*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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10.3        Global Governance als Verstärkung der transnationalen Kooperation von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren

10.3.1     Nichtstaatliche Akteure in der Global Governance

Global Governance meint mehr als nur einen verstärkten intergouvernementalen Multilateralismus. Als ein zweiter Baustein des globalen Regierens gilt die Einbindung nichtstaatlicher Akteure in das Regieren – auch daher die Rede vom globalen Regieren (Governance) und nicht von globaler Regierung (Government). Dabei ist sowohl an zivilgesellschaftliche als auch an andere private Akteure zu denken. Häufig genannte nichtstaatliche Akteure sind etwa Verbände wie Gewerkschaften, Industrie-, Arbeitgeber- und Wohlfahrtsverbände sowie Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechts-NGOs, wie Greenpeace, Oxfam oder amnesty international. „NGO“ steht dabei für Non- Governmental Organization, also für Nicht-Regierungsorganisation.

Das Wachstum der Menge der international tätigen NGOs hat Ende der achtziger Jahre einen neuen Höchststand erreicht (s. Abb. 10.1in 10.2.1.6; derzeit existieren ca. 17000 nichtstaatliche „conventional“ und „other international bodies“ nach dem Yearbook of International Organizations 1999/2000). Der im Rahmen der UNO breit verwendete Begriff „Nicht-Regierungsorganisation“ umfasst generell alle Organisationen, die keine Befugnis zu allgemeinverbindlichen politischen Entscheidungen haben, also eben kein Mandat zu „regieren“. Dies gilt für alle privaten Akteure, Interessengruppen, Wirtschaftsunternehmen oder auch für humanitäre Gruppen wie das Rote Kreuz. Umgangssprachlich werden unter „NGOs“ oft solche umwelt- und entwicklungspolitischen Organisationen verstanden, die sich als Non-Profit-Organisationen weniger für partikulare Interessen ihrer Klientel als für allgemeine Anliegen einsetzen.46 Aber auch privatwirtschaftliche und profitorientierte „global players“, wie die multinationalen Konzerne, sind nichtstaatliche Akteure, die in Global Governance-Strukturen und -Prozesse eingebunden werden sollen.

Für die Politik stellt sich die Frage, wie die besondere Flexibilität von nichtstaatlichen Akteuren in der Reaktion auf die Dynamiken und Probleme der Weltwirtschaft genutzt und wie die besondere Rolle von gemeinwohl-orientierten NGOs beim Ausgleich der de facto geringeren Partizipation auf Seiten der Globalisierungsverlierer gestärkt werden kann. Bislang übernehmen bestimmte NGOs weitgehend allein die Rolle der „Global Opposition“, die das kritische Agenda-Setting übernimmt, also die konkrete Benennung und öffentliche Kritik globaler Probleme, und die das autokratische Gebaren mancher internationaler Organisationen und Staaten in Frage stellt. So trafen sich parallel zum „World Economic Forum“ (WEF) 2002 in New York über 50000 Menschen zum „Weltsozialforum“ (WSF) in Porto Alegre. Die Formierung einer zivilgesellschaftlichen „Global Opposition“ verweist auf Versäumnisse der konventionellen politischen Akteure und Institutionen bei der Gestaltung des Globalisierungsprozesses. Um in Zukunft friedliche Dialoge in Gang setzen und militante Proteste vermeiden zu können, wäre es sinnvoll, demokratische Foren für den offenen Meinungsaustausch mit Adressaten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen, in deren Rahmen auch Kritik geäußert werden kann. Solche neuen Formen der Partizipation sollen dazu beitragen, den ins Hintertreffen geratenen gesellschaftlichen Gruppen Mitsprachemöglichkeiten und die Teilhabe an Global Gover­ nance zu verschaffen.



46 Im Folgenden wird vorwiegend breit von „nichtstaatlichen Akteuren“ gesprochen. Wenn ausschließlich gemeinwohlorientierte NGOs gemeint sind, wird dies gekennzeichnet.

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