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K. Rüdiger Durth
Keine religiösen Symbole im
Öffentlichen Dienst
Berlin und das Kopftuchverbot
Nun ist auch in Berlin das Tragen religiöser Symbole im
Öffentlichen Dienst verboten - vor allem für Lehrerinnen
und Lehrer an allgemein bildenden Schulen, für Richterinnen
und Richter sowie für Polizistinnen und Polizisten. Davon ist
nicht nur das Tragen eines Kopftuches für muslimische Frauen
betroffen, sondern auch das anderer religiöser Symbole wie
Kreuze von Christen oder Kippas für jüdische Männer.
Das gilt auch für die Erzieherinnen und Erzieher sowie
Betreuerinnen und Betreuer von Kindertagesstätten - allerdings
nur dann, wenn Eltern dies wünschen. Bislang ist aber aus
solchen Einrichtungen noch kein entsprechender Wunsch laut geworden
und auch in der Vergangenheit hat es deshalb keine Probleme
gegeben.
So jedenfalls hat es das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von
Rot-Rot beschlossen. CDU, FDP und Grüne stimmten gegen das
Gesetz, das seit Monaten in der Bundeshauptstadt mehr als
kontrovers diskutiert worden ist und auch von den Kirchen mit
Argwohn begleitet worden ist. Allerdings sind kleine religiöse
Symbole, die als Schmuckstück getragen werden, von dem
offiziellen Verbot ausgenommen. Das Verbot religiöser Symbole
im Öffentlichen Dienst Berlins tritt im Laufe des Februar in
Kraft - wenn es im Amtsblatt des Landes veröffentlicht worden
ist.
Damit folgt Berlin nun einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts, das die Frage des Verbots des Kopftuchs
für islamische Lehrerinnen an die einzelnen Bundesländer
delegiert hat. Inzwischen haben Bayer, Saarland, Niedersachsen und
Baden-Württemberg ein gesetzliches Kopftuchverbot für
für Lehrkräfte im Schuldienst beschlossen. In Hessen gilt
das Verbot für Beamtinnen generell. In Berlin geht man mit dem
Verbot religiöser Symbole - offiziell Neutralitätsgesetz
genannt - noch einen Schritt weiter.
Wie sich das Neutralitätsgesetz im Berliner Alltag
auswirken wird, bleibt abzuwarten. Legt man es streng aus, darf
beispielsweise in Zukunft der Erzbischof von Berlin, Georg Kardinal
Sterzinsky, nicht mehr äußerlich als Kleriker zu erkennen
sein, wenn er beispielsweise gebeten wird, eine Stunde katholischen
Religionsunterrichts in einer allgemein bildenden Schule zu halten
- wo freilich dieser Unterricht nach dem Berliner Schulgesetz
ohnehin kein ordentliches Schulfach ist, sondern ein freiwilliger
Unterricht außerhalb des offiziellen Stundenplans. Das gilt
für den evangelischen Bischof von Berlin-Brandenburg,
Professor Wolfgang Huber, gleichermaßen, der zugleich als
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) ranghöchster protestantischer Geistlicher ist.
Schwerer wiegt das Neutralitätsgesetz freilich für
Nonnen und Mönche, die katholischen Religionsunterricht an
allgemeinbildenden Schulen halten. Sie müssen künftig in
Alltagskleidung erscheinen. Selbstverständlich gilt dies auch
für Imame, die für eine bestimmte muslimische Vereinigung
islamischen Religionsunterricht in allgemein bildenden Schulen
erteilen, der ebenfalls außerhalb des Unterrichts, aber in den
Schulen stattfindet. Allgemein ist islamischer Religionsunterricht
auch als freiwilliger Unterricht noch nicht zugelassen.
Das Neutralitätsgesetz hat keine Auswirkung auf
evangelische oder katholische Privatschulen, in denen
Religionsunterricht Pflicht ist und die als allgemein bildende
Schulen einen Sonderstatus genießen. Betroffen sind von dem
Neutralitätsgesetz in erster Linie muslimische Frauen, die zu
einem nicht geringen Anteil im öffentlichen Dienst arbeiten.
Was passieren wird, wenn sich Frauen weigern werden, beim Betreten
ihres Arbeitsplatzes in der öffentlichen Verwaltung ihr
Kopftuch abzulegen, bleibt abzuwarten.
Verbunden mit dem Neutralitätsgesetz ist die Verpflichtung
des Senats des Landes Berlin, mehr als bislang für die
Integration der Muslime in Berlin zu tun. Darauf hatte der
PDS-Koalitionspartner gegenüber der SPD bestanden. Andernfalls
hätte er seine Zustimmung zu dem Neutralitätsgesetz
verweigert. Vor allem die CDU sieht nicht ein, warum sich nun auch
Christen im Öffentlichen Dienst zurückhalten sollen. Die
Grünen hingegen sehen die Notwendigkeit eines Verbotes auch
für ein muslimisches Kopftuch nicht ein. Ihrer Meinung nach
verstößt das Gesetz gegen die Freiheit des einzelnen
Bürgers. Die Berliner SPD wiederum wird stark von dem
Humanistischen Verband beeinflusst, der sich gegen den Einfluss von
Kirchen (und Religionsgemeinschaften) auf das öffentliche
Leben wehrt. Deshalb war es bislang auch nicht möglich, in
Berlin Religion (alternativ Philospohie) als schulisches
Pflichtfach einzuführen.
Die PDS setzte für ihr Ja zum Neutralitätsgesetz eine
stärkere Integration der Muslime (vor allem muslimischer
Frauen) durch und die Schaffung einer Anti-Diskriminierungsstelle
sowie eines Arbeitskreises "Islam und Schule". Diesem Arbeitskreis
kommt eine besondere Bedeutung zu, weil er nicht nur den Kontakt
mit den zahlreichen Islam- und Moscheevereinen suchen und halten,
sondern auch dafür sorgen soll, dass muslimische Eltern ihre
Mädchen nicht vom Sport- und Schwimmunterricht abmelden.
Genaue Zahlen gibt es nicht, wie viele muslimische Mädchen
in Berlin aus religiösen Gründen vom Sport- und
Schwimmunterricht abgemeldet worden sind. In Kreuzberg, einer der
Stadtteile mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil,
sollen es um die 60 Mädchen sein. In Zukunft will man sich
bemühen, genauere Erhebungen anzustellen. Ziel der
Antidiskrimierungsstelle soll es unter anderem sein, Vorbehalte von
Arbeitgebern gegenüber Kopftuchträgerinnen abzubauen.
Angeblich sollen die Vorbehalte in letzter Zeit gewachsen sein.
Probleme gibt es vor allem noch über Einrichtung und
Zuständigkeiten der Arbeitsgemeinschaft "Islam und
Schule".
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