7.5.2
Nachhaltige Wasserversorgung
7.5.2.1 Ressourcenschutz und
Trinkwasserqualität
In Kapitel 18 der Agenda 21 heißt es:
„Wasser wird in allen Lebensbereichen benötigt. Oberstes
Ziel ist die gesicherte Bereitstellung von Wasser in angemessener
Menge und guter Qualität für die gesamte
Weltbevölkerung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der
hydrologischen, biologischen und chemischen Funktionen der
Ökosysteme, Anpassung der Aktivitäten des Menschen an die
Belas tungsgrenzen der Natur und Bekämpfung der Vektoren
wasserinduzierter Krankheiten“ (BMU 1993: 160).
In den letzten 70 Jahren hat sich der
Weltwasserverbrauch versechsfacht. Dazu haben sowohl die
Verdoppelung des pro-Kopf-Wasserverbrauchs als auch die
Verdreifachung der Weltbevölkerung beigetragen. Heute steigt
der globale Wasserverbrauch – mit großen regionalen
Unterschieden – ungefähr parallel zum
Bevölkerungswachstum (Fleisch 2002: 33). In einzelnen
Ländern wie Libyen, Katar, Saudi-Arabien, den Vereinigen
Emiraten und Jemen, übersteigt die Wasserentnahme bereits das
erneuerbare Angebot, und es wird ein nicht nachhaltiger
Entwicklungspfad eingeschlagen (BMZ 1999: 13).
Circa 70 Prozent – regional sogar bis
zu 90 Prozent – des gesamten Wasserdargebotes fließen in
den Landwirtschaftssektor und dort befindet sich absolut und
prozentual gesehen auch das größte Sparpotenzial. Nach
einer Schätzung des International Water Management Institut
(IWMI) könnten bis zum Jahr 2025 etwa 50 Prozent der
zusätzlich benötigten Wassermengen durch
Effizienzsteigerungen bei der Bewässerung gewonnen werden.
Ursachen für den hohe Wasserverbrauch sind der Einsatz
veralteter Technik, Verwendung von Wasser in
Trinkwasserqualität, aber auch der Anbau unangepasster
Erzeugnisse. Die Liberalisierung der Agrarmärkte erhöht
den Konkurrenzdruck für Landwirte und fördert die
Produktion für den Export.
Während das Bevölkerungswachstum
und die zunehmende Verstädterung die Wassernachfrage
erhöhen, reduziert die zunehmende Wasserschmutzung das Angebot
des kostbaren Guts. Industrielle und häusliche Abwässer,
die oft ungeklärt in der Natur „entsorgt“
werden, schadstoffhaltiges Sickerwasser wilder Müllhalden und
ein häufig unsachgemäßer Pestizid- und
Düngemitteleinsatz beeinträchtigen das Oberflächen-
und Grundwasser. Die Folgen sind zunehmende bakterielle
Verschmutzungen, Sedimentablagerungen und steigende Schwermetall-
und Nitratbelastungen. Nur 5 Prozent der Abwässer weltweit
werden gereinigt. (BMZ 1999: 13)
Die hier angesprochenen Problembereiche
dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr sind
komplexe Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verantwortlich
für die erkennbaren Defizite. Diesen sollte durch einen
umfassenden, integrierten Handlungsansatz wie der Integrierten
Wasserressourcenbewirtschaftung (IWRB) begegnet werden. (BMZ 1999:
105). „Unter IWRB wird im Allgemeinen die Bewirtschaftung
(Erfassung, Planung, Erschließung, Verteilung,
Güteüberwachung und Schutz) der Wasserressourcen in einem
ganzheitlichen Sinne unter Berücksichtigung sämtlicher
Sektoren und Institutionen, die den Wasserhaushalt nutzen und
beeinträchtigen, verstanden. Da die Art der Landnutzung den
Wasserhaushalt mitbestimmt, bedeutet [dies] ... auch eine
integrierte Betrachtung von Land- und Wassernutzung. IWRB setzt die
Bewirtschaftungsplanung auf der Basis von Wasser- und
Flusseinzugsgebieten voraus und geht häufig über
Verwaltungs- und sogar Landesgrenzen hinaus“ (BMZ 1999: 106).
Die EU beschreitet mit der kürzlich verabschiedeten
Wasser-Rahmenrichtlinie in diesem Sinne neue Wege im
Gewässerschutz. Erstmals wird der gute ökologische Zustand der
Oberflächengewässer zum übergeordneten Ziel
erklärt und neben Grenzwerten für chemische Stoffe auch
der Gesamtzustand der aquatischen Lebensgemeinschaft zum
Maßstab gemacht. Planung und Durchführung von
Gewässerschutz finden in der EU zukünftig auf der
Grundlage von Flusseinzugsgebieten statt. Das Grundwasser soll
nicht nur vor chemischer Verschmutzung, sondern auch vor jeder
Übernutzung geschützt werden. Der Eintrag
gefährlicher Stoffe ist verboten. Die Erstellung der
Maßnahmenpläne unterliegt in allen Stadien der
Bürgerbeteiligung. Grundlage der Richtlinie ist das
Vorsorgeprinzip (s.
Kasten 8-2 in Kapitel 8.1).
Da ein großer Anteil des Wasserdargebots
in der Landwirtschaft eingesetzt wird (s.o.), sollten
Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz insbesondere in diesem
Sektor ansetzen.77
Beispiele sind die verstärkte Kaskadennutzung von Wasser, d.
h. Mehrfachnutzung ohne erneute Herstellung von
Trinkwasserqualität – z. B. Einsatz von Brackwasser zur
Bewässerung von Feldern –, die
Tröpfchenbewässerung oder die Gewinnung und Verwendung
von Regenwasser. Von zentraler Bedeutung sind die Vermeidung von
Leitungsverlusten und die Minimierung besonders
wasserverbrauchender Produktion. Mit hoher Priorität ist auch
an Lösungen zu arbeiten, die zum Ausgleich konkurrierender
Wassernutzungsinteressen zwischen Landwirtschaft, Industrie,
Energieerzeugung, Transport und Umwelt beitragen.
77 Die GTZ hat im Mai 2001 ein 5–6-jähriges
Sektorvorhaben mit dem Titel „ecosan” (Ecological
Sanitation) begonnen. Die unter „ecosan“
zusammengefassten nachhaltigen Abwasser- und
Sanitärentsorgungssysteme beruhen auf der konsequenten
Umsetzung einer stoffstromorientierten Kreislaufwirtschaft. Im
Idealfall ermöglichen ecosan- Systeme eine vollständige
Rückführung der in Fäkalien, Urin und Grauwasser
enthaltenen Nährstoffe in die Landwirtschaft und einen
sparsamen Umgang mit Wasser unter größtmöglicher
Wiederverwendung insbesondere zur Bewässerung (GTZ
2002).
|