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Oktober 09/2000
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REGIERUNGSERKLÄRUNG ZUM ZEHNTEN JAHRESTAG DER DEUTSCHEN EINHEIT

"Deutschland hat seinen Rang in der Mitte Europas festigen können"

(nl) "Zehn Jahre Deutsche Einheit sind ein Grund, dankbar zu sein, und sicher auch ein Grund, stolz zu sein. In diesen zehn Jahren seit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit hat Deutschland seinen politischen Rang in der Mitte Europas wieder einnehmen und auch festigen können." Mit diesen Worten leitete Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am 29. September seine Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag zum Stand des Vereinigungsprozesses zehn Jahre nach Herstellung der staatlichen Einheit ein.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) während seiner Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) während seiner Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag.

Das vereinte Deutschland und das sich weiter einigende Europa müssten zukunftsfähig gemacht werden, betonte der Kanzler. Politik und Bürger müssten große Anstrengungen unternehmen, um auch für Kinder und Enkelkinder eine lebenswerte Welt zu erhalten. Dies sei der politische Auftrag des deutschen und des europäischen Vereinigungsprozesses. Es seien die Ostdeutschen gewesen, die es durch ihre Zivilcourage und ihren friedlichen Protest möglich gemacht hätten, dass jahrzehntelang getrennte Familien wieder zusammenfinden konnten.

Die Ostdeutschen könnten auf das Geleistete stolz sein. Sie hätten allen Grund, Vertrauen in ihre Kreativität, ihre Erfahrungen, aber auch in ihre Qualifikation zu haben. Schröder kündigte an, dass die Bundesregierung noch in dieser Wahlperiode den Bund-Länder-Finanzausgleich auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen und in einem Solidarpakt II die ausreichende Ausstattung der ostdeutschen Länder nach 2004 sicherstellen werde.

Mut und Solidarität

Angela Merkel (CDU/CSU) betonte, die Menschen im Osten seien mit ihrem Mut und die Menschen im Westen mit ihrer Solidarität bereit gewesen, Deutschland als "vereintes Vaterland" in Partnerschaft und Freundschaft mit seinen Nachbarn weiterzuentwickeln. Die Menschen hätten daran geglaubt, dass der Gedanke der Freiheit grundsätzlich und unteilbar sei. Merkel erinnerte daran, dass der damalige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder gegen den Vertrag zur Wirtschafts- und Währungsunion gestimmt habe. Schröder habe damals kein Verständnis dafür gehabt, dass Lothar de Maizière nach der freien Volkskammerwahl gesagt habe, die Teilung sei nur durch Teilen zu überwinden. Dem Kanzler warf Merkel vor, in den letzten Jahren viele Gesetze verabschiedet zu haben, die die neuen Länder mehr als die alten betroffen hätten, etwa das 630-Mark-Gesetz.

Klaus Kinkel (F.D.P.) erinnerte an die "Verlierer der Wiedervereinigung". Sie hätten plötzlich vor einer anderen Lebenssituation gestanden, oft mit dem Gefühl, es gäbe in Deutschland Bürger erster und zweiter Klasse. Die Auseinandersetzung, wem die Einheit gehöre, sei töricht.

Werner Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) vermisste den großen Volksentscheid vor zehn Jahren, der zur "demokratischen Gründungslegende" des wiedervereinigten Deutschlands hätte werden können. In den nächsten Jahren müsse der Aufbau einer zivilen bürgerlichen Gesellschaft "entschlossener" angegangen werden, sagte Schulz.

Gregor Gysi (PDS) stellte die Frage, was es für das Selbstvertrauen der Ostdeutschen bedeutet hätte, wenn die Verantwortlichen in der Politik akzeptiert hätten, dass sie in einzelnen Bereichen Lösungen gefunden hatten, die über jene in der alten Bundesrepublik hinaus gehen. Am wenigsten habe er verstanden, so Gysi, weshalb der Beitritt so wenig genutzt wurde, um verkrustete Strukturen im Westen zu überwinden.

Markus Meckel (SPD) sagte, Deutschland sei heute ein verlässlicher Partner, versöhnt mit seinen Nachbarn, in anerkannten Grenzen und habe allen Grund zum Feiern. Niemand bestreite die großen Verdienste Helmut Kohls um die deutsche Einheit. Er habe jedoch nicht die Weichen gestellt, so der Abgeordnete. Ein großes Verdienst bestehe darin, dass Kohl die deutsche Einheit in die europäischen Strukturen integriert habe. Die Demokratie in der DDR sei die Voraussetzung für die Deutsche Einheit gewesen. Niemand außer den Ostdeutschen selbst habe sie herstellen können, so Meckel.

Initiativen abgelehnt

Entschließungsanträge der PDS (14/4143) und der F.D.P. (14/4154) zur Regierungserklärung lehnte der Bundestag ab. Die F.D.P. rief die Bundesregierung auf, den so genannten "außergewöhnlichen Aufwand aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen", der den Leitern der Auslandsvertretungen für einen Empfang zum Tag der Deutschen Einheit entsteht, von den Sparbeschlüssen im Haushalt auszunehmen. Auf jeden Fall sollte dort, wo die teilweise Übernahme von Kosten durch Sponsoren nicht gewährleistet ist, eine angemessene gesellschaftliche Veranstaltung durch die Auslandsvertretungen sichergestellt werden.

Die PDS wies auf leer stehende Wohnungen im Osten und Jugendprobleme in vielen ostdeutschen Städten und Gemeinden hin. Sehr viele Schulen und Kindergärten im Osten seien stark sanierungsbedürftig. In der Wissenschafts- und Forschungslandschaft habe der Osten ein deutliches Defizit. Auch gebe es immer noch einen überdimensionierten Warenverkehr von West nach Ost. Zu solchen dringlichen Problemen sollte die Regierung daher Modellprojekte fördern.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0009/0009017
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