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Helmut Lölhöffel
Staatsbürgerlich
Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof
zu Staat und Politik
Was muss der Staat regeln, was darf er seinen Bürgern
zumuten, wo hat er sich nicht einzumischen? Der ehemalige
Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof vermittelt einen
seriösen und lehrreichen staatsbürgerlichen
Primärunterricht. Kirchhof, der heute ein
Universitätsinstitut leitet, hat als Konservativer eine fest
gefügte Vorstellung vom Staat, der sich auf kulturelle Werte,
Traditionen und Religion gründet, der den Menschen
Freiheitsrechte verschafft und selbst eine Hoheitsgewalt
beansprucht.
Kirchhof kennt die verbreitete Geringschätzung, aber auch
die hohen Erwartungen an den Staat als Sozialschutzsystem und als
Friedensbewahrer. Trotz aller Handlungsschwächen, die er
nüchtern, aber nicht klagend benennt, kommt er zu dem Schluss,
dass es zum Staat keine Alternative gebe, sondern dass alle
Kräfte gesammelt werden müssten, "um ihn zu erneuern und
zu verbessern".
Manchmal benutzt er befremdliche Vokabeln, wenn er die
Staatsbürger "Gewaltunterworfene", "Menschenrechtsberechtigte"
oder "Freiheitsberechtigte" nennt, die "individualnützige
Leistungen" vollbringen. Hier und da macht er auch eigenartige
Vorschläge. So sollten Journalisten in Jahresbilanzen
rückblickend verantworten, warum sie berichtet oder
geschwiegen, gelobt oder getadelt haben. Oder einmal im Monat
könnte in einem "Kultur-DAX" über die Leistungen
ehrenamtlich Tätiger Rechenschaft abgelegt werden.
Das ist realitätsfern, zeugt aber vom ungebrochenen
Vertrauen Kirchhofs in Institutionen. Das letzte Wort seiner
Abhandlung heißt "Nachhaltigkeit" - auch daran glaubt er
unerschütterlich, sogar in der Politik.
Paul Kirchhof
Der Staat - Eine Erneuerungsaufgabe.
Verlag Herder, Freiburg, 2005; 160 S., 8,90 Euro
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