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Daniela Weingärtner
Gemeinschaft am Wendepunkt
8. WDR-europa-forum in Straßburg
Das Europaparlament in Straßburg war dieses Jahr Gastgeber
des 8. WDR-europa-forums. "Europa am Wendepunkt" war die
zweitägige Diskussionsveranstaltung überschrieben, bei
der Politiker, Journalisten und interessierte Bürger über
Europas Zukunftsperspektiven diskutierten. Bundeskanzler Gerhard
Schröder suchte in seiner Eröffnungsrede eine Antwort auf
die Frage, wo Europa gegenwärtig stehe. Der Kanzler verwahrte
sich dagegen, dass Berlin in punkto Regierungsbildung von
Brüsseler Politikern zur Eile gedrängt werde, damit die
EU-Politik handlungsfähig bleibe. "Macht schnell, hören
wir aus Brüssel, von wo wir vor der Wahl auch hören
konnten, am besten sollten es die anderen machen." Mit diesen
Seitenhieb spielte der Kanzler darauf an, dass sich die
niederländische Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes für
Angela Merkel als Kanzlerin ausgesprochen hatte.
Weiter erinnerte Schröder in seiner Rede daran, dass sich
die Union dem internationalen Wettbewerb stellen müsse, ohne
ihre soziale Dimension zu verlieren. In der Nachbarschaftspolitik
betonte Schröder vor allem die guten Beziehungen zu Russland,
die ihm eine Herzensangelegenheit seien - "aus historischen und aus
zukünftigen Beweggründen".
Gegenüber der Türkei müsse die EU ein Versprechen
einlösen, das sie vor 42 Jahren gegeben habe. Wenn ein nicht
politischer Islam mit den europäischen Werten in Einklang
gebracht werden könne, sei das geopolitisch unschätzbar
wichtig.
Um das Thema Türkei ging es auch im Streitgespräch
zwischen dem grünen Abgeordneten Daniel Cohn-Bendit
(Grüne/FEA) und dem konservativen Europapolitiker Elmar Brok
(EVP/ED). Alle Beteiligten - er eingeschlossen - seien einem Fehler
aufgesessen, sagte Cohn-Bendit. Bei der Beitrittsrunde im Mai 2004,
als zehn neue Mitglieder in die Union gekommen seien, hätten
alle von Erweiterung gesprochen. Es habe sich aber nicht um eine
Erweiterung gehandelt sondern um die Wiedervereinigung Europas.
Wäre Polen nicht von den Russen besetzt worden, hätte es
ganz sicher zu den Gründerstaaten der EU gehört. Deshalb
gehe es jetzt zum ersten Mal wirklich um eine Erweiterung der
EU.
Nicht mit zweierlei Maß messen
Brok konterte, die abgewählte Bundesregierung sei an dem
schlechten Image der neuen Mitgliedsländer Schuld. Sie sei
ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen sondern habe die
Illusion genährt, die Erweiterung sei für die Krise der
öffentlichen Haushalte verantwortlich. "Das hat die
konservative Regierung in Frankreich genau so gemacht", konterte
Cohn-Bendit. Frankreich und Deutschland seien gut beraten, nicht
zweierlei Maß anzulegen. "Wer fair an diese Frage heran geht,
muss einräumen, dass der französische Justizapparat nach
dem Algerienkrieg und der deutsche nach dem zweiten Weltkrieg genau
so reformbedürftig waren wie heute die türkische Justiz."
Die Konservativen argumentierten immer, es gehe ihnen um die
Menschenrechte in der Türkei. Es seien aber gerade die
Intellektuellen, die religiösen Minderheiten, die
Homosexuellen, die am meisten Hoffnung in den Beitrittsprozess
setzten.
Die Veranstaltung endete mit der Verleihung der Civis-Preise
für Fernsehbeiträge, die sich für Integration und
kulturelle Vielfalt einsetzen. Die Preise des Civis-Wettbewerbs
sind mit insgesamt 47.000 Euro dotiert.
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