*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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2.4.2.2    Regulierung von Marktplätzen und Marktakteuren

Offshore Zentren: weitgehend unregulierte Marktplätze

Kein Markt existiert ohne Regulation, die sich in zum Teil langer Tradition zu einem systemischen, flexiblen Ordnungsrahmen ausgebildet hat. Aus der Geschichte resultieren nationalstaatliche Unterschiede, auch die bereits erwähnten unterschiedlichen „Wirtschaftsstile“, z.B. des „rheinischen“ oder „atlantischen“ und „asiatischen“ Kapitalismus.

Doch gibt es auf den globalisierten Finanzmärkten auch Gebiete, auf denen bestimmte, auch allgemein verbindliche Regeln (etwa zur Verhinderung von Geldwäsche) nicht gelten. Dies ist bei einigen Offshore Finanzzentren (OFC) der Fall. Hier handelt es sich um „Marktplätze“, auf denen beispielsweise Qualitätskriterien für die Zulassung zu Finanzgeschäften fehlen, Steuern gering sind oder überhaupt nicht erhoben werden, die Transparenz des Geschäftsgebarens von Unternehmen fehlt und die Kooperation mit anderen Ländern nicht gesucht oder gar verweigert wird. Durch die Liberalisierung des Kapitalverkehrs ist die Rolle der gut 50 Offshore-Zentren gewachsen. Sie sind in den 90er Jahren zunehmend zu den Geschäftssitzen von Spekulationsfonds (die ihr Engagement auf diese Weise verdunkeln konnten), zum Ziel für Steuerflüchtige aller Länder sowie zum Umschlagplatz und zu Waschanstalten „schmutzigen“ Geldes in einem Ausmaß geworden, dass die Integrität des globalen Finanzsystems insgesamt gefährdet ist.

Inzwischen hat die OECD auch im Zusammenhang mit den Empfehlungen des FSF die Einhaltung bestimmter Regeln seitens der OFC verlangt und Kooperation angemahnt. Nicht-kooperative OFC sollen mit Sanktionen belegt werden. Daraufhin haben einige der als Offshore Zen­ tren deklarierten „Special Jurisdictions“ ihre Kooperation zugesagt, andere haben nicht reagiert. Ein Problem im Zusammenhang der Regelung der OFC ist der Sachverhalt, dass Special Jurisdictions auch in den großen Finanzzen­ tren New York, Tokio, London, Bangkok, auf den britischen Kanalinseln, in den USA (Virgin Islands, Puerto Rico oder Delaware und Montana), in Israel oder Russ­ land zu finden sind.

   Fonds mit großer Hebelwirkung

Insbesondere bei der Umstellung der umlagefinanzierten Rentensysteme auf kapitalgedeckte Rentensysteme und bei der zunehmenden Bedeutung von Investmentfonds auch für kleine Anleger stellt sich die Frage nach der Regulierung. Zu den Hedge-Fonds hat sich das FSF dezidiert geäußert und Regeln vorgeschlagen, um „non-prudential“ Verhalten von Fonds-Managern zu unterbinden. Anlass war der Beinahe-Zusammenbruch des Longterm Capital Management-Fonds (LTCM) im September 1998. Der Fall des „Systemrisikos“ für das globale Finanzsystem wäre beinahe eingetreten.

Immer wieder wird auf die Notwendigkeit einer funktionierenden Banken-, Börsen- und Versicherungsaufsicht verwiesen, da sich, im Gegensatz zu den global operierenden Akteuren auf den Märkten, die Aufsichtsorgane im Wesentlichen noch immer auf die nationale Ebene beziehen (und beschränken müssen), obwohl die Finanztransaktionen globale Reichweite besitzen. Die nationalstaatlichen Regeln sind sehr verschieden, so dass das Problem der Regulierungsarbitrage entstehen kann. Vom IWF (2002: 3) wird dieses als potenziell gefährlich für die finanzielle Stabilität eingeschätzt, da Gewinne nicht aufgrund besserer Informationsnutzung auf transparenten Märkten sondern durch Mitnahme von Gelegenheiten infolge regulatorischer Unterschiede erzielt werden.

1985 wurde vereinbart, dass auch Auslandsaktivitäten der Banken angemessen beaufsichtigt werden sollten. 1988 legte die Baseler Eigenkapitalvereinbarung fest, dass – je nach Risiko gewichteten – Forderungen von Banken zur Sicherung des Ausfallrisikos mit acht Prozent Eigenkapital unterlegt werden müssen. Diese rechtlich zunächst unverbindliche Empfehlung („Soft Law“) ist in der Folge in den OECD-Ländern in die nationale Gesetzgebung eingegangen und 1989 von der EU in eine verbindliche Richtlinie umgesetzt worden.

Gegenwärtig wird ein Reformvorschlag („Basel II“) diskutiert, der erstens vorsieht, neben einem externen Rating auch interne Ratingmodelle zuzulassen und der so den unterschiedlichen Traditionen der ökonomischen Regulation in verschiedenen „Finanzkulturen“Rechnung trägt. Zweitens wird die Risikogewichtung für bestimmte Forderungen verändert (z.B. werden die Risiken von Derivaten höher bewertet) und damit auch die Unterlegung der Ausleihungen mit Eigenkapital (Deutsche Bundesbank 2001b). Problematisch ist die im Vergleich zu langfristigen Bindungen geringere Risikogewichtung kurzfristiger Anlagen; dadurch kann entgegen der Absicht die Volatilität der Kapitalbewegungen erhöht werden.

Der zu erwartende Bedeutungszuwachs der Rating-Agenturen ist nicht unproblematisch. Denn die überwiegende Zahl der Rating-Agencies sind US-amerikanischen Ursprungs. Obendrein hat sich im Verlauf der jüngsten Finanzkrisen gezeigt, dass Rating-Agenturen mit ihren Einschätzungen nicht immer richtig liegen, aber mit ihrer Analysten-Autorität Herdenverhalten auslösen können.




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