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Günter Pursch
Gebühren für das Studium?
Heftiger Parteienstreit nach dem Urteil der
Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hat am 26. Januar
den Weg für Studiengebühren freigemacht und mehrere
unionsgeführte Länder haben bereits angekündigt,
diese einzuführen. Noch am selben Tag brach ein heftiger
Streit zwischen den Parteien über den Karlsruher Richterspruch
aus. In einer von der CDU/CSU-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde
warf die Union der rot-grünen Bundesregierung Versagen in der
Bildungspolitik vor. Dies wurde von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen zurückgewiesen. Sowohl die Opposition als auch die
Regierung bekräftigten in der Debatte ihre unterschiedlichen
Positionen.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat
nach den Worten der stellvertretenden CDU/
CSU-Fraktionsvorsitzenden Maria Böhmer deutlich gemacht, dass
"die Politik dieser Bundesregierung wieder einmal gescheitert ist".
Die Koalition hat eine eklatant falsche Weichenstellung im
Hochschulbereich vorgenommen. Die Karlsruher Entscheidung ist "gut
für unser Land und gut für unsere Hochschulen". Sie sei
"sehr froh", dass die unionsregierten Bundesländer
vorangegangen seien und vor dem Bundesverfassungsgericht dafür
gekämpft haben, dass die "Hochschulen die Freiheit bekommen",
die sie brauchen, um in Finanzfragen selbstständig zu handeln.
Sie nannte zwei Bedingungen, die für die Union "essenziell"
seien: Die Studienbeiträge müssten sozialverträglich
gestaltet sein und den Hochschulen in vollem Umfang zur
Verfügung stehen.
Für die SPD bezeichnete dagegen deren
bildungs- und forschungspolitischer Sprecher Jörg Tauss, dass
dies keine guter Tag "für die deutschen Studierenden" sei.
Seine Partei bleibe dabei: "Studiengebühren für ein
Erststudium sind und bleiben sozial ungerecht. Sie sind
bildungspolitisch kontraproduktiv." Jetzt seien die Länder am
Zug. Diese hätten von Karlsruhe die klare Aufgabe zugewiesen
bekommen, die Bedingungen der Studiengebühren selbst zu
regeln. Damit sei jedoch die "Gefahr gestiegen, dass es in
Deutschland keine einheitlichen Lebensverhältnisse mehr gibt".
Der Union warf Tauss vor, sie ziele darauf ab, das "BAföG
abzuschaffen oder Darlehen einzuführen, für die die
Studierenden aufzukommen haben". CDU und CSU wollten sie "mit
Schulden von 40.000 oder 50.000 Euro ins Berufsleben
entlassen".
Von der FDP wird das Karlsruher Urteil
ausdrücklich begrüßt. Wie der Abgeordnete Hellmut
Königshaus erklärte, besagt es, dass das "Verbot von
Studiengebühren nicht nur falsch war, sondern sogar nichtig".
Damit sei "endlich die Blockade durchbrochen", die Länder
könnten ihren Hochschulen auch wirtschaftlich die Autonomie
gewähren, die sie bräuchten. Bisher würden die
Hochschulen daran gehindert, einen Wettbewerb um die Qualität
der Lehre zu führen. Jeder, der mit einem "deutschen
Studienabschluss im Ausland erscheint, ist drei oder vier Jahre
älter als jemand aus einem anderen Land".
Grietje Bettin vom Bündnis 90/Die
Grünen hob hervor, dass die Länder nun in der Pflicht
seien, im Interesse "der jungen Menschen gerechte Lösungen zu
finden". Das sei die "Hausaufgabe die das Bundesverfassungsgericht
den Ländern aufgegeben" habe. Sie ist der Meinung: "Wir
brauchen mehr und nicht weniger Akademikerinnen und Akademiker in
Deutschland." Politisches Ziel müsse sein, "mehr junge
Menschen zum Studieren zu befähigen und zu motivieren",
stellte die Politikerin fest.
Die Forderung von Oppositionspolitikern,
Bundesbildungs- und -forschungsministerin Edelgard Bulmahn solle
wegen ihrer Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht
zurücktreten, wurde von ihrem Parlamentarischen
Staatssekretär Ulrich Kasparick - beide SPD -
zurückgewiesen. Die Ministerin konnte aus "flugtechnischen
Gründen" nicht an der Debatte teilnehmen. Karlsruhe sieht nach
den Worten Kasparicks "sehr wohl Risiken", die sich aus der
Zuständigkeit der Länder für die
Studiengebühren ergeben. Das Gericht schließe auch nicht
aus, dass es "zu Ungleichgewichten in Deutschland" kommen
könnte. Eine solche Entwicklung zeichne sich jedoch nach
Meinung der Richter derzeit noch nicht konkret ab. Deshalb
dürfe der Bund hier vorerst keine Regelungen erlassen. Dadurch
werde ihm eine "vorausschauende Planung" nicht erlaubt. Weiterhin
hob der Parlamentarische Staatssekretär hervor: "Die
Länder sind gefordert, die Sozialstaatlichkeit zu
gewährleisten." Der Bund werde dies nicht mitmachen, falls die
Länder Kosten auf ihn abwälzen wollten.
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