7.5.2.2
Grenzüberschreitende Gewässer und Wasserexport
Weltweit gibt es 261
grenzüberschreitende Flüsse. Dabei ist die Donau mit 17
Anrainerstaaten der „internationals te“ Fluss.
Der Kongo, der Niger, der Nil und der Sambesi haben zwischen neun
und elf Anrainerstaaten, der Amazonas, das
Ganges-Brahmaputra-Meghana-Flusssystem, der Jor dan, der
Euphrat, der Tigris und der Rhein zwischen fünf und acht.
Grenzüberschreitende Flüsse stellen 60 Prozent der
weltweiten Süßwasserressourcen und sind Siedlungsgebiet
von 40 Prozent der Weltbevölkerung (Klaphake und Scheunemann
2001: 7). Immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen
Anrainerstaaten aufgrund von Ableitungsvorhaben von Quellwassern
oder Staudamm-Plänen (z. B. Syrien/Irak wegen des Tabqa-Damm
1975, Äthiopien/Ägypten wegen äthiopischer
Dammbaupläne am Blauen Nil). Vor dem Hintergrund der Bedrohung
von Wasserressourcen durch Wüstenbildung und Verschmutzung
sehen eine ganze Reihe von Wissenschaftlern und
Wissenschaftlerinnen sowie Politikern und Politikerinnen, dass die
Verteilung von Wasser zur Kriegsursache werden könnte
(Klaphake und Scheunemann 2001: 7f.). Doch selbst wenn es immer
wieder zu Spannungen um die Wassernutzung kommt oder Wasser im
Rahmen von Konflikten instrumentalisiert wird, liegt der letzte
Wasserkrieg Jahrtausende zurück (FAO 2000c).78 Umgekehrt waren
grenzüberschreitende Wasservorkommen oft ein Katalysator
für Kooperation zwischen feindlichen Anrainerstaaten.
„Allein in den letzten 50 Jahren wurden weltweit in
1800Abkommen an grenzüberschreitenden Gewässern
Nutzungskonflikte beigelegt“ (Klaphake und Scheunemann 2001:
8).79 Aus diesen
Erfahrungen in der Vergangenheit können natürlich keine
definitiven Aussagen für die Zukunft getroffen werden. Gerade
im Falle steigender Nachfrage und sinkenden Angebotes können
sich Spannungen verschärfen. Deshalb haben auch die NATO und
die OECD Arbeitsgruppen eingesetzt, die besonders kritische
Regionen beobachten (Klaphake und Scheunemann 2001: 9).
Auf UN-Ebene wurde 1997, nach
30-jährigen Verhandlungen, die Konvention über die
nicht-schifffahrtliche Nutzung internationaler Wasserläufe
verabschiedet, deren Zweck der Interessenausgleich zwischen
Oberliegern und Unterliegern und zwischen Nutzung und Schutz der
Ressource Wasser ist. Sie ist eine fundierte Kodifizierung des
geltenden Gewohnheitsrechts und stellt einen weltweiten
Mindeststandard für die Anrainerstaaten
grenzüberschreitender Gewässer dar, in dessen Rahmen
Staaten zukünftig durch Abschluss regionaler Verträge
zusammenarbeiten sollen. Nicht abgedeckt durch die Konvention sind
z.B das Vorsorge- und Verursacherprinzip und die Aufnahme einer
Schwarzen Liste von hochgefährlichen Stoffen oder die
Verpflichtung zur Durchführung von
Umweltverträglichkeitsprüfungen. Eine Weiterentwicklung
der Konvention in diesem Sinne sollte durch zusätzliche
Protokolle und Verträge erfolgen.
Das Übereinkommen über die
Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der
Donau von 1994 „ist beispielhaft für den zur Zeit
möglichen Regelungsgrad eines Vertrages über die
gemeinsame Gewässernutzung. Es orientiert sich an dem Gedanken
einer möglichst schonenden Nutzung, bezieht sich auf das
gesamte hydrologische Einzugsgebiet der Donau und soll darüber
hinaus zur Verminderung der Belastung des Schwarzen Meeres
beitragen“ (Bracher 2001: 17). Das Donau-Abkommen ähnelt
dem in Helsinki unterzeichneten Übereinkommen zum Schutz
und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und
internationaler Seen von 1992. Letzeres wurde von der
VN-Wirtschaftskommission für Europa erarbeitet und kann
gewissermaßen als eine „Rahmenkonvention für den
europäischen Bereich“ bezeichnet werden. Ein weiteres
Beispiel für ein regionales Abkommen ist das Protocol on Shared Waterhouse der South
African Development Community von 1997.
Ein anders gelagertes Phänomen, das
erhebliches gesellschaftliches Konfliktpotenzial birgt, ergibt sich
aus tiefgreifenden Eingriffen in den Wasserhaushalt durch die
Behandlung von Wasser als Wirtschaftsgut, wie jedes andere durch
die Entnahme und Export in ferne Regionen. Beispiel ist der
Konflikt zwischen Kanada und der kalifornischen Firma Sun Belt. Die
kanadische Firma Snow Cap und Sun Belt investierten 1990 in den
Export von Wasser aus British Columbia per Tanker. Nach massiven
Protesten der Bevölkerung stoppte die Regierung von British
Columbia das Vorhaben. Während Snow Cap vom Staat 400000
US-Dollar Schadenersatz für bereits getätigte
Investitonen erhielt, klagte Sun Belt nach NAFTA Chapter 11 auf 220
Millionen US-Dollar wegen entgangener Gewinne; das Ergebnis steht
noch aus.
78 Die 1997 von einer Gruppe von amerikanischen
Wissenschaftlern der Oregon State University veröffentlichte
Transboundary Freshwater Dispute Data Base zeigt, dass Wasserkriege
ein Mythos sind. Der letzte Wasserkrieg liegt 4 500 Jahre
zurück, und wurde zwischen den zwei mesopotamischen
Stadtstaaten Lagash und Umma ausgetragen.
79 Klaphake und Scheunemann (2001) führen als
Beispiel den Indus- Vertrag (1961) zwischen Indien und Pakistan an,
der alle politischen Spannungen und diverse Kriege um Kaschmir
überstanden hat.
|