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Martin Agüera
MEADS vor der Entwicklungsphase
Raketenabwehrsystem mittlerer
Reichweite
Das Bundesverteidigungsministerium hofft nach derzeitigen
Erkenntnissen, die Vorlage für das trinationale
Raketenabwehrsystem mittlerer Reichweite, MEADS, im Februar vom
Haushaltsauschuss des Deutschen Bundestages gebilligt zu bekommen.
Die Leitung des Ministeriums traf Mitte Januar die Entscheidung,
die Vorlage nun in den kommenden Tagen zeitgerecht zunächst
dem Finanzministerium und dann dem Haushaltsauschuss zukommen zu
lassen. Üblicherweise braucht dieser haushaltsrechtliche
Abstimmungsprozess vier bis sechs Wochen. Wie aus dem
Verteidigungsministerium verlautete, wäre eine
Beschlussfassung über die knapp eine Milliarde Euro umfassende
Entwicklungsphase im Februar aus mehreren Gründen
sinnvoll.
Zum einen wäre damit die Einhaltung der sechsmonatigen
Frist gewahrt, die Deutschland im September von den USA und Italien
zur parlamentarischen Befassung ermöglicht wurde. Damals
beschlossen Washington und Rom zwar, direkt in die anstehende
Entwicklungsphase einzusteigen. Deutschland wurde auf Grund des
Haushaltsrechts einen späterer Beitritt zugesagt. Diese Frist
endet im März. Zum anderen wäre eine Beschlussfassung
gegen Mitte oder Ende Februar aus politischer Sicht
äußerst günstig. Derzeit arbeitet die
Bundesregierung an einem Besuchsprogramm für das Treffen
zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident
George W. Bush am 23. Februar in Mainz. Es ist der erste Besuch
Bushs seit den politischen Zerwürfnissen ausgelöst durch
den Irak-Krieg.
Auf beiden Seiten des Atlantiks wurde erklärt, eine
politische Annäherung werde wieder angestrebt. Die
Streitigkeiten, die für eine nie da gewesene Verstimmung in
den deutsch-amerikanischen Beziehungen gesorgt hatten, sollen durch
das Treffen endgültig beigelegt werden. Die Symboltracht des
MEADS-Programms ist deshalb nicht zu unterschätzen. Als eines
der wenigen großen gemeinsamen Rüstungsprogramme mit den
USA käme die Billigung der knapp fünf Jahre langen
Entwicklungsphase genau recht, um eine erneute Annäherung in
den transatlantischen Beziehungen einzuläuten, sagen
Branchenexperten. Die Regierung könnte MEADS Präsident
Bush sozusagen als Geschenk auf dem "Gastteller" präsentieren,
schrieb jüngst der Branchendienst "Griephan Briefe".
Wie aus dem Verteidigungsministerium und dem Bundestag zu
vernehmen war, hatte eine jüngst veröffentlichte Studie
der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung
(HSFK) nicht die positive Grundhaltung der Parlamentarier zum
Raketenabwehrsystem MEADS beeinflusst. Kurz vor Weihnachten hatte
die HSFK ihre 79-seitige Analyse zum MEADS-Programm der
Öffentlichkeit vorgestellt. Darin hatte der Autor, Bernd
Kubbig, die Beschlusslage als unzureichend für eine
derzeitigen Eintritt in die Entwicklungsphase des Programms
bezeichnet. Die Bundestagsabgeordneten sollten sich laut Kubbig
nicht zu einer Entscheidung drängen lassen und mehr Zeit
für die Befassung mit dem Thema veranschlagen. Das
Verteidigungsministerium bezeichnete diese Aussagen als ein
"Nachtreten" Kubbigs.
Der Friedensforscher aus Frankfurt hatte im Laufe des
vergangenen Jahres seine Position zu MEADS einer
Berichterstattergruppe unter Vorsitz des Abgeordneten Hans-Peter
Bartels (SPD) vorgetragen, die sich über ein Jahr mit der
Thematik einer bodengebundenen Luftverteidigung auseinandergesetzt
hatte. "Dort hat Kubbig seine Argumentation nicht durchbringen
können und die Abgeordneten haben durch ihren Abschlussbericht
ihre Auffassung der Lage abgegeben. Alles was jetzt folgt, ist der
Versuch einer Beeinflussung der Abgeordneten", hieß es aus dem
Ministerium.
Kubbig hatte den Abgeordneten vorgeworfen, eine vom
Verteidigungsministerium gefertigte Vorlage nahezu identisch als
parlamentarischen Abschlussbericht übernommen zu haben. Des
weiteren stellte Kubbig die These auf, die Beschaffungskosten des
Programms könnten deutlich höher ausfallen als bisher
angenommen. Man dürfe "ruhig mit dem drei- oder vierfachen"
der heute drei Milliarden Euro geschätzten Kosten rechnen,
betonte Kubbig vor Journalisten. Eine Aussage, die Offizielle des
Verteidigungsministeriums entzürnte. Derzeit seien solche
Aussagen durch die noch nicht begonnene Entwicklung von MEADS nicht
legitim. "Um zu wissen, was das Programm endgültig kostet,
müssen wir es überhaupt erst entwickeln", so der
Kommentar aus dem Verteidigungsministerium. Alle bisher
vorliegenden Zahlen seien ordnungsgemäß den Abgeordneten
der Berichterstattergruppe vorgelegt und erklärt worden.
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