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Johanna Metz
Aufgekehrt...
Ob sich Gerhard Schröder mit seiner Neuwahl-Entscheidung,
rein machtpolitisch gesehen, sein eigenes Grab geschaufelt hat,
stand bis Redaktionsschluss nicht endgültig fest. Doch ganz
egal, wer in einer Großen Koalition künftig die Schaufel
für Deutschland schwingen wird, ob es Angela Merkel oder
Gerhard Schröder oder sogar ein Ministerpräsident aus
Wolf-ratshausen sein wird, der Amtsinhaber hat mit seinem
Neuwahl-Coup schon jetzt seine Zukunftsfähigkeit bewiesen:
Getreu der neoliberalen Forderung nach mehr Selbstbestimmung und
Eigeninitiative hat der Bundeskanzler eben nicht gewartet, bis
andere ihm eine Grube graben, sondern beherzt selbst die Schippe
zur Hand genommen.
Das Ergebnis dieses Trauerspiels ist bekannt: Das rot-grüne
Projekt wurde zu Grabe getragen und die politische Klasse ins
Jammertal gestürzt angesichts der kollektiven Enterbung durch
den Wähler. Von den Demoskopen wollen wir gar nicht reden.
Einem deutschen Provinzpolitiker hat Schröders
eigenwilliger Kurs trotzdem Mut gemacht. In Vierlinden, einer
1.700-Seelen-Gemeinde zwischen Seelow und Frankfurt/Oder hat
Bürgermeister Dirk Iltgenstein jüngst die
Friedhofssatzung ändern lassen: Die Bürger können
jetzt endlich auch hier ganz viel Eigenverantwortung
übernehmen und sich in Zukunft, ganz im Schröderschen
Sinne, ihr eigenes Grab schaufeln. Die 500 Euro, die ein Bestatter
dafür verlangt, können sich die Vierlindener mit ein paar
Spatenstichen also sparen. Doch vorher lohnt ein Blick ins
Internet: Dank eines renommierten Ulmer Anti-Aging-Experten
können sie zuvor auf den Seiten eines deutschen
Nachrichtenmagazins erfahren, wann sie die Schaufeln aus dem
Schuppen holen sollten: Ein so genannter "Lebenszeit-Rechner"
ermittelt dort nach einem interaktiven Test, wie alt der Proband
werden kann, wenn er seine Lebensgewohnheiten beibehält.
So weit, so innovativ: Doch kaum ist die neue Friedhofssatzung
in Kraft, melden sich im Land der Bürokraten die
Bedenkenträger. Um eine Bestattung würdevoll zu
gestalten, brauche es Fachkräfte, sagen beispielsweise die
Friedhofsverwalter, und die Leiterin des Ordnungsamtes weist
vorsorglich darauf hin, das eine solche Grube knapp 1,75 Meter tief
sein sollte. Für die Angehörigen heißt das,
ordentlich buddeln - weshalb sich die Kollegen vom Kommunalen
Schadensausgleich (KSA) um die Einhaltung der
Unfallverhütungsvorschriften sorgen: Um ein Grab
ordnungsgemäß auszuheben, sagen sie, seien unbedingt eine
Laufrostgarnitur, ein Schalring, Verbaukästen und
Beerdigungsbohlen notwendig, Werkzeuge, die sich der
Self-Made-Gräber dann bitte schön beim örtlichen
Bestatter ausleihen müsste.
Zu empfehlen wäre das: Stützt der Schaufler die Grube
nämlich nicht fachgerecht ab, könnte die Erde zu rutschen
beginnen und ihn verschütten. Dann könnte es ihm ergehen
wie Gerhard Schröder: Grube gegraben - und selbst hinein
gefallen.
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