*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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   4.7.1       Koordinierte Makropolitik in der Europäischen Union

4.7.1.1    Überblick über die Beschäftigungs-initiativen in der Europäischen Union

Bis in die späten 90er Jahre wurde Beschäftigungspolitik nicht als gemeinsamer Gegenstand europäischer Politik verstanden. Einzige Ausnahme war das Weißbuch „Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung“ (1993) der damaligen EU-Kommission unter Vorsitz von Präsident Jacques Delors (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 1994). Das Weißbuch enthielt eine breite Palette von Vorschlägen zur Verbesserung der Beschäftigungslage in der Europäischen Union. Die Initiative der Europä­ ischen Kommission blieb zunächst folgenlos, da die Auffassung dominierte, Beschäftigungspolitik sei ausschließlich Angelegenheit der Mitgliedsländer.

Die Wende erfolgte dann 1997. Auf der Tagung des Europäischen Rates in Amsterdam wurde zum einen die Einführung eines Beschäftigungskapitels in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beschlossen. Dies war eine klare Aufwertung der Beschäftigungspolitik als „Angelegenheit von gemeinsamem Interesse“. Nach der neugefassten Vertragsbestimmung ist es nunmehr u.a. Aufgabe der Gemeinschaft, „ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen sowie den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten“ zu fördern. Eine „koordinierte Beschäftigungsstrategie“ soll entwickelt werden, um die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten in ihrer Wirksamkeit zu verstärken. Gleichzeitig wurde noch für das gleiche Jahr 1997 ein Sondergipfel des europäischen Rates unter luxemburgischem Vorsitz verabredet. Auf dem Gipfel in Luxemburg einigte man sich dahingehend, dass nunmehr jährlich gemeinsame „beschäftigungspolitische Leitlinien“ als Grundlage für „nationale Aktionspläne“ verabschiedet werden sollten. Diese wiederum werden regelmäßig auf europäischer Ebene verglichen und auf ihre Wirksamkeit überprüft. Diese Leitlinien haben für die Mitgliedsländer nur einen unverbindlichen Charakter. Für eine europäische Beschäftigungspolitik wird allerdings kein Geld zur Verfügung gestellt. Einzige Ausnahme ist die Begleit- und Vergleichsforschung.

Ein zweiter wichtiger Schritt war dann – unter deutschem Vorsitz – der Kölner Gipfel des Europäischen Rates im Jahr 1999. Im Mittelpunkt standen der „Europäische Beschäftigungspakt“ sowie die Verabschiedung eines „makroökonomischen Dialogs“. Damit gerieten auch gesamtökonomische Aspekte in das Blickfeld gemeinsamer Aktivitäten. Der „makroökonomische Dialog“ soll nach dem Verständnis der Bundesregierung über ein „harmonisches Zusammenwirken von Lohn-, Geld- und Fiskalpolitik“ (wachstums- und stabilitätsorientierter Policy-Mix) die makroökonomischen Voraussetzungen für einen dauerhaften, dynamischen Wachstums- und Beschäftigungsprozess verbessern. Im „makroökonomischen Dialog“ tauschen sich Vertreter der EZB sowie der Sozialpartner unter voller Wahrung ihrer Autonomie und Unabhängigkeit mit Rat und Kommission regelmäßig darüber aus, welchen Beitrag sie für ein dynamisches nichtinflationäres Wachstum und mehr Beschäftigung leisten können und welche Erwartungen sie dabei an die jeweils anderen makroökonomischen Akteure haben. Der „makroökonomische Dialog“ verabschiedet weder Schlussfolgerungen noch Empfehlungen. Seine Erörterungen sind unverbindlich.

Eine dritte wichtige beschäftigunsgpolitische Etappe war der Sondergipfel des Europäischen Rates von Lissabon im März 2000. Der Rat beschloss als Fernziel, innerhalb von zehn Jahren die Vollbeschäftigung in der Europäischen Union anzustreben. Damit wurde ein Begriff zum Schlüsselbegriff europäischer Politik, der seit den 80er Jahren in offiziellen Dokumenten der Europäischen Union strikt vermieden wurde. Das Vollbeschäftigungsziel sollte – so die zentrale Forderung des Europäischen Rates in Lissabon – im Wesentlichen durch jährliche Wachstumsraten von durchschnittlich drei Prozent erreicht werden.




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