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jök
Bedenken der Juristen aufgegriffen
Politikerdiskussion
Die von Staatsrechtlern kontrovers geführte Debatte
über die Verfassungsmäßigkeit der Vertrauensfrage
wurde auch von Politikern aufgegriffen, die deren Bedenken
aufnahmen. So sprach sich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
für eine Grundgesetzänderung aus, um dem Parlament das
Recht zur Selbstauflösung zu geben. "Nach 50 Jahren ist die
Bundesrepublik eine stabile Demokratie. Wir müssen keine
Ängste haben, dass sich die Verhältnisse aus der Weimarer
Republik wiederholen." Als SPD-Politiker fügte er hinzu, die
Neuwahlen seien "ein geradezu wagemutiger Schritt, der auf
entsetzliche Weise schief gehen kann". Es gebe jedoch sehr viele
plausible Gründe für die Entscheidung nach der
Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen: "Es wäre ein
furchtbares Jahr geworden, wenn wir noch bis 2006 gewartet
hätten", meinte Thierse, der seit 15 Jahren auch
stellvertretender SPD-Vorsitzender ist.
Politisch argumentierte auch der SPD-Abgeordnete Hans-Peter
Kemper, der mit den Worten zitiert wurde: "Gerhard Schröder
ist ein guter Kanzler. Es gibt keinen Grund, ihm das Vertrauen zu
entziehen. Die von Müntefering und Schröder
angeführten Gründe für Neuwahlen, etwa eine
Blockademehrheit der Union im Bundesrat, taugten nur als
Gründe für einen Ausstieg aus der Regierung. Es sei kein
Argument dabei, die rotgrüne Regierung fortzuführen und
die Bundestagswahl zu gewinnen. Denn die Mehrheit im Bundesrat
setze sich anschließend auch nicht anders zusammen.
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jerzy
Montag suchte seine Haltung durch ein Gutachten zu untermauern.
Darin schreibt er, das Verfassungsgericht habe hohe Hürden vor
eine Auflösung des Bundestages gestellt. Unter anderem
dürfe sich der Bundeskanzler "der stetigen parlamentarischen
Unterstützung durch die Mehrheit des Bundestags" nicht mehr
sicher sein. "Eine solche Situation ist zur Zeit im Bundestag noch
nicht gegeben", heißt es in der Vorlage. Schröder
könne sich "auf eine knappe, aber stabile Mehrheit
stützen". Erläuternd fügte Montag hinzu,
Schröder und Müntefering müssten erklären,
warum die Koalition keine Mehrheit mehr habe. "Und das kann nur
bedeuten, die SPD-Fraktion steht nicht mehr hinter dem Kanzler."
Die Grünen seien koalitionstreu. "Wir stehen zur
rotgrünen Koalition. An uns liegt es nicht", betonte Montag
und warnte vor einer "künstlichen Abstimmung mit einem
künstlich negativen Ergebnis". SPD-Fraktionsvize Michael
Müller stimmte Montag indirekt zu. Der entscheidende Punkt
sei, dass es sich nicht um einen Vertrauensverlust nach innen
handele. Hinsichtlich der Zulässigkeit einer Vertrauensfrage
gab er sich dennoch optimistisch. "Wir werden ein Verfahren finden,
das sauber ist."
CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble bezeichnete
Schröders Schritt als "ein Stück weit problematisch aber
legitim". Ein Selbstauflösungsrecht des Bundestages
befürwortete er aber nicht. "Der entscheidende Punkt ist, dass
man die zentrale Rolle des Präsidenten hier nicht
verändern sollte".
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