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Elizabeth Reiche
Aufgekehrt...
Endlich sind die wirklich wichtigen Fragen, die Deutschland in
letzter Zeit beschäftigt haben, geklärt. Hierzulande
werden schlicht zu wenig Kinder in Akademikerfamilien geboren! Dies
stellte unlängst ein kinderloses Mitglied des FDP-Vorstands
fest. Zur Lösung des Problems wurde lediglich vorgeschlagen,
weniger die sozial Schwachen zu fördern, sondern für
Hochschulabsolventinnen das Kinderkriegen staatlich zu
subventionieren. Kommt ja auch mehr dabei raus: Schlauere Kinder
von schlaueren Eltern stellen schließlich die Elite von
morgen, und zahlt die nicht die meisten Steuern? Also daran haben
unsere Bildungspolitiker und Hochschulrektoren gedacht, als sie
fleißig Elitenetzwerke und Exzellenzzentren gegründet
haben. An runden Tischen planen sie vermutlich schon heimlich die
nächsten Schritte. Siehe Studiengebühren, etwa in den
Elite-Hochburgen Bayern oder Baden-Württemberg. Sind die
bildungsfernen Schichten nämlich erst einmal wegen
übertrieben hoher Ausbildungskosten und sonstiger
elitetechnischen Anforderungen von der akademischen Laufbahn
abgeschreckt, studieren nur noch die Richtigen. Wie kriegt man aber
nun die neuen Eliten dazu, mehr Kinder zu bekommen? Zumindest
könnte man ihnen für ihre Kinder und Kindeskinder
Elite-Studienplatzgarantien geben.
Und wohin steckt man die hoffnungslosen Fälle, die schon
ein Kind mit in die Vorlesung bringen? Denen müsste man erst
einmal klar machen, dass sie von heute auf morgen keine
Störenfriede im 14. Semester mehr sind, sondern Anlass
für Lobeshymnen. Einfach umzusetzen wäre für sie das
gebührenfreie Studium oder ein Payback-Prämiensystem
für jede bestandene Prüfung. Es müssten
natürlich auch Exzellenz-Unikindergärten her und ein
Ganztags-Elitenkinderbetreuungssysstem. Dann wären auch
zukünftige Volkswirtinnen und Gentechnikerinnen, die sich
bereits auf ein Leben ohne Kind eingerichtet hatten, für das
Thema sensibilisiert. Natürlich müssten unrentable
Studiengänge wie Vorderasiatische Kunstgeschichte oder
mathematische Philosophie verschwinden, denn die bringen nur eine
neue Form sozial Schwacher hervor, die statt zur
förderwürdigen Elite zum hilfsbedürftigen
Arbeitslosengeld II-Empfänger werden. Und die gehören
nicht zur gewünschten künftigen Elterngeneration. Bleibt
nur noch ein Problem: Woher sollen die 80 Prozent deutschen
Studentinnen, die sich laut Umfragen mindestens ein Kind
wünschen, den geeigneten Eliten-Partner hernehmen? Immerhin
sehen sie sich mit einer zahlenmäßig unterlegenen
männlichen Elite konfrontiert. In Australien könnten sie
fündig werden, denn dort sind Parlamentarier in aller
Öffentlichkeit zur Samenspende aufgerufen worden. Könnte
dies nicht auch bei uns die leidige Debatte um dubiose
Nebeneinkünfte der Politiker rasch zu einem Ende bringen?
Schließlich kann ja wohl niemand etwas dagegen haben, wenn
sich die politische Elite für eine steigende Geburtenrate in
Deutschland engagiert und für ihre Bemühungen entlohnt
wird. Ein praxisorientierter Beitrag, ganz ohne Gutachten,
Expertengremien und Statistiken!
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