*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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9.3.2.1    Das Weltbevölkerungswachstum verschärft die globale Wasserkrise

Wasser ist eine Schlüsselressource für fast alle Entwicklungsfragen. Die Gesamtproblematik der Süßwasserknappheit und deren Folgen werden an anderer Stelle dargestellt (Vgl. hierzu Kapitel 7.5). Die folgenden Ausführungen beschränken sich darum auf einige Aspekte des Zusammenhangs mit dem Weltbevölkerungswachstum.

   Nach einer weithin anerkannten Definition von Wasserknappheit und -mangel8 leben heute mindestens 500 Millionen Menschen in 31 Ländern mit Wasserknappheit oder -mangel. Je nachdem, wie sich die Bevölkerungszahl entwickelt, werden bis zum Jahr 2025 zwischen 39 und 48 Länder in eine dieser beiden Kategorien fallen mit einer Gesamtbevölkerung von 2,4 bzw. 3,3 Milliarden Menschen (Engelman, Dye, LeRoy 2000: 30).9

Eine Definition der Vereinten Nationen geht von einem Mindestsüßwasser-Bedarf pro Person (MWB) von 50 Litern täglich aus, dessen Befriedigung wiederum als Verwirklichung des Grundrechts auf sauberes Wasser angesehen wird. Bis zum Jahr 2050 wird nach UN-Schätzungen nahezu jeder zweite Mensch in Ländern leben, die den MWB-Standard nicht erfüllen; und diese Schätzung beruht auf der mittleren UN-Bevölkerungsprojektion, die eine Verringerung der durchschnittlichen Kinderzahl auf ungefähr zwei pro Frau im Weltdurchschnitt zugrundelegt. Dabei berücksichtigt der genannte MWB nur den Süßwasserbedarf für die individuell-persönliche Nutzung und nicht auch für andere Formen der Wassernutzung wie Landwirtschaft, Industrie und Schutz von Ökosystemen.

Die Differenz macht deutlich, welche hohe Bedeutung einer Verlangsamung des Bevölkerungswachstums für die Frage ausreichender Verfügbarkeit von sauberem Wasser zukommt.

Die Wasserqualität lässt in weiten Teilen der Welt zu wünschen übrig. Mehr als eine Milliarde Menschen haben bereits heute – unabhängig von der verfügbaren Wassermenge – keinen Zugang zu sauberem Wasser (UNFPA 2001: 15, Enquete-Kommission „Globalisierung“ 2001c: 87). Wassermangel, Wasserknappheit und schlechte Wasserqualität haben erhebliche negative Auswirkungen u.a. auf die Volksgesundheit (Enquete-Kommission „Globalisierung“ 2001c: 87) und damit auch auf die volkswirtschaftliche und sonstige Entwicklung. Indem Bevölkerungswachstum dies verschärft, unterminiert es eine nachhaltige Entwicklung.

Bevölkerungspolitik und Wasserkrise

Die Verfügbarkeit von Süßwasser lässt sich auf absehbare Zeit nur begrenzt durch technische Lösungen wie z.B. Entsalzung und nur mit hohen finanziellen – und in der Praxis auch ökologischen – Kosten steigern. Enorme    Potenziale bergen jedoch Möglichkeiten, den Effizienz­ grad der Wassernutzung zu steigern. Dies erfordert jedoch Zeit, erhebliche Investitionen, „good governance” und die Überwindung tradierter kultureller Hürden für Verhaltensänderungen. Eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums bringt Zeitgewinne auch für die Entschärfung des Süßwasserproblems mit sonstigen Maßnahmen und erleichtert damit die Schaffung der übrigen Voraussetzungen für eine gesteigerte Wassereffizienz. Nach einer weithin anerkannten Studie von Engelmann und Le Roy können spezifisch bevölkerungs-politische Entwicklungsmaßnahmen, insbesondere die Verwirklichung des „Menschenrechts auf Familienplanung”, zur Entschärfung der Süßwasserkrise in Entwicklungsländern mindes-tens ebensoviel beitragen wie alle anderen Maßnahmen zusammen (Engelman, LeRoy 1995: 56). Diese Einschätzung mag als übertrieben einzustufen sein. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Bevölkerungsentwicklung ist aber bedenklich, dass etwa 30 Prozent des deutschen Entwicklungshaushalts in Vorhaben auf dem Wassersektor gehen, während für spezifisch bevölkerungspolitische Entwicklungsmaßnahmen wie Förderung der Familienplanung nur jeweils zwei bis drei Prozent aufgewendet werden und bevölkerungspolitische Maßnahmen in diese Programme zur Verbesserung der Wasserversorgung häufig nicht integriert sind.

Eine Verbesserung der effizienten Nutzung des Rohstoffes Wasser trägt auch zu sozioökonomischen Verbesserungen und damit indirekt zur Verlangsamung des Weltbevölkerungswachstums bei. Ohne eine Verringerung der globalen demographischen Dynamik ist eine Lösung der globalen Wasserkrise auf absehbare Zeit unrealistisch.



8 Vgl. Engelman, Dye, LeRoy 2000: 25f.; UNFPA 2001: 14.

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9 Vgl. mit höheren Zahlen zur aktuell von Wasserknappheit betroffenen Menschen: UNDP, UNEP, World Bank, World Resources Institute 2000: 110 ff.

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Abbildung 9-3