2.4.2.2 Regulierung von
Marktplätzen und Marktakteuren
Offshore
Zentren: weitgehend unregulierte Marktplätze
Kein Markt existiert ohne Regulation, die
sich in zum Teil langer Tradition zu einem systemischen, flexiblen
Ordnungsrahmen ausgebildet hat. Aus der Geschichte resultieren
nationalstaatliche Unterschiede, auch die bereits erwähnten
unterschiedlichen „Wirtschaftsstile“, z.B. des
„rheinischen“ oder „atlantischen“ und
„asiatischen“ Kapitalismus.
Doch gibt es auf den globalisierten
Finanzmärkten auch Gebiete, auf denen bestimmte, auch
allgemein verbindliche Regeln (etwa zur Verhinderung von
Geldwäsche) nicht gelten. Dies ist bei einigen Offshore
Finanzzentren (OFC) der Fall. Hier handelt es sich um
„Marktplätze“, auf denen beispielsweise
Qualitätskriterien für die Zulassung zu
Finanzgeschäften fehlen, Steuern gering sind oder
überhaupt nicht erhoben werden, die Transparenz des
Geschäftsgebarens von Unternehmen fehlt und die Kooperation
mit anderen Ländern nicht gesucht oder gar verweigert wird.
Durch die Liberalisierung des Kapitalverkehrs ist die Rolle der gut
50 Offshore-Zentren gewachsen. Sie sind in den 90er Jahren
zunehmend zu den Geschäftssitzen von Spekulationsfonds (die
ihr Engagement auf diese Weise verdunkeln konnten), zum Ziel
für Steuerflüchtige aller Länder sowie zum
Umschlagplatz und zu Waschanstalten „schmutzigen“
Geldes in einem Ausmaß geworden, dass die Integrität des
globalen Finanzsystems insgesamt gefährdet ist.
Inzwischen hat die OECD auch im Zusammenhang
mit den Empfehlungen des FSF die Einhaltung bestimmter Regeln
seitens der OFC verlangt und Kooperation angemahnt.
Nicht-kooperative OFC sollen mit Sanktionen belegt werden.
Daraufhin haben einige der als Offshore Zen tren deklarierten
„Special Jurisdictions“ ihre Kooperation zugesagt,
andere haben nicht reagiert. Ein Problem im Zusammenhang der
Regelung der OFC ist der Sachverhalt, dass Special Jurisdictions
auch in den großen Finanzzen tren New York, Tokio,
London, Bangkok, auf den britischen Kanalinseln, in den USA (Virgin
Islands, Puerto Rico oder Delaware und Montana), in Israel oder
Russ land zu finden sind.
Fonds mit großer Hebelwirkung
Insbesondere bei
der Umstellung der umlagefinanzierten Rentensysteme auf
kapitalgedeckte Rentensysteme und bei der zunehmenden Bedeutung von
Investmentfonds auch für kleine Anleger stellt sich die Frage
nach der Regulierung. Zu den
Hedge-Fonds hat sich das FSF dezidiert geäußert und
Regeln vorgeschlagen, um „non-prudential“ Verhalten von
Fonds-Managern zu unterbinden. Anlass war der Beinahe-Zusammenbruch
des Longterm Capital Management-Fonds (LTCM) im September 1998. Der
Fall des „Systemrisikos“ für das globale
Finanzsystem wäre beinahe eingetreten.
Immer wieder wird
auf die Notwendigkeit einer funktionierenden Banken-, Börsen-
und Versicherungsaufsicht verwiesen, da sich, im Gegensatz zu den
global operierenden Akteuren auf den Märkten, die
Aufsichtsorgane im Wesentlichen noch immer auf die nationale Ebene
beziehen (und beschränken müssen), obwohl die
Finanztransaktionen globale Reichweite besitzen. Die
nationalstaatlichen Regeln sind sehr verschieden, so dass das
Problem der Regulierungsarbitrage entstehen kann. Vom IWF (2002: 3)
wird dieses als potenziell gefährlich für die finanzielle
Stabilität eingeschätzt, da Gewinne nicht aufgrund
besserer Informationsnutzung auf transparenten Märkten sondern
durch Mitnahme von Gelegenheiten infolge regulatorischer
Unterschiede erzielt werden.
1985 wurde
vereinbart, dass auch Auslandsaktivitäten der Banken
angemessen beaufsichtigt werden sollten. 1988 legte die Baseler
Eigenkapitalvereinbarung fest, dass – je nach Risiko
gewichteten – Forderungen von Banken zur Sicherung des
Ausfallrisikos mit acht Prozent Eigenkapital unterlegt werden
müssen. Diese rechtlich zunächst unverbindliche
Empfehlung („Soft Law“) ist in der Folge in den
OECD-Ländern in die nationale Gesetzgebung eingegangen und
1989 von der EU in eine verbindliche Richtlinie umgesetzt
worden.
Gegenwärtig
wird ein Reformvorschlag („Basel II“) diskutiert, der
erstens vorsieht, neben einem externen Rating auch interne
Ratingmodelle zuzulassen und der so den unterschiedlichen
Traditionen der ökonomischen Regulation in verschiedenen
„Finanzkulturen“Rechnung trägt. Zweitens wird die
Risikogewichtung für bestimmte Forderungen verändert
(z.B. werden die Risiken von Derivaten höher bewertet) und
damit auch die Unterlegung der Ausleihungen mit Eigenkapital
(Deutsche Bundesbank 2001b). Problematisch ist die im Vergleich zu
langfristigen Bindungen geringere Risikogewichtung kurzfristiger
Anlagen; dadurch kann entgegen der Absicht die Volatilität der
Kapitalbewegungen erhöht werden.
Der zu erwartende
Bedeutungszuwachs der Rating-Agenturen ist nicht unproblematisch.
Denn die überwiegende Zahl der Rating-Agencies sind
US-amerikanischen Ursprungs. Obendrein hat sich im Verlauf der
jüngsten Finanzkrisen gezeigt, dass Rating-Agenturen mit ihren
Einschätzungen nicht immer richtig liegen, aber mit ihrer
Analysten-Autorität Herdenverhalten auslösen
können.
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