dpa / BR
Von Schachteln für Süßigkeiten bis
Heilkostenbeteiligung für Gefangene
Beschlüsse des Bundesrates vom 23.
September
Verpackungsverordnung geändert
Schachteln für Süßigkeiten gelten als Verpackung,
manche Blumentöpfe aber nicht: Der Bundesrat hat am eine neue
Verpackungsverordnung beschlossen, um damit europäisches Recht
umzusetzen. Die Regelung enthält Kriterien für den
Begriff der Verpackung. So gelten Blumentöpfe, die dafür
bestimmt sind, dass die Pflanze während ihrer Lebenszeit dort
bleibt, nicht als Verpackung - ebenso wie Teebeutel und
Wursthäute. Anders sieht es bei Klarsichtfolien um
CD-Hüllen und Schachteln für Süßes aus.
Wimperntuschebürsten als Bestandteil des Packungsverschlusses
oder Heftklammern gelten als Teil der Verpackung. Nach der
Neuregelung sollen mindestens 60 Prozent des Gewichts der
Verpackungsabfälle bis Ende 2008 verwertet oder in
Verbrennungsanlagen mit einer Rückgewinnung von Energie
verbrannt werden. Die Länderkammer stimmte bei einigen
kleineren Änderungen für die Verordnung.
Mehr Wettbewerb bei Flugsicherung
Der Bundesrat hat grünes Licht für mehr Wettbewerb bei
der Flugsicherung gegeben. Damit werden Vorgaben der
Europäischen Union (EU) umgesetzt, die eine Liberalisierung
vorantreiben sollen. Künftig können sich private
Kapitalgeber an der Deutschen Flugsicherung (DFS) beteiligen. Das
soll die Flexibilität erhöhen und die
Konkurrenzfähigkeit innerhalb Europas stärken. Die
Länderkammer stimmte dem Gesetz zu. Die DFS mit Hauptsitz in
Langen bei Frankfurt/Main kontrolliert den Flugverkehr in
Deutschland.
Die DFS ist eine GmbH, gehört aber derzeit zu 100 Prozent
dem Bund. Sie wurde 1993 gegründet und löste die
Bundesanstalt für Flugsicherung ab. Die Flugsicherung wird in
dem Gesetz als unverzichtbar für die Einsatzbereitschaft und
Funktionsfähigkeit der Bundeswehr angesehen. Die Aufsicht und
die eigentliche Flugsicherung sollen künftig getrennt werden.
Die Aufsicht übernimmt demnach ein neues Bundesaufsichtsamt
für Flugsicherung, das der Aufsicht des
Bundesverkehrsministeriums untersteht. Der Bundeseinfluss wird
gesichert, indem der Bund einen Geschäftsanteil an der DFS von
25,1 Prozent behält.
EU-Grundrechteagentur abgelehnt
Der Bundesrat lehnt die von der EU-Kommission angestrebte
Grundrechteagentur ab. Die Bundesländer folgten damit einem
entsprechenden Antrag der Länder Hessen und Bayern. Der
hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) begründete
die Ablehnung unter anderem mit zu hohen Kosten und
zusätzlichem Bürokratieaufwand. Zudem gebe es in keinem
anderen Feld europäischer Politik ein derart ausgefeiltes
System rechtlich verbindlicher Regeln wie beim
Grundrechteschutz.
Die Länder forderten die Bundesregierung in dem Antrag auf,
die Vorschläge der Kommission zur Errichtung einer
EU-Grundrechteagentur in der vorliegenden Form abzulehnen. Die
Agentur soll nach EU-Plänen von 2007 an vor allem
Informationen zur Einhaltung der Grundrechte-Charta sammeln.
Ähnliches leistet bereits heute die EU-Beobachtungsstelle zu
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) in Wien, die in der
geplanten Behörde aufgehen soll.
Verkehrsplanung bis 2006 verlängern
Der Bundesrat will die beschleunigte Planung von
Verkehrsprojekten in Ostdeutschland um ein Jahr bis Ende 2006
verlängern. "Ohne eine geeignete Anschlussregelung werden
Infrastrukturvorhaben deutlich langwieriger und damit
kostspieliger", sagte Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk
(SPD) am 23. September im Bundesrat. Die Länderkammer stimmte
mit Mehrheit für den Gesetzentwurf, den Sachsen vorgeschlagen
hatte. Er soll nun in den Bundestag eingebracht werden.
Das Gesetz ermöglicht seit 1991 die schnellere Planung von
Verkehrsvorhaben in den ostdeutschen Bundesländern. Die
Verkehrsministerkonferenz der Länder hatte die Bundesregierung
im April 2005 darum gebeten, das vereinfachte Planungsrecht auf
ganz Deutschland und auf Dauer auszudehnen. Der Bund reagierte mit
einer Gesetzesinitiative. Diese sieht deutschlandweit geltende
Regelungen vor, die Planungsverfahren zum Beispiel von
Straßenprojekten vereinfachen und beschleunigen sollen.
"Solidarfonds Abfallrückführung"
Der Bundesrat hat eine Neuregelung für die Kosten der
Rückführung illegaler Sondermüll-Exporte
beschlossen. Die Länderkammer billigte die Neuregelung am 23.
September mit Mehrheit. Der "Solidarfonds
Abfallrückführung" aus dem Ausland wird damit
aufgelöst, während der Bund Altschulden von 4,9 Millionen
Euro übernimmt. Wenn der Verursacher nicht auffindbar ist,
seien die Länder für die Kosten des Rücktransports
und der Beseitigung zuständig, sagte Baden-Württembergs
Bundesratsminister Wolfgang Reinhart (CDU) im Bundesrat. Dem Gesetz
war ein langwieriger Streit vorausgegangen. Der
Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hatte sich Anfang
September geeinigt. Der Bundestag bestätigte danach diesen
Vorschlag.
Der Solidarfonds wurde Ende 1990 geschaffen. Anfang der
90er-Jahre waren massive illegale Mülltransporte ins Ausland
bekannt geworden. Für den Rücktransport zahlten die
Abfallexporteure Solidarmittel in einen Fonds ein, der jedoch vom
Europäischen Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht für
verfassungswidrig erklärt wurde. Die Einzahler bekamen nach
Angaben von Umweltexperten Überschüsse dieses Fonds
wieder ausgezahlt, als in weiteren Jahren weniger Probleme
illegaler Müllbeseitigungen im Ausland auftraten. Damit
blieben aber Kosten, die jetzt der Bund trägt.
Stalking-Entwurf verworfen
Der Bundesrat hat den von Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zum so genannten Stalking
als unzureichend verworfen und noch schärfere Strafen
gefordert. Mit dem Gesetz sollen Opfer von permanenten
Belästigungen besser geschützt werden. Die Länder
beharren auf ihrem Gesetzesantrag, der bei Wiederholungsgefahr eine
Deeskalationshaft vorsieht. Zypries warb für ein gemeinsames
Vorgehen.
Alkoholverbot für Fahranfänger
Der Bundesrat will weiter über einen neuen Vorstoß
für ein Alkoholverbot für Fahranfänger beraten.
Junge Fahrer stellten rund ein Drittel aller getöteten oder
verletzten Autofahrer bei Unfällen unter Alkoholeinfluss,
teilten die Länder Schleswig-Holstein und Brandenburg mit. Die
18- bis 24-Jährigen hätten aber nur einen Anteil an der
Bevölkerung von acht Prozent. Die Länderkammer
überwies den Vorschlag in die Ausschüsse für
Verkehr, Jugend und Inneres. Das Bundesverkehrsministerium
begrüßt diese Initiative.
Länder bei EU-Aktionsplan einbinden
Der Bundesrat hat unter Bezugnahme auf eine Entschließung
des Europäischen Rats zur EU-Forststrategie die
Bundesregierung gebeten, die Ausarbeitung des einjährigen
"EU-Aktionsplans Forst" intensiv zu begleiten. Vor dem Hintergrund
der forstpolitischen Zuständigkeit der Länder wird die
Wahrung des Subsidiaritätsprinzips, die Definition der
"Multifunktionalität und Nachhaltigkeit" als Maßstab
für Prozesse mit forstlicher Relevanz auf europäischer
und internationaler Ebene sowie die Ausstattung der
zuständigen EU-Organisationseinheit mit funktionsfähigen
Kommunikations- und Koordinierungsstrukturen angemahnt.
Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die
Länder intensiv in den weiteren Beratungs- und
Erarbeitungsprozess des "EU-Aktionsplanes Forst" einzubinden.
Gefangene an Kosten beteiligen
Mit dem vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurf soll eine
Öffnungsklausel im Strafvollzugsgesetz geschaffen werden, die
es den Ländern ermöglicht, Gefangene in einem
angemessenen Umfang an den Kosten für Seh- und Hörhilfen
und andere Hilfsmittel zu beteiligen. Darüber hinaus sollen
Gefangene auch in angemessenem Umfang an den Kosten der
ärztlichen und sonstigen medizinischen Behandlung beteiligt
werden können.
Entsprechendes soll auch für den Maßregelvollzug
gelten. Änderungen im Gesetz zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenkassen wurden bisher nicht auf das
Strafvollzugsgesetz übertragen. Mit dem Gesetzentwurf soll die
Eigenverantwortung der Gefangenen gestärkt und die
Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass der Justizvollzug
auch in Zukunft seine Aufgaben im Bereich der
Gesundheitsfürsorge wahrnehmen kann. Der Gesetzentwurf wird
nunmehr der Bundesregierung zugeleitet, die ihn innerhalb von sechs
Wochen an den Deutschen Bundestag weiterleiten muss.
Ausgleich beim Mutterschaftsgeld
Der Bundesrat hat beim Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf
eingebracht, mit dem Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts
zum Ausgleichsverfahren beim Mutterschaftsgeld umgesetzt werden
sollen. Zukünftig sollen alle Betriebe unabhängig von
ihrer Größe in das Ausgleichsverfahren einbezogen werden.
Auch sollen alle Krankenkassen am Ausgleichsverfahren beteiligt
werden. Für den Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
bleibt der Ausgleich auf Betriebe mit bis zu 30 Arbeitnehmern
beschränkt. Er kann zukünftig jedoch für Arbeiter
und Angestellte beantragt werden. Das Bundesverfassungsgericht
hatte am 18. November 2003 beschlossen, dass die derzeitige
Beschränkung des Arbeitgeberausgleichsverfahrens beim
Mutterschaftsgeld auf Betriebe mit bis zu 30 Arbeitnehmern zu einer
verfassungswidrigen Diskriminierung von Frauen führe. Der
Gesetzentwurf wird nunmehr der Bundesregierung zugeleitet, die ihn
innerhalb von sechs Wochen an den Deutschen Bundestag weiterleiten
muss.
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