|
![](../../../layout_images/leer.gif) |
Jürgen Fux
Freude und Katzenjammer
Mecklenburg-Vorpommern
Von "Zehn Prozent in drei Wochen gewonnen, das hätte uns
keiner zugetraut; die SPD ist im Aufwind" (Till Backhaus,
SPD-Landesvorsitzender) über "Rot-Grün ist
abgewählt" (Peter Ritter, Vorsitzender der Linkspartei.PDS)
und "Ich denke, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen haben"
(Harald Terpe, Spitzenkandidat der Grünen) oder "Das beste
Wahlergebnis, das diese Partei jemals in diesem Land hatte"
(Sebastian Ratjen, Generalsekretär der Landes-FDP) bis zu "Das
ist wahrlich kein Traumergebnis; es gibt nichts schönzureden"
(Jürgen Seidel, CDU-Landeschef) reichten die Reaktionen am
Wahlabend in Mecklenburg-Vorpommern. Falscher Siegestaumel, echte
Freude und Katzenjammer also auch im Nordosten.
Die SPD hat sich von Anbeginn an als Gewinner präsentiert.
Dies ist ihr trotz eines regelrechten Absturzes von minus zehn
Prozent auch fast gelungen. Nicht gefallen wird der Partei die neue
Stärke der PDS. Geärgert hat vor allem der Verlust des
Direktmandates Neubrandenburg/Mecklenburg-Strelitz/ Uecker-Randow
an die CDU. Das hat man dem Koalitionspartner auf Landesebene, der
PDS, zu verdanken, die hier ihr bestes Ergebnis einfährt. Auch
der Einbruch in das traditionelle schwarze Vorpommern gelang nicht.
Mit nur um die 25 Prozent ist die SPD trotz vieler Anstrengungen
und einem agilen Kreisvorsitzenden, Justizminister Erwin Sellering,
hier von der Größe einer Volkspartei weit entfernt.
2002 sah es so aus, als ob Ministerpräsident Harald
Ringstorff mit seiner Umarmungsstrategie Recht behalten
könnte. Er wollte die PDS in der Koalition entzaubern und
überflüssig machen. Damals gab es sogar die Hoffnung auf
absolute Mehrheiten. Davon sind die Sozialdemokraten unter ihrem
neuen Landeschef Till Backhaus nun wieder weit entfernt. Und noch
ist nicht klar, ob die SPD mit diesem oder dem im Land durchaus
beliebten, außerhalb jedoch weitgehend unbekannten Amtsinhaber
Harald Ringstorff in die Landtagswahl im Herbst 2006 zieht.
Bei der Analyse hinter verschlossenen Türen dürfte es
auch bei der CDU viel Gesprächsstoff gegeben haben. Die Partei
von Angela Merkel hat zwar (wieder einmal) über dem
ostdeutschen Durchschnitt abgeschnitten, sieht sich aber seit 1998
in der 30-Prozent-Falle gefangen. Einen Merkel-Effekt konnte sie,
anders als Schröder 1998 in Niedersachsen, auch nicht
verbuchen. Noch eine Beobachtung lässt aufmerken: Zwar
gewannen die Christdemokraten neben den traditionellen zwei
Direktmandaten Stralsund/Nordvorpommern/Rügen und
Greifswald/Demmin/Ostvorpommern noch jenes in
Neubrandenburg/Mecklenburg-Strelitz/Uecker-Randow hinzu, jedoch
schmilzt der Vorsprung massiv. Gewonnen wurden die Direktmandate
vor allem Dank des Stimmensplittings zwischen SPD und PDS.
Beruhigen kann auch nicht, dass sich die CDU mit ihrem
früheren Frontmann Eckhardt Rehberg in Rostock - zumindest bei
den Erststimmen - vom Keller (21,5 Prozent) ins Tiefparterre (25,6
Prozent) hochgearbeitet hat, nach einem Desaster von nur 7,6
Prozent bei der Oberbürgermeisterwahl im Februar 2005.
Eckhardt Rehberg wird nun über die Liste in den Bundestag
einziehen. Ob sein Nachfolger im Parteivorsitz, der Warener Landrat
Jürgen Seidel, die CDU aus der Landtagsopposition führen
kann, bleibt abzuwarten.
Kleine Parteien haben gewonnen
Klarer Gewinner ist unbestritten die Linkspartei.PDS, die 2002
noch Federn lassen musste. Die PDS, die seit 1998 mit der SPD die
Landesregierung bildet, legte um 7,4 Prozent zu. Es hätte mehr
sein können, mutmaßt mancher. Arbeitsminister Helmut
Holter, einer der Architekten von Rot-Rot in Schwerin, erreichte in
seinem Wahlkreis nur 23 Prozent und bleibt nun im Land. In Rostock,
der größten Stadt des Landes, hätte ein anderer als
der 26-jährige Student Steffen Bockhahn erfolgreicher sein
können. Dies gilt es aufzuarbeiten. Und noch etwas muss sich
die PDS vor Augen führen: Neue Wähler konnte die
Linkspartei nicht an sich binden. Sie erreichte lediglich ihr
Ergebnis von 1994 und 1998.
Gewonnen haben die kleinen Parteien. Obwohl die Grünen mit
4,0 Prozent erneut an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten,
schicken sie mit Harald Terpe nun einen relativ bekannten Mann nach
Berlin. Die FDP kann sich freuen. Sie übersprang mit 6,3
Prozent klar die Hürde, ist mit dem Schweriner Anwalt
Christian Ahrendt im Bundestag präsent und macht sich
Hoffnungen auf den Einzug in den nächsten Landtag.
Bedenklich sind die Gewinne bei der rechtsextremen NDP. Trotz
einer Wahlbeteiligung von immerhin 71,4 Prozent kam sie landesweit
auf 3,5 Prozent und war mit einem Zuwachs von 2,7 Prozent nach der
PDS der größte Gewinner.
Zurück zur
Übersicht
|