*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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7.5.2.2    Grenzüberschreitende Gewässer und Wasserexport

Weltweit gibt es 261 grenzüberschreitende Flüsse. Dabei ist die Donau mit 17 Anrainerstaaten der „internationals­ te“ Fluss. Der Kongo, der Niger, der Nil und der Sambesi haben zwischen neun und elf Anrainerstaaten, der Amazonas, das Ganges-Brahmaputra-Meghana-Flusssystem, der Jor­ dan, der Euphrat, der Tigris und der Rhein zwischen fünf und acht. Grenzüberschreitende Flüsse stellen 60 Prozent der weltweiten Süßwasserressourcen und sind Siedlungsgebiet von 40 Prozent der Weltbevölkerung (Klaphake und Scheunemann 2001: 7). Immer wieder kommt es zu Spannungen zwischen Anrainerstaaten aufgrund von Ableitungsvorhaben von Quellwassern oder Staudamm-Plänen (z. B. Syrien/Irak wegen des Tabqa-Damm 1975, Äthiopien/Ägypten wegen äthiopischer Dammbaupläne am Blauen Nil). Vor dem Hintergrund der Bedrohung von Wasserressourcen durch Wüstenbildung und Verschmutzung sehen eine ganze Reihe von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie Politikern und Politikerinnen, dass die Verteilung von Wasser zur Kriegsursache werden könnte (Klaphake und Scheunemann 2001: 7f.). Doch selbst wenn es immer wieder zu Spannungen um die Wassernutzung kommt oder Wasser im Rahmen von Konflikten instrumentalisiert wird, liegt der letzte Wasserkrieg Jahrtausende zurück (FAO 2000c).78 Umgekehrt waren grenzüberschreitende Wasservorkommen oft ein Katalysator für Kooperation zwischen feindlichen Anrainerstaaten. „Allein in den letzten 50 Jahren wurden weltweit in 1800Abkommen an grenzüberschreitenden Gewässern Nutzungskonflikte beigelegt“ (Klaphake und Scheunemann 2001: 8).79 Aus diesen Erfahrungen in der Vergangenheit können natürlich keine definitiven Aussagen für die Zukunft getroffen werden. Gerade im Falle steigender Nachfrage und sinkenden Angebotes können sich Spannungen verschärfen. Deshalb haben auch die NATO und die OECD Arbeitsgruppen eingesetzt, die besonders kritische Regionen beobachten (Klaphake und Scheunemann 2001: 9).

Auf UN-Ebene wurde 1997, nach 30-jährigen Verhandlungen, die Konvention über die nicht-schifffahrtliche Nutzung internationaler Wasserläufe verabschiedet, deren Zweck der Interessenausgleich zwischen Oberliegern und Unterliegern und zwischen Nutzung und Schutz der Ressource Wasser ist. Sie ist eine fundierte Kodifizierung des geltenden Gewohnheitsrechts und stellt einen weltweiten Mindeststandard für die Anrainerstaaten grenzüberschreitender Gewässer dar, in dessen Rahmen Staaten zukünftig durch Abschluss regionaler Verträge zusammenarbeiten sollen. Nicht abgedeckt durch die Konvention sind z.B das Vorsorge- und Verursacherprinzip und die Aufnahme einer Schwarzen Liste von hochgefährlichen Stoffen oder die Verpflichtung zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen. Eine Weiterentwicklung der Konvention in diesem Sinne sollte durch zusätzliche Protokolle und Verträge erfolgen.

Das Übereinkommen über die Zusammenarbeit zum Schutz und zur verträglichen Nutzung der Donau von 1994 „ist beispielhaft für den zur Zeit möglichen Regelungsgrad eines Vertrages über die gemeinsame Gewässernutzung. Es orientiert sich an dem Gedanken einer möglichst schonenden Nutzung, bezieht sich auf das gesamte hydrologische Einzugsgebiet der Donau und soll darüber hinaus zur Verminderung der Belastung des Schwarzen Meeres beitragen“ (Bracher 2001: 17). Das Donau-Abkommen ähnelt dem in Helsinki unterzeichneten Übereinkommen zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen von 1992. Letzeres wurde von der VN-Wirtschaftskommission für Europa erarbeitet und kann gewissermaßen als eine „Rahmenkonvention für den europäischen Bereich“ bezeichnet werden. Ein weiteres Beispiel für ein regionales Abkommen    ist das Protocol on Shared Waterhouse der South African Development Community von 1997.

Ein anders gelagertes Phänomen, das erhebliches gesellschaftliches Konfliktpotenzial birgt, ergibt sich aus tiefgreifenden Eingriffen in den Wasserhaushalt durch die Behandlung von Wasser als Wirtschaftsgut, wie jedes andere durch die Entnahme und Export in ferne Regionen. Beispiel ist der Konflikt zwischen Kanada und der kalifornischen Firma Sun Belt. Die kanadische Firma Snow Cap und Sun Belt investierten 1990 in den Export von Wasser aus British Columbia per Tanker. Nach massiven Protesten der Bevölkerung stoppte die Regierung von British Columbia das Vorhaben. Während Snow Cap vom Staat 400000 US-Dollar Schadenersatz für bereits getätigte Investitonen erhielt, klagte Sun Belt nach NAFTA Chapter 11 auf 220 Millionen US-Dollar wegen entgangener Gewinne; das Ergebnis steht noch aus.



78 Die 1997 von einer Gruppe von amerikanischen Wissenschaftlern der Oregon State University veröffentlichte Transboundary Freshwater Dispute Data Base zeigt, dass Wasserkriege ein Mythos sind. Der letzte Wasserkrieg liegt 4 500 Jahre zurück, und wurde zwischen den zwei mesopotamischen Stadtstaaten Lagash und Umma ausgetragen.

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79 Klaphake und Scheunemann (2001) führen als Beispiel den Indus- Vertrag (1961) zwischen Indien und Pakistan an, der alle politischen Spannungen und diverse Kriege um Kaschmir überstanden hat.

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