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Oktober 09/2000
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ZEHN JAHRE NACH DER VEREINIGUNG

"Die innere Einheit Deutschlands ist noch nicht vollendet"

(nl) Zehn Jahre nach der deutschen Vereinigung ist die innere Einheit Deutschlands noch nicht vollendet. Dies stellen SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag zum zehnten Jahrestag der deutschen Vereinigung (14/4132) fest, den der Bundestag am 29. September mehrheitlich angenommen hat. Zugleich wurde ein Antrag der CDU/CSU (14/4168) dazu abgelehnt. Der Jahresbericht 2000 der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit (14/4129) wurde zur Beratung an den Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder überwiesen.

Wie es im Koalitionsantrag heißt, habe die vorhergehende Bundesregierung die Menschen in Ost und West auf die tief greifenden Konsequenzen des Scheiterns des Sozialismus und des schnellen Übergangs zu Demokratie und Marktwirtschaft getäuscht. Dies habe es den Deutschen schwerer als nötig gemacht, die Einheit uneingeschränkt als einen Glücksfall zu empfinden.

SPD und Bündnisgrüne begrüßen, dass alle Regierungschefs von Bund und Ländern einvernehmlich den Aufbau Ost als zentrales Element der solidarischen Finanzpolitik bezeichnet haben. Damit sowohl für die neuen Länder und ihre Gemeinden als auch für die langfristige Orientierung privater Investoren sichere Planungsgrundlagen geschaffen werden, sollte der Bundestag die Finanzbeziehungen im Bundesstaat neu regeln und den "Solidarpakt II" noch in dieser Wahlperiode beschließen.

Fraktionen "sehr alarmiert"

Obwohl die Demokratie auch im Osten zur "selbstverständlichen Grundlage" des politischen Lebens geworden sei, seien Demokratieverdruss sowie Ablehnung von Rechtsstaat und Gesellschaft weit verbreitet. Die Fraktionen zeigen sich "sehr alarmiert" über die hohe Zahl ausländerfeindlicher und anderer rechtsradikaler Übergriffe in Ostdeutschland. Daher müsse die Bekämpfung des Rechtsextremismus ein politischer Schwerpunkt sein.

Der Bundestag wird aufgefordert, die Regierung bei allen Initiativen zu unterstützen, die der Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West und dem Abbau der Arbeitslosigkeit dienen und zur Entwicklung zukunftsfähiger Wirtschaftsstrukturen, einer Bildungs- und Forschungslandschaft auf internationalem Niveau, einer intakten Infrastruktur und einer Stärkung der demokratischen Kultur beitragen.

Im Einzelnen wird unter anderem gefordert, die Absatzförderung ostdeutscher Produkte und Leistungen fortzusetzen, die Förderkulisse der Kredit- und Zuschussprogramme übersichtlicher zu gestalten, ökologische Zukunftsbranchen zu entwickeln, das Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und das Sonderprogramm "Lehrstellen Ost" fortzusetzen und strukturschwache, grenznahe Regionen vor dem EU-Beitritt der osteuropäischen Nachbarstaaten zu unterstützen.

Für einen dauerhaften Erfolg beim weiteren Aufbau Ost hält die CDU/CSU-Fraktion eine Erhöhung der Mittel für die wirtschaftsnahe Infrastruktur im Haushalt 2001 für "besonders wichtig". Die Fraktion hatte in ihrem Antrag unter anderem gefordert, die Sonderprogramme zur Exportförderung Ost zu intensivieren und die Ökosteuer abzuschaffen, da sie in den neuen Bundesländern doppelt negativ wirke. Zudem müssten der wachsende Wohnungsleerstand entschiedener bekämpft und die Wohnungsgesellschaften von Altschulden entlastet werden.

Solidarpakt II verhandeln

Der Solidarpakt II müsse zügig verhandelt werden, damit die neuen Länder Planungssicherheit erhielten. Die Entschädigungsleistungen für SED-Opfer müssten erhöht werden, forderte die CDU/CSU-Fraktion weiter. Die Bundesregierung sollte eine monatliche Ehrenpension für die Opfer politischer Verfolgung einführen und die Kapitalentschädigung für die Opfer erhöhen. Auch müsse die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen bestehen bleiben. Bisher nicht erschlossene Stasi-Unterlagen müssten schneller verfügbar gemacht werden.

Die Fraktion verlangte zudem, die Standortvorteile im Osten zu nutzen. Dazu gehörten das Abitur nach zwölf Schuljahren. Schule, Hochschule, Wirtschaft und Technologieentwicklung sollten miteinander verknüpft werden. Die Renten der Ostdeutschen müssten weiter an das Westniveau angeglichen werden. Die Bundesregierung sollte zudem eine Perspektive für eine differenzierte Lohnangleichung im öffentlichen Dienst entwickeln, so die Union.

Aufbau Ost geht weiter

Wie aus dem Jahresbericht der Bundesregierung hervorgeht, ist der Aufbau Ost noch nicht abgeschlossen. Dies zeige sich vor allem an der im Vergleich zu Westdeutschland mehr als doppelt so hohen Arbeitslosenquote. Trotz vielfältiger Fortschritte stünden die neuen Länder erst am Beginn einer modernen, voll entwickelten und auch international wettbewerbsfähigen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Im Jahresdurchschnitt 1999 seien im Osten rund 1,34 Millionen Erwerbspersonen als Arbeitslose registriert gewesen, immerhin 31.200 weniger als im Vorjahr. Entsprechend sei die Arbeitslosenquote von 18,2 Prozent 1998 auf 17,6 Prozent 1999 zurückgegangen.

Um die Arbeitslosigkeit erfolgreich zu bekämpfen, komme es darauf an, die industrielle Basis zu verbreitern, den Mittelstand zu fördern und die Innovations- und Wettbewerbskraft der ostdeutschen Wirtschaft zu verbessern. Die neuen Länder hätten noch keinen selbsttragenden Aufschwung erreicht und seien deshalb auch in den nächsten Jahren auf Unterstützung angewiesen.

Wie es im Bericht heißt, müssen durch die Förderung der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft, der regionalen Entwicklung, der Infrastruktur, des Mittelstandes und der Existenzgründer neue Felder für die ostdeutsche Wirtschaft erschlossen werden. Das verarbeitende Gewerbe wachse schneller als im Westen. In einigen Regionen entstünden viel versprechende Zentren der wirtschaftlichen Entwicklung, Netzwerke aus neuen Firmen, Zulieferbetrieben, Forschungseinrichtungen und produktionsnahen Dienstleistungen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0009/0009018
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