*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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4.2.2.1    Ein überregulierter Arbeitsmarkt?

Eine auch international weit verbreitete wissenschaftliche Position sieht die Hauptursache der ungünstigen Beschäftigungsentwicklung hierzulande in den „Rigiditäten“ des Arbeitsmarktes (vgl. z.B. Siebert 1997, Berthold 2002).    Seit Jahren schließt sich auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung tendenziell dieser Diagnose an (vgl. Jahresgutachten 2001/ 2002, Ziffer 319). Es wird also vermutet, dass die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes, Angebot und Nachfrage zur Deckung zu bringen, durch institutionelle Regelungen beeinträchtigt sei. Ohne diese Beeinträchtigung würden die Löhne – unter Einbeziehung aller anderen Arbeitskosten und selbstverständlich regional, branchen- und berufs­ spezifisch – so weit nach oben und unten differieren, dass Arbeitslosigkeit bis auf eine unvermeidbare Übergangs- oder Sucharbeitslosigkeit verschwinden würde.

Solche Störungen des Marktmechanismus werden z.B. in der Festlegung der Löhne durch Kollektivverträge gesehen, sowie in der zu geringen Lohnspreizung, in Kündigungsschutzbestimmungen, in der begrenzten Möglichkeit, Arbeitsverträge zu befristen, sowie in unflexiblen Arbeitszeitregelungen. Auch in zu hohen Geldleistungen bei Arbeitslosigkeit, welche die Motivation von Arbeitslosen beeinträchtigen, eine neue Arbeit anzunehmen, sieht man eine solche Rigidität, ebenso in der herkömmlichen aktiven Arbeitsmarktpolitik und in den Mitspracherechten von Betriebsräten. In der Summe, so die These, hätten diese Regulationen, zusammen mit der hohen Abgabenbelastung der Unternehmen und der Arbeitnehmer, zu wesentlichen Teilen die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit verursacht. Demgegenüber seien die Arbeitsmarkterfolge in den USA und in Großbritannien nicht zuletzt daraus zu erklären, dass dort solche Rigiditäten abgebaut worden seien.

Quantifizierbare empirische Tests für diese Rigiditätstheorie der Beschäftigung fehlen allerdings in der Regel. Eine Studie, die in einem internationalen Vergleich genau diesen Zusammenhang untersucht, kommt vielmehr zu dem Ergebnis, dass mit Arbeitsmarktrigiditäten weder die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in der Zeit noch Unterschiede der Arbeitslosigkeit zwischen Ländern erklärt werden können (Nickell 1997, OECD 1999b: 49-90).




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