6.2.1.3 Zugang zu
ökonomischen Ressourcen wie Grund- und Kapitalbesitz12
Systematische
Untersuchungen auf globaler Ebenen fehlen, wie insgesamt die
glo ba le Verteilung von Vermögen und Ressourcen
ein ‚weißer Fleck’ auf den Land karten der
Forschung ist. Verlässlich erscheint dennoch die knappe
Zusammen fas sung der Weltbank:
„Geschlechterdisparitäten im Zugang zu und der Kontrolle
von produktiven Ressourcen (assets) wie Land, Information,
Technologie und Kapital behindern die Möglichkeit von Frauen,
die Chancen der Entwicklung zu nutzen und daran teilzuha
ben.“ (Weltbank 2001a: 51)
Frauen haben
unter anderem aufgrund von Rechtsungleichheit, vor allem im Erb-
und Eigentumsrecht, und ungleicher Rechtspraxis in vielen Regionen
weniger Zugang zu Land und Kapital. In den Entwicklungsländern
weist die Verteilung von Grund- und Kapitalbesitz traditionell eine
stark zu Gunsten der männlichen Familienmitglieder wirkende
Diskriminierungstendenz auf. Da Frauen kaum finanzielle
Sicherheiten bieten können, ist es für sie in der Regel
sehr viel schwieriger, ein Unternehmen zu gründen, selbst wenn
es sich nur um einen kleinen Betrieb handelt. Anhand von
spezifischen Kleinkreditsystemen, wie zum Beispiel der Grameen Bank
in Bangladesch und SEWA (siehe Kasten 4.3in Kapitel 4.9.1.4),wurde in den vergangenen Jahren
deutlich, welch ausgeprägten Geschäftssinn Frauen
entwickeln, sobald sie finanziell reelle Chancen eröffnet
bekommen. Diese Kleinkreditsysteme weisen eine hohe Anzahl an
frühzeitig zurückgezahlten Krediten auf und führen
darüber hinaus in einem beachtlichen Ausmaß zu mehr
Selbstbestimmung bei den Kreditnehmerinnen sowie mittel- und
langfristig zu einem nachhaltigen Prozess an sozialem Wandel
innerhalb der Gemeinschaft (vgl. Kapitel
2.3.5).
Auch die Partizipation der Frauen in der
Landwirtschaft kann entscheidenden Einfluss auf das Funktionieren
der Wirtschaft und die damit verbundenen sozialen Einrichtungen
ausüben. Tatsächlich könnte „das eigene
Feld“ (Agarwal 2000) die Initiative und Integration von
Frauen entscheidend beeinflussen, was wiederum weitreichende
Auswirkungen auf die Machtverhältnisse zwischen Männern
und Frauen zur Folge haben kann (Sen 2000).
Keinen Zugang zu ökonomischen Ressourcen
hat die enorme Gruppe der Personen in den Entwicklungsländern,
die in Einkommensarmut leben: 1,2 Millarden, d. h. ca. ein
Fünftel der Weltbevölkerung hat nur einen US-Dollar
täglich zur Verfügung. Dieser ungeheure Armutssockel
besteht trotz der Fortschritte der Armutsbekämpfung, durch die
der Anteil an Armen mit einem täglichen Einkommen von einem
US-Dollar weltweit in den 90er Jahren von 29 auf 24 Prozent gesenkt
werden konnte. Armut wird auch in Industrieländern wieder zum
Massenschicksal (UNDP 2000: 34, UNDP 1998: 25-34). Die These eines
sehr viel höheren Anteils von Frauen unter den Armen wurde
empirisch nicht belegt; doch besondere Gruppen wie Witwen,
alleinerziehende Mütter und alleinlebende ältere Frauen
haben ein hohes Risiko. Umgekehrt gilt: In vielen Regionen haben
Frauen unter den Armen erschwerten Zugang zu Bildung und Gesundheit
(Weltbank 2001a: 61-69). So kumulieren Armut, Minderheitenstatus
und weibliches Geschlecht in besonders hohen Barrieren für die
Wahrnehmung der Chancen der Globalisierung und in besonders
ausgeprägten Risiken im Hinblick auf den Zugang zu
Entscheidungspositionen.
12 Dieses Kapitel beruhtauf einem Gutachten von Lenz
(2002).
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