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Der reisende Filmzirkus auf der Suche nach
billigen Standorten
Produzenten beklagen Rahmenbedingungen in
Deutschland
Kultur und Medien. Die Rahmenbedingungen für die
Filmwirtschaft in Deutschland verschlechtern sich nach Meinung von
Filmproduzenten ständig. "Es muss etwas passieren" - so Martin
Moszkowicz, Vorstand von Constantin Film, zuständig für
den Bereich Produktion, in einer öffentlichen Sitzung des
Kulturausschusses am 19. Januar. Damit drückte er die Stimmung
aller geladenen Gäste aus, die mit dem Gremium und Vertretern
des Finanzausschusses über Modelle der Filmfinanzierung unter
dem steuerpolitischen Aspekt diskutierten. Die Produzenten,
darunter Eberhard Junkersdorf, Alexander Thies, Andreas Schmid und
Sytze van der Laan, sparten auch nicht mit Kritik an dem so
genannten Medienerlass, der sich "dramatisch" auf die
Filmwirtschaft auswirke und die internationalen Koproduktionen
behindere. Nach diesem Medienerlass des Bundesfinanzministers
müssen sich Investoren aktiv an einem Filmprojekt beteiligen,
wollen sie es als Abschreibung nutzen.
Wichtig sei, den deutschen Filmmarkt international
wettbewerbsfähig zu machen, auch angesichts der Konkurrenz aus
Ost- und Mitteleuropa. Als Produzent habe man eine Menge von
Wahlmöglichkeiten weltweit, beschrieb Moszkowicz die
Situation. Zurzeit würden mehr als die Hälfte der
deutschen Filmproduktionen im östlichen Ausland entstehen -
"eine ungesunde Situation", lautete das Fazit Moszkowiczs.
Auch van der Laan unterstrich die Härte der internationalen
Konkurrenz, die sich nach der EU-Erweiterung noch verstärkt
habe. Die Filmwirtschaft sei "ein reisender Zirkus". Produziert
werde dort, wo es am billigsten sei. Dies drücke sich
unmittelbar am Arbeitsmarkt aus und habe negative Folgen für
die Volkswirtschaft und die Sozialversicherungssysteme. Die Politik
müsse daher - so die Meinung aller Experten - vernünftige
Rahmenbedingungen schaffen, um den Standort Deutschland attraktiver
zu machen und die indirekte Finanzierung teurer
Hollywood-Produktionen mit deutschen Finanzfonds zu begrenzen. Das
Paradoxe: "Deutschland hat eine tolle Infrastruktur, aber keine
Filmwirtschaft", meinte dazu Alexander Thies. "Wir sollten so
selbstbewusst sein, unsere Kultur zu exportieren. Für uns ist
der Stahl immer noch wichtiger", kritisierte er.
"Massive" Probleme beklagten die Filmemacher auch im
Zusammenhang mit der Einführung von Hartz IV, denn viele
"unstetig Beschäftigte" in der Branche "fallen durch den
Rost". In der Folge werde weniger produziert. Nach Angaben von
Moszkowicz verteuere sich dadurch die Produktion um etwa drei
Prozent. Problematisch sei dies vor allem für kleinere Firmen.
Die Vertreter der Branche mahnten auch eine klarere Regelung des
Urheberrechts an - die Produzenten hätten immer noch "keine
absolute Sicherheit" über ihre Rechte, so Junkersdorf. Den
Verbrauchern müsse klar gemacht werden, was Piraterie ist.
Lohnkostenzuschuss favorisiert
Beim Kernthema des Gesprächs - den Modellen der
Filmfinanzierung - favorisierte die Mehrheit der Produzenten das
Modell des direkten Lohnkostenzuschusses, das sich vor allem in
Kanada und Südafrika bewährt habe, und auch in mehreren
US-Bundesstaaten praktiziert werde. Danach erhalten Produzenten,
die eine Filmproduktion ins Land holen und damit Beschäftigung
schaffen, einen staatlichen Zuschuss zu den Lohnkosten des Filmes.
Dieses Modell stieß in allen Fraktionen im Ausschuss auf
Ablehnung, weil es in der aktuellen wirtschaftlichen und
finanzpolitischen Situation nicht durchsetzbar sei.
Sie plädierten für das in ihren Augen Machbare - das
so genannte Sale-and-Leaseback-Modell, bei dem 35 Prozent des
Filmbudgets in Deutschland ausgegeben werden müsse. Einen
Befürworter fand dieses Modell auch bei dem Produzenten Thies
- es sei ein einfacher Weg, man könne es "abgucken" in Europa
und die Erfahrungen aus England nutzen. Andere Vertreter der
Branche zeigten sich dieser Form der Förderung gegenüber
skeptischer. Sie sei kompliziert, gewähre wegen der
Abhängigkeit vom jeweiligen Zinsniveau keine
Planungssicherheit und sei eigentlich nur für große
Produktionen geeignet. Dennoch: Auch dieses Modell sei "besser als
nichts".
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