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Johanna Metz
Nur die Stasi wusste Bescheid
Damals ...vor 5 Jahren am 20. Januar:
Bundestagsdebatte zur CDU-Spendenaffäre
Die CDU-Spendenaffäre - spannend wie ein Krimi.
Hauptschauplätze: ein Nobelhotel in Bonn, ein Parkplatz in der
Schweiz, die Parteizentrale der Hessen-CDU in Wiesbaden. Grobe
Handlung: anonyme Spender, geheime Geldübergaben, schwarze
Kassen. Zentrale Figuren: Ein Ex-Bundeskanzler (Helmut Kohl), der
als Edelmann mit Faible fürs Ehrenwort die Namen seiner
großmütigen Spender nicht preisgeben mag; ein bayrischer
Waffenhändler (Karlheinz Schreiber), der 1991 auf einem
schweizerischen Parkplatz zwei CDU-Finanzverwaltern einen Koffer
mit einer Million Mark in 1000-Mark-Scheinen übergibt; ein
CDU-Schatzmeister (Walther Leisler Kiep), der das Geld annimmt,
ohne dass es Erwähnung in den Rechenschaftsberichten der
Partei findet; ein CDU-Fraktionschef (Wolfgang Schäuble), der
bei einem Spendenessen 1994 vom Herrn Waffenhändler 100.000
Mark annimmt (was die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte
Baumeister und Karlheinz Schreiber bestreiten, denn sie behaupten,
Baumeister habe das Geld angenommen und an Schäuble
weitergereicht); ein CDU-Wirtschaftsprüfer (Horst Weyrauch),
der für den hessischen CDU-Landesverband Geheimkonten in der
Schweiz eröffnet.
In Bonn wie in Wiesbaden nahmen es Kohl und Konsorten mit der
Haushaltsführung offenbar nicht sehr genau. Der zeitweilige
Bundesinnenminister und Generalsekretär der hessischen Union
(und spätere Landesvorsitzende), Manfred Kanther, unterhielt
über Jahre, angeblich ohne Wissen der Führungsgremien der
Hessen-Union, ein System schwarzer Konten. Rund 20,8 Millionen Mark
Parteivermögen parkten seit 1983 in Liechtenstein und in der
Schweiz und wurden im Laufe der Jahre, als Vermächtnisse
deklariert, wieder der Partei zugeführt. Die Bundespartei muss
dafür nun 21 Millionen Euro an staatlicher
Parteienfinanzierung zurückzahlen.
Angesichts dieser Enthüllungen herrschte in der Republik
Aufruhr. In der Bundestagsdebatte zur Spendenaffäre schossen
die Anschuldigungen der Koalition erwartungsgemäß wie
Pfeilspitzen durch das Plenum, getragen von der Sorge um die
Stabilität des politischen Systems. Der
SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck sprach von einem der
größten politischen Skandale seit Gründung der
Bundesrepublik Deutschland und warf Helmut Kohl vor, sein Ehrenwort
über die Verfassung zu stellen. "Nennen Sie Ross und Reiter!",
forderte er den Alt-Bundeskanzler auf, Deutschland dürfe nicht
zu einer "kohlschen Bimbes-Republik" verkommen. Sein grüner
Kollege Rezzo Schlauch sagte, es werde mehr und mehr deutlich, dass
das System Kohl die CDU noch immer in den Fängen habe, "weil
es zum System der Partei geworden ist". CDU/CSU-Fraktionschef
Wolfgang Schäuble, der den Erhalt der 100.000 Mark von
Waffenhändler Schreiber abgestritten hatte, entschuldigte sich
für seine Unehrlichkeit und nannte die Affäre "unendlich
schwierig und qualvoll". Begleitet von lautstarken Zwischenrufen
gab er zu, dass in der Regierungszeit der CDU "ganz offensichtlich
gegen Gesetze verstoßen" worden sei. Am 16. Februar 2000 legte
er alle Ämter nieder.
Auch Helmut Kohl wiegelte ab. Von schwarzen Konten will er
nichts gewusst haben, und erst im November 1999 gab er zu, Spenden
am Haushalt der CDU vorbeigeschleust zu haben. Bis heute weigert er
sich, die Spender zu nennen, die ihm zwischen 1993 und 1998
insgesamt 2,1 Millionen Mark in bar zugesteckt hatten - Gelder, die
Kohl nach Gutdünken in der Partei verteilte. Sein Ehrenwort
habe er den Geldgebern gegeben, und daran konnte auch der vom
Bundestag eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss nicht
rütteln. Zweieinhalb Jahre lang versuchte der zu klären,
von wem die sechs Millionen Mark auf den Auslandskonten der CDU
stammten - erfolglos. Auch die Frage, wer nun wirklich die
berüchtigten 100.000 Mark des Waffenlobbyisten Schreiber
angenommen hat, Schäuble oder Baumeister, blieb unbeantwortet.
Dabei war der Untersuchungsausschuss der teuerste in der Geschichte
der Bundesrepublik: Über 138 Zeugen wurden gehört, 1800
Akten durchforstet, doch wegen der Ermittlungen verschiedener
Staatsanwaltschaften konnten die Hauptfiguren der
Spendenaffäre von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch
machen.
Dabei gab es Menschen, die über die Vorgänge in der
CDU informiert waren. Die Gauck-Behörde erklärte im
März 2000, dass die Stasi wichtige CDU-Finanzexperten
jahrelang abgehört habe. Schon vor zwei Jahrzehnten wussten
die DDR-Spione Bescheid über das illegale Finanzgebaren der
CDU, aber: Fraktionsübergreifend vereinbarten die
Bundestagsparteien, die Akten im Untersuchungsausschuss nicht zu
verwenden.
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