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K. Rüdiger Durth
Rettung für die Kindergärten
Rheinische Synode dankt Ländern und
Kommunen
Das kommt nur selten vor: Eine evangelische Synode, in diesem
Fall die der drei Millionen Mitglieder zählenden Evangelischen
Kirche im Rheinland, dankt Bundesländern, Städten und
Gemeinden für ihr Engagement zugunsten der Kindergärten.
Nur so war es möglich, dass in der sich auf die
Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland
und Hessen erstreckende Landeskirche nicht noch mehr
Tageseinrichtungen für Kinder schließen musste. Denn
nicht nur die öffentlichen Kassen sind leer, sondern auch die
kirchlichen. Zugleich machte aber das im rheinland-pfälzischen
Bad Neuenahr tagende Parlament der rheinischen Protestanten
deutlich, dass die Kirche künftig nicht mehr als zehn Prozent
der Betriebskosten (das sind die Aufwendungen für Personal und
Sachkosten) aufbringen will und kann.
Der für Kindergärten und Schulen zuständige
Oberkirchenrat Harald Bewersdorff bringt die schwierige Situation
auf einen einfachen Nenner: "Je jünger die Kinder sind, desto
weniger Geld ist für sie da." Soll heißen, für den
Kindergarten gibt es weniger Geld als für die Grundschule,
für das Gymnasium weniger als für die Universität.
Dabei hat er die PISA-Studien auf seiner Seite. Bereits im
Kindergarten fällt die Entscheidung über die
Chancengleichheit der jungen Menschen im Bildungsbereich. Und er
erinnert die Politiker in den Landes- und Kommunalparlamenten, dass
allein die rheinische Kirche pro Jahr etwa zehn Prozent ihrer
gesamten Kirchensteuereinnahmen eben für den Kindergarten
aufwendet, nämlich zwischen 50 und 60 Millionen Euro.
Eigentlich ist der Staat für die 100-prozentige
Finanzierung der Kindergärten zuständig. Doch die Gesetze
der Länder nehmen neben den Eltern auch die freien Träger
in die Pflicht. Sie müssen einen Teil der Betriebskosten
selbst aufbringen. Da die Zuschüsse der meisten
Bundesländer (sowie Städte und Gemeinden) immer weiter
sinken, müssen die Kirchen immer höhere Zuschüsse
leisten. Und genau das können sie immer weniger. Dazu kommt,
dass in einigen Regionen bereits jetzt die Kinderzahlen rapide
sinken und die Kirchengemeinden als Träger der meisten
kirchlichen Kindergärten entweder Gruppen abbauen oder ganze
Einrichtungen schließen müssen.
Gegenwärtig unterhält allein die Evangelische Kirche
im Rheinland 867 Tageseinrichtungen für Kinder mit 54.600
Plätzen. Dabei werden auf der Basis von Studien zur
Demographie aus dem Jahr 2003 die Kinderzahlen allein in
Nordrhein-Westfalen um rund 22 Prozent bis zum Jahr 2015. Doch legt
man eine Gruppengröße von 20 Kindern zugrunde, dann
reichen die jetzt vorhandenen Kindergärten auch in zehn und
mehr Jahren nicht aus. Denn die Gruppen verfügen in der Regel
aus Kostengründen über erheblich mehr Kinder.
Immerhin hat Nordrhein-Westfalen festgelegt, dass der kirchliche
Eigenanteil an den Betriebskosten eines Kindergartens 20 Prozent
nicht übersteigen darf. Ein Prozentsatz, der oft niedriger
liegt als in anderen Ländern, aber aus kirchlicher Sicht immer
noch zu hoch ist. Schlichtweg um genau zehn Prozent. Die Synode der
Evangelischen Kirche im Rheinland verkennt nicht, dass viele
Kommunen in den letzten Jahren bereit waren, die kirchliche
Kindergartenarbeit mit erheblich höheren Geldbeträgen zu
unterstützen als gesetzlich vorgeschrieben. Ansonsten
hätten freilich viele kirchliche Kindergärten nicht mehr
überlebt und der Ersatz durch die Kommune wäre
wahrscheinlich noch teurer gekommen.
Warum gibt die Kirche nicht ihre Tageseinrichtungen für
Kinder auf, wenn sie diese auf Dauer nicht mehr finanzieren kann?
Zum einen, weil die Mitglieder erwarten, dass ihre Kirche einen
Kindergarten unterhält. Zum anderen, weil der Kindergarten zur
Aufgabe einer Kirchengemeinde gehört, die sich für die
Gesellschaft verantwortlich weiß. Zum dritten, weil der
Kindergarten für die christliche Prägung des jungen
Menschen von erheblicher Bedeutung ist. Zum vierten, weil dem
Kindergarten eine große Aufgabe im Blick auf die
Bildungschancen des jungen Menschen zufällt.
Gleichzeitig setzt sich die rheinische Landessynode für
mehr bürokratische Beweglichkeit ein, die den
Tageseinrichtungen für Kinder auch neue Möglichkeiten
einräumen - von der Aufnahme von Kindern unter drei Jahren
(hier besteht noch ein großer Nachholbedarf) bis hin zur
nachmittäglichen Gestaltung der offenen Ganztagsschulen. Vor
allem für den Bereich der Grundschule. Viele kirchliche
Kindergärten sind längst in der Lage, auch behinderte
Kinder aufzunehmen. Das hat sich sehr bewährt. Gleiches gilt
für die Aufnahme ausländischer Kinder, deren Integration
dadurch erheblich gefördert wird.
Für den evangelischen Kindergarten gilt auch in Zukunft, so
die rheinische Landessynode, die unaufgebbare Einheit von Bildung,
Erziehung und Betreuung. Im Blick auf die PISA-Studien fühlt
man sich gewappnet, zumal man über ein teilweise hervorragend
ausgebildetes Kindergartenpersonal verfügt. Doch der
kirchliche Kindergarten hat nur dann eine Zukunft, wenn der Staat
ihm nicht immer neue finanzielle Lasten aufbürdet.
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