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Jeannette Goddar
Auf der Suche nach dem Glück
Der Osten holt auf
Mehr als 15 Jahre nach dem Mauerfall ist ein Ende des Trecks in
den Westen nicht in Sicht: Immer noch ziehen in jedem Jahr mehr als
150.00 Menschen aus den neuen in die alten Bundesländer.
Insgesamt kehrten auf diesem Weg inzwischen mehr als zwei Millionen
ihrer Heimat den Rücken. Es sind vor allem junge Menschen auf
der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben.
Andererseits gibt es auch Licht am Horizont. Zwar wurde der
für den Aufbau Ost zuständige Minister Manfred Stolpe
(SPD) im vergangenen Herbst für seinen optimistischen
Jahresbericht zur Deutschen Einheit schwer gescholten. Aber fest
steht zumindest: Erstmals seit Jahren lag das Wachstum in den neuen
Ländern 2003 mit plus 0,2 Prozent über dem Wert der
westdeutschen Länder. Dieses Wachstum, attestiert das Institut
für Wirtschaftsforschung Halle, sei zwar "viel zu gering",
aber eine Kehrtwende. Zu wenig Anzeichen gibt es nach Ansicht der
Wirtschaftsforscher bisher für eine Zunahme der
Arbeitsplätze; außerdem geht die Kaufkraft zurück.
Statistisch lag das durchschnittliche Haushalts-Bruttoeinkommen
2003 im Westen fast 1.000 Euro höher als im Osten (3619:2734).
Das heißt aber nicht, dass man sich in den neuen Ländern
nichts leistet: Statistisch werden von ostdeutschen Haushalten fast
ebenso viele Autos, Waschmaschinen und Mikrowellen betrieben wie im
Westen. Und: Der Osten holt auf. Laut einer jüngst
veröffentlichten Studie des Marktforschungsunternehmens GfK
wird das durchschnittliche Jahreseinkommen im Osten im Jahr 2005
20,1 Prozent unter West-Niveau liegen; noch 2004 waren es 23,5
Prozent.
Außerdem sind die regionalen Unterschiede enorm: Sachsen
hat sich längst einen Ruf als kleines Silicon Valley erworben.
Mit einer Wachstumsrate von 1,5 Prozent lag der Freistaat 2003 vor
allen anderen Bundesländern. Zurückzuführen ist das
vor allem auf den Mikroelektronik-Standort Dresden und die
expandierende Automobilbranche um Leipzig. Am anderen Ende der
Skala liegt das Zweieinhalb-Millionen-Einwohner-Land Brandenburg.
In manchen Regionen nahe der Oder hat die Arbeitslosigkeit
längst die 30-Prozent-Marke überschritten. Seit
sämtliche von der brandenburgischen Regierung forcierten
Großprojekte vom Lausitzring über die Chip-Fabrik in
Frankfurt bis zum Cargolifter im märkischen Sand verliefen,
setzt die Regierung nicht zuletzt auf die Einnahmequelle Tourismus;
allerdings auch das bisher ohne durchschlagenden Erfolg.
Brandenburg ist aber auch ein Beispiel für die Verschwendung
von Fördergeldern aus dem Solidarpakt I. Allein die drei
genannten Projekte wurden mit 280 Millionen Euro subventioniert -
ohne dass den Menschen im Land damit nachhaltig geholfen werden
konnte. Das desillusioniert die Bewohner im Osten, aber auch im
Westen.
Seit dem 1. Januar ist der Solidarpakt II in Kraft. Noch einmal
156 Milliarden Euro sollen bis 2019 in die neuen Länder
fließen; jedes Jahr soll es ein bisschen weniger werden. Und
"zielgerichteter" sollen die Mittel vergeben werden, heißt es
aus dem Stolpe-Ministerium. Insgesamt sind bisher geschätzte
1.250 Milliarden Euro Transferleistungen in die neuen
Bundesländer geflossen. Blühende Landschaften sind dessen
ungeachtet bestenfalls als kleine Ländereien in Sicht.
Immerhin geht die Abwanderung langsam, aber sicher zurück. Ein
Zusammenhang zwischen messbarer Perspektivlosigkeit und Flucht in
den Westen besteht übrigens nur begrenzt: Die meisten
Einwohner seit der Wende hat das relativ prosperierende Sachsen
verloren.
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