Eckhard Stengel
Perschau neuer CDU-Fraktionschef
Bremen - Kastendiek Nachfolger von
Wirtschaftssenator Gloystein
Niemand will Wirtschafts- und Kultursenator im extrem
verschuldeten Bremen werden? Stimmt nicht. Nur 13 Tage nach dem
Rücktritt des Politik-Seiteneinsteigers Peter Gloystein (59),
der einem Obdachlosen Sekt über den Kopf gegossen hatte, hat
die Bürgerschaft bereits einen Nachfolger gewählt: den
bisherigen CDU-Fraktionschef Jörg Kastendiek (40). Der
Diplom-Bauingenieur bekam zwar sechs "Ja"-Stimmen weniger, als
Abgeordnete der großen Koalition anwesend waren, aber solcher
Schwund ist bei Bremer Senatorenwahlen normal.
Seit dem Wechsel von Gloystein zu Kastendiek ist nunmehr kein
CDU-Senator älter als 40. "Jetzt ist der frühere
Landesvorstand der Jungen Union fast geschlossen im Senat
gelandet", stellte Bürgermeister Henning Scherf (SPD)
fest.
Damit aber die junge Garde nicht gar zu stark wird, ließ
sich der altgediente CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann (MdB)
einen Coup einfallen: Er reaktivierte Gloysteins Vorgänger
Hartmut Perschau. Der 63-Jährige war im Sommer 2004 wegen
einer Krebserkrankung als Wirtschafts- und Kultursenator
ausgeschieden und arbeitete nur noch als einfacher Abgeordneter.
Inzwischen ist Perschau weitgehend genesen. Nach Gloysteins Abgang
hätte er theoretisch wieder in sein altes Amt
zurückkehren können. Aber "das wäre sittenwidrig
gewesen", fand der Garant der Koalition und übernahm lieber
Kastendieks freigewordenen Posten als Fraktionschef - für
Scherf "eine wunderbare Nachricht".
Das Personalkarussell begeisterte aber nicht alle. Die
Grünen erinnerten daran, dass die CDU seit der
Koalitionsbildung 1995 bereits ein halbes Dutzend Senatoren
verschlissen habe. Und die Jusos lästerten: "Kastendiek war
der letzte, den sie hatten." SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen
lobte ihn allerdings als "verlässlichen und fairen
Partner".
Auf Kritik stieß auch eine weitere Personalie: Die CDU
ließ ihren Innensenator Thomas Röwekamp (38) im Senat zu
Scherfs Stellvertreter wählen - und das, obwohl sein Ruf
kürzlich durch den tödlichen Brechmitteleinsatz gegen
einen Kleindealer angekratzt wurde und er deshalb sogar einem
Grünen-Misstrauensantrag ausgesetzt war. Immerhin schreibt
Röwekamp Lokalgeschichte: Er ist der erste Vize-Regierungschef
der Nachkriegszeit, der aus Bremerhaven kommt. Bislang galt im
Zwei-Städte-Staat, dass nur Bremer die obersten Senatsposten
besetzen durften.
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