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K.Rüdiger Durth
Kampf um das "Rote Rathaus"
Berlin
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Das gilt in diesen Tagen
besonders für die 3,4 Millionen Einwohner zählende
Bundeshauptstadt. Denn die um ein Jahr vorgezogene Wahl zum 16.
Deutschen Bundestag galt den Parteien an Spree und Havel nicht
zuletzt als Testwahl für die im kommenden Herbst stattfindende
Neuwahl des Abgeordnetenhauses. Ursprünglich wollte man in
Berlin im September 2006 die Wahl zum Bundestag und zum
Abgeordnetenhaus an einem Sonntag durchführen, was den
finanziell ohnehin klammen Berlinern eine Ersparnis von rund 2,5
Millionen Euro gebracht hätte. Doch dieses Geld kann
Finanzsenator Thilo Sarrazin inzwischen vergessen.
Aber die Parteien an Spree und Havel haben ganz andere Sorgen:
Wer wird 2006 den Kampf um das Rote Rathaus, den Sitz des
Regierenden Bürgermeisters, gewinnen? Die CDU, die seit 2001
nach dem Platzen der Großen Koalition die
Oppositionsbänke drücken und 2002 mit ihrem
Spitzenkandidaten Frank Steffel keinen Erfolg gegen den
sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Klaus Wowereit hatte, machte
sich neue Hoffnungen: Lange Zeit sah es vor der Bundestagswahl am
18. September so aus, als sei die CDU nun auch in Berlin wieder die
stärkste Partei. Mit diesem Erfolg wollte man dann an die
Vorbereitungen für die Landtagswahl im kommenden Jahr
gehen.
Doch für die Union kam es am Abend des 18. September ganz
anders: Lediglich ein Direktmandat und 22 Prozent der Stimmen
konnte die CDU unter ihrem neuen Landesvorsitzenden Ingo Schmitt
für sich verbuchen, wobei selbst der bisherige
Europaabgeordnete Schmidt kein Direktmandat erringen konnte. Er
gehört dem neuen Bundestag über die Landesliste an. Pech
hatten auch der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard
Diepgen und der Gegenkandidat von Klaus Wowereit, Frank Steffel.
Beide waren nicht auf der Landesliste abgesichert und verpassten so
den Einzug in den Bundestag.
Union sucht Spitzenkandidaten
Dieses seit 1990 schlechteste Wahlergebnis für die
Hauptstadt-CDU muß aus der Sicht von CDU-Generalsekretär
Frank Henkel zur Folge haben, dass die Partei alles unternimmt, um
wieder eine "wählbare Partei" für die Berliner zu werden,
nicht zuletzt für die Ostberliner, die nach wie vor so gut wie
kein Kreuz bei der CDU auf ihren Wahlzetteln machen. Um wieder
wählbar zu werden, benötigt die Partei vor allem einen
zugkräftigen Spitzenkandidaten für die
Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr. Wunschkandidat ist Klaus
Töpfer.
Doch der ehemalige Bundesminister für Umwelt und Bau
hält sich bedeckt. Bis zum Frühjahr 2006 steht er noch
mit Sitz Nairobi als der Welt höchster Umweltbeamter in den
Diensten der Vereinten Nationen (im Rang des Direktors der
Unep-Organisation). Außerdem wäre er bei der Wahl des
Abgeordnetenhauses bereits 68 Jahre alt. Will er dann nicht lieber
nach Hochschul- und politischer Karriere sowie weltweitem Ansehen
als UN-Beamter den wohlverdienten Ruhestand genießen? Ferner:
Hätte er überhaupt eine Chance gegen Klaus Wowereit (51),
der wieder für die SPD antreten wird?
Das Problem der Berliner CDU ist weithin ein hausgemachtes: Die
Banken-Affäre, die schließlich zum Platzen der
Großen Koalition führte, machte die Partei
führungs-, ja orientierungslos. Interne Querelen führten
dazu, daß 2002 nicht Wolfgang Schäuble als
Spitzenkandidat antrat (zumal sich Helmut Kohl ziemlich direkt
für Frank Steffel aussprach). Mehrmals wurde seitdem das Amt
des Parteichefs neu besetzt und Frank Steffel musste auch seinen
Platz als Fraktionschef im Abgeordnetenhaus räumen. Für
die Landespolitik ist es zudem ein großer Verlust, dass die
Kulturexpertin Monika Grütters vom Abgeordnetenhaus in den
Deutschen Bundestag wechselt.
Doch die SPD darf sich nicht zu früh freuen, auch wenn sie
bei der Bundestagswahl stärkste Partei geblieben ist - mit
34,4 Prozent gegenüber 36,6 Prozent im Jahr 2002. Sie muss
nämlich aufpassen, dass sie nicht immer weiter abrutscht.
Gegenwärtig gibt sie sich aber mit dem Abschneiden am 18.
September zufrieden, zumal mit deutlichem Abstand vor "Die
Linke.PDS" mit 16,4 Prozent. Selbst im Ostteil der Stadt gelang es
der SPD, mit 34,9 gegenüber 29,5 Prozent der Stimmen für
die Linke auf Platz eins zu bleiben.
Mit Klaus Wowereit verfügen die Sozialdemokraten
außerdem über einen Spitzenkandidaten, der seit langem in
den Umfragen der bekannteste und populärste Berliner Politiker
ist. Sein Finanzsenator Sarrazin, der unbeugsam seinen harten
Sparkurs verfolgt, kommt zunehmend bei den Berlinern besser an.
Inzwischen nimmt man ihm ab, dass er nicht um des Sparens willen
spart, sondern mittelfristig Berlin neuen finanziellen Spielraum
verschaffen will. Doch die Sozialdemokraten haben dennoch ein
Problem. Und das ist ihr Koalitionspartner PDS, neuerdings
"DieLinke.PDS".
Im 16. Bundestag will die mit 8,5 Prozent der Wählerstimmen
ausgestattete Fraktion eine konsequente Opposition leisten. Auch
gegen die aus ihrer Sicht neoliberale Politik der SPD. Wird "Die
Linke" einen weiteren Linksruck durchmachen? Die Antwort auf diese
Frage wird selbstverständlich auch den Kurs der Berliner
Linken bestimmen, zumal drei ihrer Berliner ein Direktmandat
für den 16. Deutschen Bundestag errungen haben - Gregor Gysi,
Petra Pau und Gesine Lötzsch. Gegenwärtig arbeitet die
rot-rote Senatskoalition fast geräuschlos und nach außen
ohne große Probleme. Fragt sich nur, ob und wie lange dies
anhält. Offensichtlich aber sind beide Parteien
gegenwärtig gewillt, ihre Koalition auch über 2006 hinaus
fortzusetzen. Freilich: In Berlin ist noch längst nicht
ausgemacht, ob sich PDS und Wahlalternative (WASG) tatsächlich
zu einer Partei vereinigen oder ob es bei "Die Linke" als
Wahlbündnis bleibt.
Nichts hat die Berliner SPD gegen eine Neuauflage einer
rot-grünen Koalition, wenn dies die Mehrheitsverhältnisse
im künftigen Abgeordnetenhaus erlauben. Wahrscheinlich werden
die Grünen im intern längst ausgebrochenen Kampf um die
künftige Macht im Roten Rathaus mit Sibyll Klotz antreten, die
den Sprung in den Bundestag verpasst hat. Dort wird neben Renate
Künast auch Wolfgang Wieland, der frühere Justizsenator,
die Grünen vertreten. Freilich mussten die Grünen bei der
Bundestagswahl Stimmen einbüßen. Statt 14,6 im Jahr 2002
errangen sie 13,7 Prozent.
Die Liberalen, die nach der Abgeordnetenhauswahl 2002 letztlich
nicht an einer Berliner Ampel (Rot-Gelb-Grün) interessiert
waren und damit den Weg für Rot-Rot öffneten,
verbesserten bei der Bundestagswahl ihr Ergebnis um 1,2 Prozent
(von 6,6 auf 8,2 Prozent) und erhoffen sich unter ihrem
Landesvorsitzenden Markus Löning für 2006 einen weiteren
Aufschwung. Andere Parteien hatten in Berlin bei der Wahl zum 16.
Bundestag mit zusammen 5,3 Prozent (statt 4,9 Prozent in 2002)
keine ernsthafte Chance.
Die Berliner CDU hofft, bald für die Abgeordnetenhauswahl
2006 einen geeigneten Spitzenkandidaten präsentieren zu
können (außer Töpfer wird aber gegenwärtig kein
anderer Name genannt). Dann beginnt endgültig der Wahlkampf um
das Rote Rathaus 2006 in Berlin.
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