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Claudia Heine
Abschlussbericht zur Visa-Affäre
Regierung und Opposition sehen sich in ihren
Standpunkten bestätigt
In einem Punkt waren sich die Mitglieder des
Visa-Untersuchungsausschusses einig: Mit dem innerhalb weniger
Wochen verfassten Sachstandsbericht von über 800 Seiten hat
das Sekretariat des Ausschusses ganze Arbeit geleistet und einen
besonderen Dank verdient. Den verteilten die Redner während
der etwa einstündigen Debatte über den Abschlussbericht
am 7. September im Bundestag auch ohne Ausnahme.
Doch mit dem Lob endeten die Gemeinsamkeiten zwischen Regierung
und Opposition auch. In der Bewertung der Arbeit - der Ausschuss
hatte seit Februar 58 Zeugen vernommen und 1.600 Aktenordner
durchforstet - prallten bekannte Argumente aufeinander. Für
Eckart von Klaeden, Obmann der CDU/CSU im Ausschuss, stand fest,
dass die Erlasse des Auswärtigen Amtes aus den Jahren 1999 und
2000 sowohl gegen das deutsche Ausländerrecht als auch gegen
das europäische Schengen-Abkommen verstoßen haben. Aber
nicht nur das: "Diese Erlasse haben die Kriminalität
gefördert und sogar eine neue Form verursacht, nämlich
die so genannte legendierte Schleusung. Diese legendierte
Schleusung hat zu einem Anstieg der Schwarzarbeit, einer
Gefährdung der inneren Sicherheit und zu Zwangsprostitution
geführt." Darüber hinaus warf er der Koalition vor, die
Arbeit des Ausschusses massiv behindert zu haben. Die Tatsache,
dass es innerhalb kurzer Zeit möglich war, einen umfangreichen
Sachstandsbericht zu verfassen, strafe Rot-Grün Lügen,
sagte von Klaeden. "Sie haben versucht, auf verfassungswidrige
Weise die Beweisaufnahme abzubrechen, mit der Begründung,
dieser Sachstandsbericht müsse gefertigt werden." Im Juni
hatte das Bundesverfassungsgericht einem Eilantrag der Opposition
stattgegeben, mit dem diese sich gegen das von Rot-Grün
verlangte vorzeitige Ende der Beweisaufnahme gewehrt hatte.
Für die Fraktion der Grünen erklärte Jerzy
Montag: "Die CDU/CSU hat 2004 lange Zeit nach einem Thema gesucht,
das ihr vermeintlich Munition für den Wahlkampf 2006
hätte liefern sollen." Er warf der Oppposition vor, lediglich
an einer Skandalisierung interessiert gewesen zu sein. Während
der Arbeit des Untersuchungsausschusses hätten sich jedoch die
Vorwürfe nicht bestätigt, dass die rot-grüne
Bundesregierung rechtswidrig gehandelt habe: "Der Volmer-Erlass war
nach unserer Auffassung rechtlich eindwandfrei. Dies sage ich in
Kenntnis der Auseinandersetzung."
SPD-Obmann Olaf Scholz betonte in dieser letzten Debatte vor der
Bundestagswahl, dass es zwar "Schlamperei aber keinen Skandal" in
der Visa-Politik seit 1998 gegeben hätte. Für die von der
Opposition erzeugte "Hysterie" hätte es "keinen wirklichen
Anlass" gegeben, da die Mängel schon längst behoben
worden seien.
Das sah der FDP-Politiker Hellmut Königshaus anders. Er
kritisierte, dass die Koalition den Eindruck erwecken wolle, es
hätten sich nur ein paar Pannen ereignet: "Es gab im
Auswärtigen Amt schlimme Erlasse. Diese hatten fatale Folgen."
Zehntausende Menschen seien eingeschleust und nicht selten auf
übelste Weise missbraucht worden. Im Außen- aber auch im
Innenministerium habe der Ausschuss ein "Organisations- versagen"
festgestellt. Hierzu brachte die FDP einen Antrag (15/5977) ein, in
dem sie eine intensivere Koordination zwischen den Behörden
und eine engere Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Staaten
fordert. Der Antrag wurde am Ende der Debatte an den
Auswärtigen Ausschuss überwiesen. Dass die Diskussion in
Abwesenheit von Außenminister Fischer stattfand, wurde von
Königshaus und vom Ausschuss-Vorsitzenden Hans-Peter Uhl
(CDU/CSU) verurteilt.
Positiv hervorgehoben wurden dagegen die Live-Übertragungen
einiger Ausschuss-Sitzungen. Diese hätten den Bürgern ein
klareres Bild vermittelt und Fehlinterpretationen ausräumen
können, sagte der stellvertretende Vorsitzende des
Ausschusses, Volker Neumann (SPD).
Weiterer Bericht auf Seite 2
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