dpa
Vermittlungsausschuss angerufen
Wohnraumüberwachung
Der Gesetzgeber kommt mit der vom Bundesverfassungsgericht
vorgeschriebenen Neufassung der akustischen
Wohnraumüberwachung unter Zeitdruck. Der von der Union
dominierte Bundesrat schickte am 27. Mai das von SPD und
Grünen im Bundestag beschlossene Gesetz in den
Vermittlungsausschuss. Damit ist angesichts der für September
angestrebten Neuwahl unklar, ob die von Karlsruhe gesetzte Frist
bis zum 30. Juni einzuhalten ist und das Gesetz nicht ganz
hinfällig wird.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr die
bisherige Abhörpraxis bemängelt und das Lauschen im
"absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung"
untersagt. Der so genannte Große Lauschangriff war noch von
der früheren CDU/CSU/FDP- Regierung durchgesetzt worden. Die
damalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
war deswegen 1996 zurückgetreten und gehörte zu den
Klägern, die mit ihrer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe
Erfolg hatten.
Kommt es im jetzt anstehenden Vermittlungsverfahren nicht zu
einer raschen Einigung und wird die Frist 30. Juni
überschritten, gäbe es auf Bundesebene keine gesetzliche
Grundlage mehr für das Abhören von Wohnräumen. Der
Große Lauschangriff wäre damit faktisch abgeschafft.
Allerdings lässt in vielen Bundesländern das Polizeirecht
unter bestimmten Voraussetzungen Lauschaktionen zu. Eine neue
Regierungskoalition könnte im Herbst den Großen
Lauschangriff wieder einführen. Bei einem Wahlsieg müsste
die Union aber mit dem Nein der Liberalen rechnen. Die FDP hatte
bei ihrem Parteitag im Mai eine komplette Streichung des
Lauschangriffs beschlossen.
Nach der vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderung
müssten Fahnder künftig beim Abhören abschalten,
wenn die Belauschten private Gespräche führen. Damit soll
die Auflage von Karlsruhe erfüllt werden. Dieser Passus wird
von der Union als völlig unpraktikabel abgelehnt. Die Union
schlägt stattdessen vor, die Gespräche komplett
aufzuzeichnen und später einen Richter entscheiden lassen, ob
einzelne Passagen gelöscht werden müssen.
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