*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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5.3.1.2    Die Rolle Deutschlands

Die Anzahl der aus Deutschland stammenden Triadepatente hat sich im Laufe der 90er Jahre um gut ein Drittel erhöht. Seit 1993 verläuft die Entwicklung in den USA und in Deutschland nahezu parallel. Japan und andere Volkswirtschaften, die stärker auf Technologiegebiete mit hoher Patentdynamik (insbesondere Pharma- und Telekommunikationsindustrie) spezialisiert sind (Schweden, Schweiz, Finnland), rangieren vor Deutschland und den USA. In den deutschen Patentanmeldungen kommt zum Ausdruck, dass das Innovationsgeschehen nicht auf Spitzentechnologien spezialisiert ist. Die Stärken liegen eher in den Sektoren „höherwertiger Technik“. Wirtschaftszweige der Spitzentechnik stehen beim Exportwachstum (16 Prozent) auf dem ersten Rang. Die Exportdynamik der hochwertigen Technik ist wesentlich geringer und erreicht seit 1995 ca. fünf bis sechs Prozent. Trotz Steigerungen ist der Anteil Deutschlands bei den Exporten FuE-intensiver Güter gegenüber den USA zurückgegangen. Auch der Anteil deutscher Patentanmeldungen beim EPA ist im letzten Jahrzehnt auf ca. 13 Prozent zurückgegangen (vorherige Dekade 18 Prozent). Den Untersuchungen zufolge (ZEW 2001: 82f.) spielt sich die Zukunft des Pharmasektors immer mehr im Bereich der Biotechnologie ab. Waren 1999 gerade 3,2 Prozent der eingereichten Anmeldungen Biopatente, so steigerte sich dieser Wert nach Angaben des EPA im Jahre 2000 um mehr als 23 Prozent. Nur in der Datenverarbeitung war der Zuwachs größer. 41 Prozent der internationalen Patentanmeldungen im Pharmasektor haben dabei einen direkten Bezug zur Biotechnologie (1991: 31Prozent). Dementsprechend verwundert es kaum, wenn ein immer größerer Teil der Markteinführungen neuer pharmazeutischer Wirkstoffe auf Biopharmazeutika entfällt (1999 knapp ein Viertel). Das deutsche Patentgeschehen im Pharmabereich mit biotechnologischer Relevanz geht zunehmend auf Hochschulen und Forschungseinrichtungen oder BioTech-Firmen zurück. Die Pharmakonzerne verantworten weniger als die Hälfte (43Prozent) der Patentierung. Wichtiger wird also die Vernetzung von Partnern aus der Wissenschaft, kleinen Biotechnologieunternehmen und Pharmakonzernen. Trotzdem verzeichnet die deutsche Pharmaindustrie insgesamt Anteilsverluste bei weltweiter Patenttätigkeit sowie bei verkaufsstarken Neueinführungen. Der Umsatzanteil bei den 50 umsatzstärksten neuen Wirkstoffen ging von zwölf Prozent in der zweiten Hälfte der 80er Jahre auf ca. drei Prozent zehn Jahre später zurück.

Da die Außenhandelsanteile allerdings nicht im gleichen Ausmaß schrumpften, ist Deutschland nach wie vor eine führende Exportnation im Bereich der pharmazeutischen Industrie. Auch wenn sich die internationalen Gewichte in den 90er Jahren im Pharmabereich stärker in Richtung USA verschoben haben, ist Deutschland hier mit einem Welthandelsanteil von ca. 20 Prozent größter Exporteur. Die größte Herausforderung der Pharmaindustrie liegt somit künftig in der Integration von Bio- und Gentechnologie in der Produkt- und Prozessentwicklung. Der Anteil der biopharmazeutischen Patentanmeldungen an allen pharmazeutischen Patentanmeldungen aus Deutschland stieg von ca. 25 Prozent (1990–1992) auf ca. 35 Prozent (1996–1998). Auch der Anteil der biopharmazeutischen Wirkstoffe bei den Produktneueinführungen stieg von ca. zwei Prozent Anfang der 90er Jahre auf ca. 20 Prozent am Ende der 90er Jahre (ZEW 2001: 20).

Für die Beschäftigungsentwicklung sieht die Bilanz anders aus: Ein Vergleich zum Anteil der forschungsintensiven Produktion von 41,5 Prozent 1999 an der gesamtwirtschaftlichen Produktion und einem Beschäftigungsanteil von über 39 Prozent an der Gesamtbeschäftigung im Jahr 2000 macht die überdurchschnittliche Produktivität der Branche deutlich. Beschäftigung und Produktionsanteil haben sich in den 90er Jahren gegenläufig entwickelt. Durch den gerade in diesen Branchen überdurchschnittlich starken Konkurrenzdruck der Industrieländer stieg zwar die Produktion um 20 Prozent seit 1997, das Beschäftigungsniveau nahm aber bis zum Jahr 2000 nur um zwei Prozent zu, wobei gleichzeitig der nicht forschungsintensive Bereich der Industrie Arbeitsplätze abbaute (ZEW 2001: 44). Die Produktivitätssteigerung lag demgegenüber über dem Industriedurchschnitt. Darüber hinaus ist die enge Korrelation mit der Entwicklung wissensintensiver Dienstleistungen zu betrachten, deren Bedeutung in diesem Wechselspiel zunahm.

Auf die wachsende ökonomische und politische Bedeutung von Patenten hat die Bundesregierung mit ihrem Programm „Wissen schafft Märkte“ (BMBF 2001a), einer Verwertungsoffensive für geistiges Eigentum, reagiert. Die Entwicklung ist allerdings zu neu, um sie in dieser Enquete-Kommission hinsichtlich ihrer Konsequenzen zu beurteilen.




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