, dass für das außerordentlich schlechte Abschneiden Deutschlands in der Beschäftigungspolitik im internationalen Vergleich nicht die Globalisierung verantwortlich zu machen ist. Vielmehr sind die Ursachen hierfür auf nationale Umstände zurückzuführen. Es ist aber zugleich die Frage zu stellen, warum in den Endbericht der Globalisierungs-Enquete langatmige Ausführungen zur Arbeitsmarktpolitik aufgenommen worden sind. Mit Formelkompromissen lässt sich der Gegensatz zwischen Flexibilisierung und traditionellen, gewerkschaftlich geprägten Ansätzen zur Abschottung nicht widerspiegeln. Sinnvoller wäre es gewesen, in den Text nur solche Passagen aufzunehmen, die einen nachvollziehbaren Bezug zur Globalisierung aufweisen. Über die Diagnose, dass es auf dem deutschen Arbeitsmarkt einen erheblichen Strukturwandel gibt, der sich in struktureller Arbeitslosigkeit äußert, besteht Einigkeit; nicht aber im Hinblick auf die Ursachen und darauf aufbauend die Therapie. So fehlt bei der Ursachenaufzählung für die strukturelle Arbeitslosigkeit das rigide deutsche Arbeitsrecht und die Rolle der Tarifkartelle. Nicht akzeptabel ist, dass die Mehrheit in der Enquête von einer ruinösen Standortkonkurrenz ausgeht, die zur Erosion des Sozialstaates führt und durch ein internationales Sozialstaatskartell eingedämmt werden soll. Hingegen steht aus liberaler Sicht in jedem demokratisch verfassten Staat regelmäßig ein Bündel aus öffentlichen Abgaben und öffentlichen Angeboten zur Wahl und sollen die Bürger regelmäßig selbstverantwortlich über das aus ihrer Sicht gewünschte Bündel entscheiden können. Die größere internationale Transparenz erhöht für den Wahlbürger die Vergleichsmöglichkeiten und kann dazu führen, dass es der politischen Klasse schwerer fällt, bestimmten Interessengruppen in einer Volkswirtschaft einseitig Sondervorteile in sozial verbrämter Form zuzuschanzen. Es bleibt überdies vollkommen offen, wie die Mehrheit in der Enquete das institutionelle Gefüge des Sozialstaates unabhängiger von    möglichen Wanderungen der mobilen Produktionsfaktoren zu machen gedenkt. Schließlich ist der deutsche Sozialstaat auch weniger durch die Globalisierung als vielmehr durch das Überborden kollektiver Sicherungssysteme und des Umlagefinanzierungsprinzips sowie durch die Überlastung der sozialen Sicherungssysteme mit den Folgen der deutschen Einheit belastet. Diese Faktoren werden durch Integration von Volkswirtschaften zwar stärker betont, sind aber dem Grund nach hausgemacht.

Die Problemanalyse, die für Deutschland eine relativ hohe Abgabenbelastung, eine hohe strukturelle Arbeitslosigkeit, große Unterschiede in den institutionellen Bedingungen einzelner marktwirtschaftlich verfasster Länder oder die hohe Anpassungsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft anspricht, wird insgesamt geteilt. Inakzeptabel ist dagegen der Ansatz, durch eine neu konzipierte Politik der Arbeitszeitverkürzung ein angeblich gegebenes gesamtwirtschaftliches Arbeitsvolumen einfach umzuverteilen. Ein exogenes, gesamtwirtschaftliches Arbeitsplatzdefizit existiert nicht so, wie es die Mehrheit in der Enquete angenommen hat. Unzutreffend ist auch, dass die angeblich ursprünglich vorhandene soziale Balance zwischen den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital durch die Globalisierung der Kapitalmärkte gestört und jetzt wieder herzustellen sei. Vielmehr sind veränderte relative Knappheiten zu konstatieren, die nicht schlicht Arbeit auf der einen Seite und Kapital auf der anderen Seite betreffen, sondern bei unterschiedlichen Qualifikationen innerhalb des Arbeitsangebots zu entsprechenden Verschiebungen führen und auch bestimmte Kapitalbestände – man denke nur an das schnelle Veralten von Mikroprozessoren oder auch an Stahlwerke – permanent neu bewerten. Deswegen ist diese Betrachtung viel zu schlicht.

Es ist auch ein Missverständnis, eine auf Währungsstabilität verpflichtete europäische Geldpolitik zum Hemmschuh für eine erfolgreiche Beschäftigungspolitik zu erklären. Es entspricht vielmehr liberalem Verständnis, das Vertrauen in eine stabile Währung als eine Voraussetzung für einen stetigen Wachstumsprozess anzusehen. Insoweit verstößt die europäische Geldpolitik keineswegs gegen das Beschäftigungsziel, wenn sie sich um die Stabilität einer Währung bemüht.

Ebensowenig akzeptabel ist es, wenn Bildungs- und Qualifizierungspolitik und die Schaffung von Niedriglohnarbeitsplätzen in einen gewissen Gegensatz gerückt werden, wobei ein Niedriglohnsektor als „Notlösung“ apostrophiert wird. Aus liberaler Sicht sind beide Wege nebeneinander zu verfolgen. Es kann nicht ein Weg als der in jeder Hinsicht zu bevorzugende gesehen werden. Auch hier wird wieder ein gesamtwirtschaftliches Arbeitsplatzdefizit behauptet, das zwar unter den Bedingungen eines dirigistisch geregelten Arbeitsmarktes in Deutschland z.Z. de facto besteht, aber keine naturgesetzliche Gegebenheit ist.

Abzulehnen sind auch die im Bericht enthaltenen Vorschläge, die Unternehmen zu Fünfjahres-Weiterbildungsplänen zu verplichten, über die auch noch regelmäßig berichtet werden müsste.

Das angeblich gesamtwirtschaftliche Arbeitsplatzdefizit, das die Mehrheit der Enquete ausmacht, sowie die völlig unklare „beschäftigungsorientierte makroökonomische Stabilisierungspolitik“ werden aus konzeptionellen Gründen abgelehnt. Das „gesamtwirtschaftliche Arbeitsplatzdefizit“ und die daraus abgeleitete dirigistische Umverteilung sind falsche und zu schematische Konzepte. Die Vorschläge der Enquete zur internationalen Kooperation sind nicht akzeptabel, da sie im Kern auf ein Ersetzen des nationalen durch ein internationales Kartell zwischen Staatsbürokratien hinauslaufen. Diese sollen Mindestsozialleistungsquoten und weitere Sozialstandards durchsetzen, was einem freiheitlichen Ansatz in der Wirtschaftspolitik elementar zuwiderläuft. Geradezu absurd ist in diesem Zusammenhang das „Standortdumping“ als neuer Begriff, der eine ganz neue Dimension des sozialdemokratischen Werteimperialismus einführt. Eine kartellierte, „harmonisierte Wirtschaftspolitik in der EU“ setzt die liberale Position eine Wahlfreiheit der geeigneten wirtschaftspolitischen Strategien und das Subsidaritätsprinzip innerhalb eines gemeinsamen Rahmens entgegen.

Für die gesellschaftliche und ökonomische Fortentwicklung unseres Staates hat die Sozialpolitik eine Schlüsselstellung inne: Die Sozialausgaben machen mehr als ein Drittel des gesamten Bundeshaushalts aus. Die großen gesetzlich geregelten Sicherungssysteme Renten-, Kranken-, Pflege und Arbeitslosenversicherung sind in ihrer derzeitigen Form nicht zukunftsfähig. Auf dem Arbeitsmarkt ist das Problem der Arbeitslosigkeit drängender denn je. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

–    Auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind insbesondere im Niedriglohnsektor die Löhne schneller gestiegen als die Produktivität. Steuern und Sozialabgaben belasten geringe Verdienste so hoch, so dass sich für bestimmte Lohngruppen die Arbeitsaufnahme nicht mehr lohnt. Lohnersatzleistungen fallen im internationalen Vergleich sehr hoch aus und werden vergleichsweise lange gewährleistet. Die Zahl der Arbeitslosen geht selbst in Boom-Phasen kaum zurück. Für die Gesellschaft, für den Staat ist ein solcher Zustand unerträglich. Es ist nicht zu akzeptieren, dass offiziell über 4 Millionen Menschen, in Wirklichkeit sind es weit mehr, unter den gegebenen Bedingungen offenbar nicht in der Lage sind, den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu verdienen. Nicht zu akzeptieren ist es aber auch, weil mit jedem arbeitslosen Menschen kreatives Potenzial und Arbeitskraft brach liegen.

–    Durch längere durchschnittliche Lebenserwartung und sinkende Geburtenraten steigt der Anteil der älteren Menschen in der Gesellschaft. Ab dem Jahr 2030 wird es in Deutschland voraussichtlich genauso viele Rentner wie Erwerbstätige geben. Dies bedeutet konkret, dass dann ein Familienvater erst einmal mit Beiträgen und Steuern einen fremden Rentner ernähren müsste, bevor er sich den Unterhalt seiner eigenen Kinder leisten könnte.

–    Die sozialen Sicherungssysteme basieren auf der Vorstellung des abhängig beschäftigten Arbeitnehmers, womöglich lebenslang im selben Unternehmen angestellt. An seine Stelle tritt aber zunehmend der selbst­    ständige und projektbezogen arbeitende Dienstleister, der den Arbeitsplatz häufiger wechselt und auch für eine gewisse Zeit ohne Beschäftigung sein kann – sei es um sich fortzubilden, sei es um Kinder zu erziehen oder einen neuen Job zu suchen.

Das Volumen der Schattenwirtschaft in Deutschland steigt von 2001 auf 2002 um rund 6,2 Prozent auf rd. 350Mrd. (Prof. Schneider; IAW, Tübingen). Dieses Wachstum der Schattenwirtschaft übersteigt das prognos­ tizierte Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von rd. 1Prozent für das Jahr 2002 um das Sechsfache – während sie in vielen anderen OECD-Ländern stagniert oder gar rückläufig ist. Der Anteil der Schwarzarbeit beträgt rd. 17Prozent des Bruttoinlandsprodukts, also der im Inland erbrachten wirtschaftlichen Leistung. Zu hohe Steuern und Beiträge für die sozialen Sicherungssystemen belasten den Faktor Arbeit und verstärken die Schattenwirtschaft. Bürger und Wirtschaft sehen offensichtlich das gesamte System der Steuern und Abgaben als nicht mehr hinnehmbar an. Gleichermaßen gilt dies für das Ausmaß staatlicher Regulierungen sowie Fehlanreize bei den steuerfinanzierten Sozialleistungen wie etwa die Sozialhilfe.

Für die FDP gibt es auf diese Herausforderungen eine wesentliche Antwort: Für eine erfolgreiche Sozialpolitik im 21. Jahrhundert müssen die liberalen Grundwerte Freiheit und Chancengleichheit an erster Stelle stehen. Der Staat hat die Voraussetzungen zu schaffen, dass jeder Mensch so weit wie möglich selbst für sich und seine Angehörigen sorgen kann. Und er muss all’ diejenigen wirksam unterstützen, die dazu nicht in der Lage sind. An erster Stelle steht die Eigenverantwortung der Menschen. Denn mit mehr Gestaltungsfreiheit, mit mehr Eigenverantwortung steht der Bürger nicht nur finanziell deutlich besser da als mit kollektiven Transfersystemen.

Eine durchgreifende Steuerreform muss die Steuertarife weiter deutlich senken, eine Reform der sozialen Sicherungssysteme die Beitragslast reduzieren und eine Reform des Arbeitsmarktes und der Tarifordnung die institutionellen Barrieren abbauen. Nur wenn die Bürger den nötigen Spielraum haben, können sie ihre persönlichen Angelegenheiten wieder selbst in die Hand nehmen. Das gesamte Sozial- und Transfersystem muss transparenter werden. Die Bürger müssen sehen können, was wofür ausgegeben und wie es finanziert wird.

Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht

Der deutsche Arbeitsmarkt leidet vor allem unter strukturellen Defiziten und seiner inflexiblen Regulierung. Es ist hohe Zeit, das Arbeits- und Tarifrecht zu ändern: Der gesetzliche Kündigungsschutz sollte erst in Betrieben ab 20Arbeitnehmer gelten. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer sollen beim Abschlusses eines Arbeitsvertrages selbst entscheiden können, ob sie entweder Kündigungsschutz im Sinne des § 1 Kündigungsschutzgesetz oder aber im Fall arbeitgeberseitiger Kündigung eine festgeschriebene Abfindung oder eine Qualifizierungsabrede vereinbaren wollen. Gerade eine Qualifizierungsabrede könnte dem Arbeitnehmer die Möglichkeit bieten, durch dauernde Qualifizierungsmaßnahmen seine Fähigkeiten und Kenntnisse zu mehren. Die durch den rigiden Kündigungsschutz im deutschen Arbeitsrecht bestehende Einstellungsschwelle muss auch durch Erleichterungen bei befristeten Arbeitsverträgen gesenkt werden. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz hat hierbei neue bürokratische Hürden geschaffen. Es muss eine Möglichkeit geschaffen werden, alle Befristungen ohne sachlichen Grund auf vier Jahre (von jetzt zwei) zu erhöhen.

Die Betriebe in Deutschland benötigen dringend eine wirklich zukunftsfähige, mittelstandsfreundliche Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Dazu gehört die Schwellenwerte so zu gestalten, dass insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe von unnötigen Kosten und bürokratischen Belastungen freigestellt werden. Die FDP hat einen umfassenden Antrag vorgelegt, der insbesondere die Betriebsautonomie stärken und durch Öffnungsklausel in der Betriebsverfassung ermöglicht, dass jeder Betrieb sich seine und auf ihn und seine Bedürfnisse zugeschnittene Betriebsverfassung geben kann.

Die FDP schlägt vor, zur Legalisierung betrieblicher Bündnisse für Arbeit den Betriebsparteien die Möglichkeit einzuräumen durch Vereinbarung einer Arbeitsplatzsicherungsabrede gegen eine Abweichung vom Tarifvertrag Arbeitsplätze zu erhalten oder neue zu schaffen. Diese Regelung wird durch eine klarstellende Ergänzung des tarifvertraglichen Günstigkeitsprinzips erreicht. Die Arbeitnehmer werden durch die Möglichkeit der Kündigung einer solchen Sicherungsabrede geschützt. Das deutsche Tarifrecht ist dringend reformbedürftig. Die FDP schlägt vor insbesondere durch gesetzliche Öffnungsklauseln in § 77 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz die Verantwortung der Betriebsparteien auch über die Vereinbarung von Arbeitszeit- und Löhnen, dort wo es sinnvoll und nötig ist, zu ermöglichen.

Die FDP schlägt die Abschaffung des Synchronisationsverbotes und des Verbots befristeter Leiharbeitsverhältnisse vor. Die Höchstdauer der zulässigen Arbeitnehmerüberlassung wird auf 36 Monate verlängert, um z.B. Erziehungsurlaub mit einem Zeitarbeitnehmer zu überbrücken. Im Mittelstand sollte Arbeitnehmerüberlassung zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassung ohne die aufwendige Anzeigepflicht bei den Arbeitsämtern möglich sein.

Die FDP fordert substantielle Reformen im Niedriglohnsektor, d.h. für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse die Schwelle, von der an die volle Steuer- und Abgabenpflicht greift, von 325 auf 630 (1232 DM) zu erhöhen und zur Pauschalversteuerung in Höhe des Eingangssatzes der Einkommensteuer zurückzukehren. Die FDP will Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt. Daher plädieren wir für eine wirksame und effiziente Arbeitsmarktpolitik sowie für eine grundlegend neue Organisation der Arbeitsmarktpolitik. Alle arbeitsmarktpolitischen Programme müssen auf Umfang, Wirtschaftlichkeit und Effizienz überprüft werden. In der Arbeitslosenversicherung muss wieder ein strenges Versicherungsprinzip zur Geltung kommen; versicherungsfremde Leistungen müssen ggf. aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die aktive Arbeitsmarktpolitik, etwa Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, muss gestrafft werden. Die Arbeitsmarktpolitik    wird durch eine nachgeordnete Bundesbehörde durchgeführt, da arbeitsmarktpolitische Maßnahmen als allgemein sozialpolitische Leistungen ohnehin stärker aus dem Steuerhaushalt zu vergeben und zu kontrollieren sind. Die Vermittlung und Beratung von Arbeitsuchenden muss neu organisiert und soweit wie möglich privatisiert werden. Die Arbeitsvermittlung muss mittelfristig durch eine Versicherungsanstalt organisiert werden, die dazu Vermittlungsgutscheine ausgibt.

Sozialhilfe

Die Sozialhilfe muss so ausgestaltet werden, dass sie einerseits den tatsächlich Bedürftigen ein Leben in Würde ermöglicht, andererseits aber zugleich die Selbständigkeit aller Hilfeempfänger stärkt und den Leistungsmissbrauch vermeiden hilft. Es darf nicht sein, dass die subsidiäre Hilfegewährung eine ‘Kultur der Unselbständigkeit’ hervorbringt. Im derzeitigen Transfersystem lohnt es sich aber für viele arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger nicht, eine Arbeit anzunehmen, weil der Verdienst niedriger wäre als die Sozialhilfe. In unseren Anträgen plädieren wir für eine beschäftigungsorientierte und aktivierende Sozialpolitik, für eine Reintegration von Sozialhilfeempfängern in den Arbeitsmarkt, und für eine sinnvolle Zusammenfassung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe.

In einem ersten Schritt zum Bürgergeld gleich bekommen erwerbsfähige Personen eine niedrigere Grundversorgung als heute, erhalten aber Zuschläge, wenn sie eine Arbeit aufnehmen. Außerdem wird hinzu verdientes Einkommen weniger stark als bisher auf die Höhe der Sozialhilfe angerechnet. So können arbeitsfähige Transferempfänger mit wenigen Stunden Arbeit das heutige Sicherungsniveau erreichen und mit wachsender Erwerbstätigkeit sogar übertreffen. Personen, die Erwerbsarbeit nicht leisten können, erhalten das heutige Niveau garantiert. In der Sozialhilfe muss wieder das Prinzip von Leistung und Gegenleistung durchgesetzt werden: Wenn jemand gesund und arbeitsfähig ist und keine Kinder oder pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, dann ist es ihm zuzumuten, dass er für das, was er erhält, auch eine Gegenleistung erbringt. Die beiden steuerfinanzierten Unterhaltssysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sind zusammenführen und den Gemeinden ein faires Angebot zur besseren Finanzierung der Zusatzlasten zu machen.

Altersversorgung

Eine seriöse Rentenpolitik ermöglicht den Rentnern eine angemessene Altersvorsorge, ohne die Arbeitnehmer durch zu hohe Beiträge zu überfordern oder zukünftigen Generationen einen Schuldenberg zu hinterlassen. Die Rentenreform 2001 ist mit unzureichender Generationengerechtigkeit, mangelnder Beitragssatzstabilität, fehlender Steuerbefreiung aller Vorsorgebeiträge und einer zu komplizierten Ausgestaltung der Anlagekriterien in der praktischen Ausgestaltung mißlungen. Die FDP spricht sich dafür aus, dass als wesentliches Kriterium für die geförderte Vorsorge eine praktikable Zweckbestimmung für die Altersvorsorge ausreicht. Es muss ein echter Wettbewerb aller Anbieter gewährleistet sein, ein vererbbarer Kapitalstock gebildet werden können und die angebotenen privaten Altersvorsorgeprodukte bestimmten Mindeststandards genügen. Der Bürger muss bei der Auszahlung Wahlfreiheit je nach seinen individuellen Bedürfnissen haben: Er muss entscheiden können, ob er z. B. eine Verrentung, einen lebenslangen Auszahlungsplan in abnehmenden oder steigenden Raten wählt oder sich einen Platz in einem Alten- oder Pflegeheim sichern will. Auch das Sparen zum Aufbau von Wohneigentum muss als Vorsorgeform in praktikabler Weise anerkannt werden. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie zur privaten Altersvorsorge müssen auf einem vertretbaren Maß gehalten und der Anteil der privaten kapitalgedeckten Eigenvorsorge deutlich gestärkt werden. Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung müssen sorgfältig überprüft und die Lebensarbeitszeit muss besser ausgeschöpft werden.

11.2.2.6.1  Offene Fragen

Die Diskussion um die Abgrenzung und die Zukunft der so genannten „Daseinsvorsorge“ ist nicht globalisierungsrelevant und im übrigen zum Beispiel auf europäischer Ebene in den dafür geeigneten politischen Gremien intensiv geführt.

Es ist nicht zielführend, zu versuchen, ruinösen Steuerwettbewerb konkret von produktivem Steuerwettbewerb abzugrenzen. Die Abgrenzung im Detail bleibt dem politischen Ermessen überlassen.

Welche ergänzenden Themen auf der internationalen Ebene in der Arbeitsgruppe „Arbeitsmärkte“ aufgenommen werden sollen, ist nicht ersichtlich.




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