*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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11.1.5.3   Die Basis jeder effizienten Wirtschaftsordnung: Rechtsstaatlichkeit fördern

Die Globalisierung stellt anspruchsvolle Anforderungen an die innere Verfassung von Staatswesen und die Rolle des Staates bei der Gestaltung der Wirtschaftsordnung und -prozesse. Die Staaten müssen eine leistungsfähige Rechts- und Wirtschaftsordnung im Inneren aufbauen, innerhalb derer sich die Wirtschaftsprozesse dynamisch, aber in geordneten Bahnen, entfalten können. Über die Qualität ihrer Wirtschaftsordnungen, darunter die Sozialordnung, die Ordnung des Arbeitsmarktes, des Wettbewerbs u.v.m., treten die Staaten in einen Wettbewerb der Systeme um die Standorte der mobilen Produktionsfaktoren ein.

Für Marktbeziehungen innerhalb einer Marktwirtschaft sind marktpreisgesteuerte Wirtschaftsprozesse und dezentrale Planung der Wirtschaftsprozesse konstitutiv. Um der Ausbeutung durch Kartelle und Monopole und durch sonstige Vermachtung der Wirtschaftsprozesse vorzubeugen, ist allerdings eine aktive Wettbewerbspolitik notwendig, die Kartelle verbietet, Monopole unter eine Miss­ brauchsaufsicht stellt sowie das Entstehen und die Verstärkung von marktbeherrschenden Stellungen durch Unternehmenszusammenschlüsse („externes Wachstum“) verhindert.

Soziale Marktwirtschaft, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

Aus der „Interdependenz der Ordnungen“ (Walter Eucken, Karl Böhm) ergibt sich, dass sich eine freiheitliche Wirtschaftsordnung und eine freiheitliche Gesellschafts- und Rechtsordnung gegenseitig bedingen. Deshalb passen (soziale) Marktwirtschaft, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit so gut zusammen und ergänzen sich hervorragend. Viele Staaten in der Welt sind aber nicht demokratisch verfasst, und Rechtsstaat und Demokratie sind auch nicht ohne weiteres gleichzusetzen. Demokratisch ist ein Staat, der auch die politischen Rechte seiner Bürger unter den Schutz seines Rechtssystems stellt und dessen Organisation von der bestimmenden Teilhabe des Volkes an der Regierung ausgeht. Rechtsstaatlich wird man einen Staat bereits nennen können, wenn er die Menschenrechte respektiert und sein Rechtssystem durch unabhängige Gerichte diskriminierungsfrei absichert.

Mit anderen Worten: Der rechtliche Schutz vor staatlicher oder privater Willkür kann auch von Staaten gewährt werden, die noch Demokratiedefizite aufweisen. Wirtschaftliche Aktivitäten entwickeln sich aber nur bei    Planungssicherheit. Dies gilt erst recht für den Handel und grenzüberschreitende Auslandsinvestitionen. Entscheidend für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen oder Volkswirtschaften bleibt deshalb das Maß an praktizierter Rechtsstaatlichkeit unter den Handels­ partnern. Die gewählte Staatsform ist hierbei nicht allein entscheidend – trotz unserer eindeutigen Präferenz für die demokratische. So hat in der Wirtschaftsgeschichte der internationale Handel immer funktioniert. So operiert zu Recht auch die WTO, die – weil Demokratien eben so verbreitet (noch) nicht sind – unter ihrem Dach viele Staaten beherbergt, die in dieser Hinsicht deutliche Defizite aufweisen.

Die Bedeutung von rechtsstaatlichen Garantien für potentielle Außenhandelspartner und Investoren haben auch solche Entwicklungsländer erkannt, die nicht allzu demokratisch organisiert sind. Sie zeigen – nicht immer aus eigenem Antrieb – Interesse an rechtlichen Ordnungssys­ temen, mit denen sie wirtschaftliche Partnerschaft „einzuwerben“ hoffen. Die Umsetzung in rechtlicher Realität kommt dann aber doch oft – wenn überhaupt – nur sehr langsam voran.

Gerade im Zeitalter der Globalisierung offenbaren sich die Stärken und Schwächen eines gesellschaftlichen Systems samt seiner Rechtsordnung. In weiten Teilen der Erde konnten sich demokratische Gesellschaftsformen entwickeln, Wohlstand und Frieden sichern und totalitäre Systeme ablösen. Dauerhaft wird Globalisierung nur akzeptiert und Bestand haben, wenn sie von demokratischen Staaten getragen und gestaltet wird.

Verantwortungsbewusster internationaler Politik muss es darum gehen, anderen Ländern zu helfen, rechtsstaatliche und demokratische Systeme aufzubauen. Das Wettbewerbsrecht und rechtliche Garantien zum Schutz von Investitionen sind Beispiele dafür.




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