5.4.1.1 Wirtschaftlicher
Strukturwandel und Anforderungen an Hochschulen
Eine der bedeutsamen Konsequenzen der
Globalisierung ist eine Entwicklung, dass sowohl bei
Dienstleistungen als auch bei Produkten mehr Technik, immer
modernere, zugleich kurzlebigere Technik, neuere Kombinationen von
Technik und – damit verknüpft – mehr und besseres
Wissen erforderlich sind. Unstrittig ist wohl auch, dass durch die
Vernetzung, Datenbanken und Datenaufbereitungsmethoden immer mehr
Informationen zur Verfügung stehen.
Die
Konsequenz liegt auf der Hand: Nationen und Regionen, die in die
Wissensbasis ihrer Bevölkerung investieren, sind diejenigen,
die in diesem Wettbewerb eine größere Chance haben, auf
der Gewinnerseite zu stehen. Die, die es nicht tun, oder deren
Bevölkerung nicht bereit ist, zu lernen und ständig neu
zu lernen, dürften eher zu den Verlierern zählen.
Investitionen in das so genannte Humankapital sind damit ein
Schlüsselfaktor im, gegenüber den letzten Jahrzehnten
intensiverem, weil global ausgerichtetem Wettbewerb. Damit steht
und fällt die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit einer
Region und Nation mit der Leistungsfähigkeit ihrer
Bildungseinrichtungen auf allen Stufen und für alle Phasen des
Lebensprozesses. Wissen, Umgang mit Wissen, Schaffen von neuem
Wissen muss schon allein aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung
immer wieder gelernt werden. Aber nicht nur die
Wettbewerbsfähigkeit erfordert diese Reform. Nur
Qualifizierung kann das Abgleiten in eine gespaltene Gesellschaft
mit krassen sozialen Unterschieden, hoher Arbeitslosigkeit,
verbreiteter Armut, Marginalisierung und vielfach prekären
Lebensbedingungen verhindern (siehe 4.9.2). Zugang zu Bildung ist
mehr denn je eine wesentliche Grundvoraussetzung für
gesellschaftliche Teilhabe.
Deshalb darf Deutschland nicht länger
auf Rang 21 von 25 OECD-Ländern im Hinblick auf den
Prozentsatz eines Jahrgangs, der einen Hochschulabschluss erreicht,
liegen, oder zu den führenden Nationen im Hinblick auf die
Quote von Studienabbrechern gehören. Gefordert ist mehr und
bessere „Bildung für Alle“, die alle
Begabungsreserven erschließt. Die Erreichung dieses Ziels
erfordert die Auseinandersetzung mit Maßnahmen vor allem im
Primärbereich, aber auch im Bereich der höheren Stufen
des Bildungssystems. Es sind Voraussetzungen zu schaffen, damit die
Zahl der Jugendlichen, unabhängig von der wirtschaftlichen
Herkunft, zunimmt, die eine Hochschulreife erreicht, ohne dass die
Qualität des Abschlusses dadurch vermindert wird. So sehr der
Einsatz und die Gewichtung von Computern, Multimedia und Internet
in Schule und Unterricht bildungspolitisch wichtig sind, so darf
der Ruf nach technischen Lösungen nicht als Dreh- und
Angelpunkt der derzeitigen Misere des Bildungs- und
Ausbildungssystem verstanden werden. Das „Forum
Bildung“, an dem die für die Schulpolitik
zuständigen Länder sowie die Sozialpartner und
Vertretungen der gesellschaftlichen Gruppen teilgenommen haben,
veröffentlichte Anfang des Jahres 2002 zwölf
Empfehlungen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Sie
betreffen sowohl Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität
des Schulsystems, z.B. durch den Ausbau von Ganztagsschulen, des
Erwerb einer qualifizierten Berufsausbildung und des
Hochschulstudiums, als auch den Ausbau der traditionellen Hauptwege
zur Erlangung der Hochschulreife sowie der universitären
Weiterbildung. Neben einer genaueren Auswertung und Diskussion der
Konsequenzen aus der PISA-Studie ist dafür auch die
Klärung verbesserter finanzieller Unterstützung
notwendig.
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